Philipp Pflieger - Von der Bahn auf die Straße
Die Deutschen Halbmarathon-Meisterschaften am Sonntag in Refrath boten schnelle Zeiten. Hinter dem überzeugenden Wattenscheider Jan Fitschen (63:22 min) sorgte Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg) mit 64:11 Minuten für ein starkes Debüt. Die sportliche Zukunft des Schützlings von Trainer Kurt Ring dürfte auf der Straße liegen.

Der Wattenscheider holte sich in starken 63:22 Minuten den Titel – der besten Halbmarathonzeit eines Deutschen seit fünf Jahren. Der Düsseldorfer André Pollmächer musste vor der Zehn-Kilometer-Marke mit einer Oberschenkelverletzung aussteigen. Ein MRT soll am Mittwoch eine genaue Diagnose bringen. Sein Marathonstart in zehn Tagen in Düsseldorf ist zumindest fraglich.
Hartes Solo belohnt
Noch überraschender als der Sieg des 35-jährigen Jan Fitschen war der Auftritt des Halbmarathon-Novizen. Obwohl ihm eine Erkältung in der Woche vor dem Rennen zu schaffen machte, ging Philipp Pflieger das flotte Anfangstempo von 29:45 Minuten über zehn Kilometer mit und ließ sich auch nicht aus der Ruhe bringen, als er kurz darauf Jan Fitschen und den kenianischen Tempomacher Frederick Ngeny ziehen lassen musste.
„Leider hatte ich irgendwann Atemprobleme und Seitenstechen. So wurden die letzten zehn Kilometer allein schon hart“, sagte der 25-Jährige. Obwohl er die Zeit nicht überbewerten wollte („64 Minuten sind nicht die Offenbarung“), hat Philipp Pflieger eindeutig den Weg zum Straßenläufer eingeschlagen. Auch der schön anzusehende, kraftsparende Laufstil passt zu den ganz langen Distanzen.
"Bin kein Träumer"
Ein Grund den Halbmarathon in Angriff zu nehmen, lieferte ausgerechnet der Weltverband IAAF. Als die Normen für die WM in Moskau Ende 2012 veröffentlicht wurden, war dem Regensburger klar, dass es mit einem WM-Start nur schwerlich klappen wird: „Ich bin kein Träumer. Ich weiß, was ich laufen kann. Und die geforderten 27:40 Minuten über 10.000 Meter sind überhaupt nur fünf Deutsche gelaufen.“
Die Halbmarathon-DM soll nur der erste Schritt gewesen sein. Nach der EM 2014 in Zürich (Schweiz), wo er einen Bahnstart anpeilt, könnte Pfliegers Marathon-Debüt anstehen. Schließlich will er sich über die klassische Distanz für die Olympischen Spiele 2016 in Rio (Brasilien) qualifizieren: „Ich möchte mir nicht vier Jahre den Arsch aufreißen und dann feststellen, dass es für eine Bahn-Norm nicht reicht.“
Auf der Straße gut aufgehoben
Sein Coach, der auch den talentierten U23-Sieger Jonas Koller (66:59 min trotz Sturz) betreut, glaubt fest daran, dass Pflieger auf den Straßendistanzen gut aufgehoben ist. Das Dauerlauftempo kann sein Schützling schon sehr lange sehr hoch halten, ohne extrem zu übersäuern. So legte er im Trainingslager einen 21-Kilometer-Lauf mit Tempospitzen in unter 67 Minuten zurück.
„Philipp kann ein guter Marathonläufer werden“, meint Kurt Ring. „Gut“ fängt für den Trainer bei Zeiten unter 2:10 Stunden an. „Es haben schon andere deutsche Läufer gezeigt, dass solche Zeiten möglich sind. 2:15 Stunden sind kein Richtwert für uns“, sagte Ring selbstbewusst. In der Trainingssteuerung wird der Regensburger vom ehemaligen Langstrecken-Bundestrainer Lothar Pöhlitz, den Ring anerkennend „meinen Mentor“ nennt, beraten.
In Bremen zurück auf die Bahn
Um bis 2020 in die genannten Bereiche vorzulaufen, müssen natürlich auch die Unterdistanzleistungen stimmen. Eine Steigerung auf unter 62 Minuten im Halbmarathon und glatten 28 Minuten über 10.000 Meter hält Kurt Ring für machbar.
Schon in gut drei Wochen bei der 10.000-Meter-DM in Bremen soll er den ersten Schritt in diese Richtung machen. 28:30 Minuten peilt das Regensburger Duo an. Anfang Juni ist dann ein weiterer Start über die 25 Runden beim Europacup in Pravets (Bulgarien) geplant.
Quelle: leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift