Wattenscheid-Duo fliegt ohne Reisemarschall
Die Tickets sind geordert, die Koffer aber noch nicht gepackt. Jan Fitschen und Alexander Lubina, die beiden Langstreckler vom TV Wattenscheid 01, schmieden wieder Flugpläne. "Wir düsen in die USA", erzählen sie unisono, "nach Flagstaff." Zum Höhentraining.
Jan Fitschen setzt auf die 5.000 Meter (Foto: Chai)
Tono Kirschbaum, den Reisemarschall, der bei ihrem letzten US-Trip anno 2003 noch live dabei war, lassen sie diesmal allerdings zuhause. Per Email werden sie mit ihrem Coach Kontakt halten.Das flotte Duo will angreifen im Jahr der Europameisterschaften. Göteborg ist ihr gemeinsames Ziel. "Wenn das mit der EM 2006 klappen würde", schweift Jan Fitschens Blick in die Ferne, "wäre das super."
Auf die 5.000 Meter wird er sich konzentrieren, denn das ist seine Strecke. Dank einer Bestleistung von 13:26,68 Minuten kann ihm hierzulande derzeit keiner das Wasser reichen.
Es soll hoch hergehen
"Ich bleibe lieber bei den 10.000 Metern", meint Alexander Lubina, wohlwissend, dass ihm die 25 Bahnrunden mehr liegen als die halb so lange Distanz, "im nächsten Sommer soll's hoch hergehen." Das hört sich doch prima an.
Nach einer fortwährenden Serie von Pleiten, Pech und Pannen ist Alexander Lubina "heiß wie Frittenfett", erzählen seine Klubkollegen, die ihm fest, ganz fest die Daumen drücken bei seiner Wiederkehr. "Bis Freitag habe ich noch Antibiotika schlucken müssen", berichtet er, "ich hatte eine versteckte Entzündung, die erst spät erkannt wurde." Die Schmerzen strahlten aus in die Rückseite des Oberschenkels. "Wenn ich Tempo gebolzt habe, zog sich alles zusammen." Es sei ein Gefühl, als würde der Muskel in jedem Moment reißen.
Aber augenblicklich ist er beschwerdefrei. Toi, toi, toi! "Alex", so sein Spitzname, hat im Sommer nur einen 10.000-Meter-Lauf unter seine Füße genommen. "Es war bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften, wo ich auch gewonnen habe." Wie schnell er war, ist ihm bereits entfallen. "Nix Dolles", antwortet Alexander Lubina mit spitzbübischem Lächeln, "ich weiß gar nicht: War's eine 31:40 oder eine 32:40? Is' auch egal!" Er möchte jetzt verletzungsfrei durch den Winter kommen, "um dann den Jan ein wenig zu ärgern".
Fehdehandschuh
Jan Fitschen lacht, als ihm sein Kumpel den Fehdehandschuh verbal vor die Beine wirft. "Ich würd' mich freuen, wenn Alex wieder gut drauf ist." Er weiß, dass beide davon profitieren werden. Weil sie sich im Training gegenseitig hochschaukeln.
Tono Kirschbaum sieht dem vereinsinternen Zweikampf gelassen entgegen. "Sollen sie sich ruhig austoben", antwortet er mit ruhigem Mienenspiel, "im Moment läuft's bei beiden recht ordentlich." Gestern weilten sie noch in der Dortmunder Helmut-Körnig-Halle zur Leistungsdiagnostik, um das Training auch weiterhin optimal gestalten zu können.
Am Donnerstag kommender Woche werden Jan Fitschen und Alexander Lubina dann in den Flieger steigen und in die Vereinigten Staaten jetten. "Einen Monat bleiben wir dort", verkündet Jan Fitschen, der neben seinen Sportklamotten auch seine Ladung Geburtstagskerzen mitnehmen sollte. "Am 10. Dezember", so Alexander Lubina, "werd' ich 26." Und so was muss gefeiert werden, ob jetzt daheim in Wattenscheid oder in Flagstaff.
Gute Bedingungen
Flagstaff, mit 37.000 Einwohnern die größte Stadt zwischen Phoenix und Salt Lake City, liegt am Südrand des Great Plateau und ist das Tor zum Grand Canyon. "Zweimal waren wir schon dort", bemerkt Jan Fitschen, "die Bedingungen sind geradezu ideal." In 2.135 Meter Höhe gibt es alles, was das Läufer-Herz begehrt: ein 400-Meter-Oval im Lumberjack Stadion mit acht Bahnen aus Polyurethan-Beschichtung, eine Halle mit einer 300-Meter-Rundbahn und "last not least" das Urban Trail System, ein 32 Kilometer langes Wegenetz in und um Flagstaff.
Jan Fitschen und Alexander Lubina, die in diesen Tagen vorwiegend am Kemnader Stausee trainieren, werden bei den Deutschen Cross-Meisterschaften am 26. November in Darmstadt nur durch Abwesenheit glänzen. "In diesem Winter machen wir keine Crossläufe", klärt Alexander Lubina auf, "vielleicht im Frühjahr." Ob sie auch die Hallensaison links liegen lassen, steht noch in den Sternen. "Abwarten", drückt sich Jan Fitschen um ein klares Statement.
Was er definitiv sagen kann, ist: "In den nächsten Monaten werden wir alles der EM unterordnen." Nach Göteborg wollen beide, in die zweitgrößte Stadt Schwedens, die schon 1995 mit dem traditionsreichen Ullevi-Stadion zehn Tage lang Austragungsstätte der Weltmeisterschaften war.