| Doppel-Interview

Paula Radcliffes Tipp für Jana Sussmann: "Keine Grenzen setzen"

Marathon-Weltrekord, die Olympia-Plätze vier und fünf sowie mehr als 20 Jahre in der Weltspitze: Paula Radcliffe (Großbritannien) gehört zu den ganz Großen der Lauf-Geschichte. Bei der Präsentation des neuen Nike LunarEpic Flyknit am Donnerstag war die 42-Jährige in Berlin – genau wie Jana Sussmann (LT Haspa Marathon Hamburg), die für eine Olympiateilnahme in Rio de Janeiro (Brasilien) über die Hindernisse arbeitet. leichtathletik.de hat mit den Beiden über die Faszination Laufen, die Olympischen Spiele und die momentanen Probleme der Leichtathletik-Szene gesprochen.
Jan-Henner Reitze

Paula Radcliffe, beim London Marathon im vergangenen Jahr haben Sie sich in 2:36:55 Stunden vom Leistungssport verabschiedet. Haben Sie die Laufschuhe danach in die Ecke geschmissen oder laufen Sie immer noch?

Paula Radcliffe:

Ich habe zwei Wochen Pause gemacht - wie immer nach einem Marathon. Danach habe ich wieder angefangen und laufe bis heute jeden Tag. Der einzige Unterschied ist, dass ich nicht mehr auf die Zeiten schaue. Ich laufe einfach zum Spaß. Laufen war immer Spaß für mich, aber jetzt ist das der einzige Grund. Das gefällt mir. Wenn ich gelaufen bin, ist es ein besserer Tag. Wenn ich etwas entscheiden muss oder über ein Problem nachdenke, hilft mir das Laufen eine Lösung zu finden. Ich kann besser Denken beim Laufen. Ich habe Glück, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte.

Jana Sussmann, geht es Ihnen auch so? Was fasziniert Sie am Laufen?

Jana Sussmann:

Mir machen Tempoläufe besonders großen Spaß - weniger stundenlanges, gemächliches Laufen  im Morgengrauen. Ich kann mir vorstellen, mich nach meiner Karriere einer Gruppe anzuschließen, in der ich die Tempoläufe mitmache. Ich mag dieses Gefühl, im letzten Lauf alles aus sich herausgeholt zu haben.

Paula, verfolgen Sie immer noch die internationale Szene?

Paula Radcliffe:

Ja klar, da ich für die BBC arbeite und kommentiere. Natürlich interessiert es mich auch einfach, was im Wettkampf passiert.

Haben Sie schon eine Favoritin für den Olympia-Marathon?

Paula Radcliffe:

Noch nicht. Die Äthiopierinnen und Kenianerinnen sind natürlich stark. Im Olympiajahr kommt aber immer jemand Neues, vielleicht aus Japan? Japan hat eine große Geschichte mit starken Ergebnissen bei Olympia.

Jana, wie ist der Zwischenstand auf Ihrem Weg zum Olympia-Sommer?

Jana Sussmann:

Die Vorbereitung hat im November mit dem ersten Höhentrainingslager in Flagstaff begonnen. Ich absolviere eine Höhenkette aus drei Trainingslagern. Das Zweite war in Südafrika. 14 Tage nach der Rückkehr bin ich als Dritte bei der Hallen-DM in 9:11,07 Minuten Hallen-Bestzeit über 3.000 Meter gelaufen. Das war ein geglücktes Experiment. Für mich ist es gut, in der Zeit des monatelangen Trainings über einen Wettkampf einen Anhaltspunkt zu haben, wo ich stehe. Die Grundlage stimmt. Ich bin stärker als in den Vorjahren zu diesem Zeitpunkt. Da wichtigste aber ist, dass ich nach meinem Knochenödem im Kreuzbein überhaupt keine Schmerzen habe.

Paula, um die Leichtathletik gibt es im Moment viele weniger erfreuliche Schlagzeilen rund um Doping in Russland oder Korruptionsvorwürfe gegen den früheren IAAF-Präsidenten Lamine Diack. Glauben Sie, das wird einen Einfluss auf die Olympischen Spiele haben?

Paula Radcliffe:

Es hat einen Einfluss. Die Russen werden Stand jetzt nicht dabei sein. Vielleicht werden auch noch andere Länder betroffen sein. Es ist ein harter Schritt, weil die sauberen Athleten aus diesen Ländern nicht leiden sollten. Aber die Botschaft muss eindeutig sein: Das ist unser Sport, um den wir uns sorgen. Er hat so viel Gutes und ihr stellt ihn in ein schlechtes Licht. Deshalb müsst ihr so lange draußen bleiben, bis ihr ihn wieder in ein gutes Licht stellt.

Ist Sebastian Coe als neuer IAAF-Präsident aus Ihrer Sicht der Richtige, um etwas zu ändern?

Paula Radcliffe:

Ja. Die Auswahl war nicht sehr groß. Aber er ist eine starke Person und steht leidenschaftlich hinter der Leichtathletik. So jemanden brauchen wir, der keine Angst hat, große Veränderungen herbeizuführen. Wir brauchen große Veränderungen. Weg von dem, wie es im Weltverband in den vergangenen beiden Jahrzehnten gelaufen ist. Wir müssen alles modernisieren, wie in einer Firma. Wir müssen in alles rund um den Kampf gegen Doping investieren. Das ist sehr wichtig, um die Athleten zu unterstützen. Sie stehen im Mittelpunkt.

Jana, wie sieht Ihre Saisonplanung mit dem Ziel Rio aus?

Jana Sussmann:

Der erste Normversuch mit Tempomachern wird in Hamburg am 22. Mai sein. Wenn die Norm da schon fällt, wäre es toll. Zum Reinkommen laufe ich vorher beim Haspa Marathon in Hamburg die Staffel und in Kiel 2.000 Meter Hindernis zur Vorbereitung auf den Normversuch. Wie es dann weitergeht, hängt vom Ergebnis ab. Die EM in Amsterdam möchte ich auf jeden Fall auch laufen.

Die Olympia-Norm über 3.000 Meter Hindernis wurde von 9:39,00 Minuten auf 9:45,00 Minuten gesenkt. Eine gute Sache?

Jana Sussmann:

Ja. Im ersten Moment dachte ich: Unter 9:45 Minuten bin ich ja schon einmal gelaufen. Mein Ziel bleibt es aber dennoch, unter 9:39 Minuten zu bleiben. Zum einen, weil die nationale Konkurrenz stark ist und die Norm ebenfalls schaffen kann. Außerdem möchte ich Bestzeit laufen. Die Veränderungen für mich durch die angepasste Norm sind also nicht allzu groß.

Paula, haben Sie einen Tipp für Jana und alle Athleten, die für ihre erste Olympia-Teilnahme arbeiten?

Paula Radcliffe:

Ganz vorne steht: Es versuchen. Als Athlet sollte man keine Angst haben, sich große Ziele zu setzen. Wer das nicht versucht, weiß auch nicht, was er erreichen kann. Man sollte sich keine Grenzen setzen. Sondern schauen, wie weit man gehen kann.

Video-Interview: <link video:13918>Paula Radcliffe im Gespräch mit Jana Sussmann

Mehr:

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