Peter Blank - Der alte Mann und der Speer
Viel ist nicht geschrieben worden über Speerwerfer Peter Blank im Laufe seiner Karriere, zumeist hat man ihm das Attribut „medienscheu“ zugeschrieben. Deshalb ist dieser Ortstermin im Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim eher eine Ausnahme. Freitagnachmittag, in drei Monaten wird Peter Blank 46 Jahre alt, er bietet Kaffee an, der Aktivensprecher des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) macht einen entspannten Eindruck.

Der alte Mann und der Speer – das Thema ist durch – wohl endgültig. Nach einer Präsenz, die vier Jahrzehnte überfasste. Ende der Siebziger Jahre erschien er als talentierter Hochspringer und Speerwerfer (1,91 und 58,42 m/1978) auf der Bildfläche, später gab es – nicht wirklich ernst gemeinte – Versuche im Zehnkampf (7.651 Punkte/1990), und in einem Alter, in dem sich andere längst in die Sportrente oder -invalidität verabschiedet haben, mit 39 Jahren, gelang Peter Blank der Wurf seines Lebens. Im Jahr 2001, bei den Deutschen Meisterschaften in Stuttgart mit 88,70 Metern, es war sein dritter Titel nach 1988 und 1990.
Wie es eben passt
Peter Blank hat 1992 erfolglos das Nationale Olympische Komitee (NOK) verklagt, weil er nicht für die Olympischen Spiele in Barcelona (Spanien) nominiert worden war, er hat sein Informatikstudium abgebrochen und ist außerhalb des Profisports noch nie einer geregelten Arbeit nachgegangen. Vier Vereine – LG Frankfurt, USC Mainz, Eintracht Frankfurt, TG Hanau – umfasst seine Legende, und vielleicht ist Peter Blank einer der talentiertesten Allround-Leichtathleten, die dieses Land je gesehen hat. Einer der außergewöhnlichsten auf jeden Fall. Ein Lebenskünstler, der seine Haare immer noch zum Zopf gebunden trägt, ein Nonkonformist.
Natürlich hört er die Einlassungen seiner Freunde häufig. Ob er nicht mal Struktur in sein Leben bringen, sich einen Job suchen wolle. Nein, will er nicht. Und den Spruch „Du brauchst eine Aufgabe!“ kann er schon gar nicht hören. „Wenn ich morgens aufwache, wache ich auf.“ Dann beginnt der Tag, vielleicht liest er dann in Nachrichtenmagazinen, vielleicht steigt er aufs Motorrad oder aufs Fahrrad oder geht joggen oder Squash spielen oder widmet sich dem Fernstudium der Fitnessökonomie. Wie es eben passt. Peter Blank genießt das Leben, Geldsorgen hat er nicht. „Ich war sparsam, weil ich immer damit gerechnet habe, dass ich irgendwann von der Sportkohle leben muss.“ Es passt finanziell, und dabei kommen ihm regelmäßig geglückte Börsenspekulationen zupass.
Es fehlt ihm nichts
Im vergangenen Jahr hat er es nochmals probiert, trainierte sechs Monate wie ein Besessener, wollte sich für die WM in Osaka (Japan) qualifizieren – mit 45 Jahren. „Ich war in der Form meines Lebens, physisch hätte ich 90 Meter werfen können.“ Er trat beim Pfingstmeeting in Rehlingen an, warf mit 77,15 Metern Senioren-Weltrekord, doch das war nicht das, was er wollte. Stattdessen reifte die Erkenntnis: „Irgendwie hat mein Kopf versagt. Ich habe mich nicht mehr getraut, richtig reinzuknallen.“ Über das Stemmbein brutal die Bogenspannung aufzubauen, die peitschende Armbewegung auszureizen. Altersweisheit, sagt er, „der Körper macht nicht umsonst dicht“. So „draufzuhalten wie vor zwanzig Jahren“, das ging nicht mehr. Der Abschied von den Stadien begann, und angeblich fehlt ihm nichts. Sagt er.
Vielleicht hätte er im Gesamten mehr erreichen können als den dritten Platz in der ewigen deutschen Bestenliste und diverse EM-, WM- sowie Olympia-Teilnahmen; auf seinen ersten großen internationalen Sieg musste er bis 2001 warten, damals gewann er das Golden-League-Meeting in Oslo (Norwegen) mit 86,90 Metern und zugleich 15.000 Euro Prämie. Professionelles Training lernte er erst 1993/1994 durch den deutschen Rekordhalter Raymond Hecht (92,60 m) kennen. Auch 8.300 Punkte im Zehnkampf wären möglich gewesen, doch als er am Scheideweg stand, 1984, lag die Olympianorm bei 8.400 Punkten. Die Option Hochsprung (Bestleistung: 2,25 m) hatte er aufgrund der Übermacht deutscher 2,30-Meter-Springer wie Dietmar Mögenburg, Carlo Thränhardt und Gerd Nagel in etwa gleichzeitig gestrichen.
Unschlagbar im „Schlagball-Hochwerfen“
Und sein Ehrenamt als DLV-Aktivensprecher? „Ich habe mich zurückgezogen.“ Offiziell zurückgetreten ist er nicht, gleichwohl wird sich Peter Blank nicht mehr einbringen. „Ich habe das Gefühl, dass Einwände bei Ungerechtigkeiten, etwa bei Nominierungen, vom Verband nicht ernst genommen werden.“ Und nicht ein Athlet habe ihn seit dem Beginn seines Engagements vor fast fünf Jahren angesprochen und um Hilfe gebeten. Vierzehn Monate ist es her, dass er Nils Schumann eine SMS schrieb und dem aufgrund von DLV-Dopingermittlungen in Bedrängnis geratenen 800-Meter-Olympiasieger seine Unterstützung anbot. Peter Blank bekam keine Antwort.
Und wie wäre es mit einer Trainertätigkeit? „Wenn ich ein Talent wie Raymond bekäme, dann vielleicht.“ Oder einen wie ihn selbst, der unschlagbar war in der Spaßdisziplin „Schlagball-Hochwerfen“, 1997 flog sein 200-Gramm-Lederball knapp 40 Meter in die Luft. Schon als Jugendlicher hatte er einen Schneeball in das Fenster eines Hochhauses geworfen, zehn Stockwerke hoch. An Weihnachten beteiligte sich Peter Blank in einem schwedischen Möbelhaus an einem Weihnachtsbaum-Wurfwettkampf. Die Nachricht, ob er zu den Gewinnern eines Einkaufsgutscheins gehört, steht noch aus. Es kann nicht mehr lange dauern, bis die Nachricht im Briefkasten liegt.