Prag macht endlich den Anfang
Es war eine schwere Geburt. Fast fünf Jahre hat es gedauert, bis die Leichtathleten in der Prager Multifunktionshalle, die als Spielstätte des Eishockeymeisters Slavia dient und rund 18.000 Zuschauern Platz bietet, endlich die in Aussicht gestellte Heimat gefunden haben. Es war am Donnerstag eine Premiere, die unter dem Motto „Meeting der Weltrekordhalter“ stand und die damit höchsten Ansprüchen genügen musste.
Diese Aufgabe wurde gelöst, obwohl es auch für Jan Zelezny als Meetingdirektor eine herausfordernde Premiere war. Am Ende konnte dieser zufrieden Bilanz ziehen und der frühere Speerwurf-Star bekam sogar ein Sonderlob von dem Vater aller Weltrekordhalter, Sergej Bubka.Die ukrainische Stabhochsprung-Legende bewertete das neue Event als „großartig und erfolgreich“, ließ nach der Philosophie „Alles ist möglich“ keinen Zweifel daran aufkommen, dass Prag auch Ausrichter einer Hallen-EM oder sogar einer Hallen-WM sein könnte.
Aber nicht nur der Vize-Präsident des Weltverbandes IAAF drehte in der Arena seine Runden, sondern auch der Präsident des Europaverbandes EAA, Hansjörg Wirz, war da und warf interessierte Blicke hinter die Kulissen.
In fehlenden Belag investiert
Die Frage nach der Ausrichtung einer internationalen Meisterschaft wiederum steht nicht auf der Agenda von Jan Zelezny, der sich weiter um das Meetinggeschäft kümmern möchte. Aber über solche Titelkämpfe auf tschechischem Boden freuen würde er sich schon, schließlich wäre nicht zuletzt er ein Wegbereiter gewesen. Dabei musste Prag schon einen Anlauf in die Richtung, eine große Meisterschaft an die Moldau zu holen, abbrechen. Es gab keinen Belag für die Arena, die derzeit in Größe und Moderne in der Leichtathletik ihresgleichen sucht.
Dieses Problem wurde inzwischen gelöst, die Politik ebnete der notwendigen Investition den Weg. „Das war mit Blick in die Zukunft ein wichtiger Schritt für den tschechischen Verband, der nun tatsächlich eines Tages eine Europameisterschaft oder vielleicht eine Weltmeisterschaft ausrichten könnte. Ich glaube auch, dass es dann möglich ist, die Halle ausverkauft zu haben“, meinte Jan Zelezny.
Millionen-Etat
Rund eine Million Euro kostete die erste Auflage des Hallen-Meetings, bei dem sich nicht nur acht aktuelle Weltrekordhalter aus Gegenwart und Vergangenheit, sondern auch mehrere der derzeit angesagtesten Top-Stars der Szene die Klinke in die Hand gaben. Prag konnte sich mit diesen Mitteln auf Anhieb in Augenhöhe der etablierten Ausrichter in Europa und Übersee präsentieren. „Geld ist aber nur Geld, das aufgrund der weltweiten Wirtschaftskrise momentan gar nicht so leicht aufzutreiben ist“, sagte Jan Zelezny, „uns ist es aber vor allem auch wichtig gewesen, den Leuten Spaß zu bereiten.“
Dieser war unter den 8.452 Besuchern, die rasch ihre Zurückhaltung aufgaben, durchaus spürbar. Die Prager erwiesen sich als neugieriges, begeisterungsfähiges und auch fachkundiges Publikum. Der Zuschauerzuspruch war für Jan Zelezny zufrieden stellend: „Ich hatte auf mehr als 7.000 Leute gehofft. Für die erste Veranstaltung war es auch keine leichte Aufgabe, zumal wegen Schulferien viele Prager gar nicht hier sind und wir parallel die Ski-WM in Liberec haben.“
“She always cries in Czech Republic”
Freuen durfte sich Jan Zelezny am Ende auch darüber, dass beim „Meeting der Weltrekordhalter“ zumindest ein Weltrekordversuch klappte, auch wenn die erfolgreiche Attacke der Äthiopierin Meseret Defar auf die Weltbestzeit nur über die selten gelaufenen zwei Meilen stattfand. Trotzdem: „Das war absolut perfekt.“
Stabhochspringerin Yelena Isinbayeva ließ die Perfektion, die ihr sonst so häufig zu Eigen ist, vermissen. Aber zumindest versuchte sich die Russin an der Hallen-Weltrekordhöhe von 5,01 Metern. Nach drei misslungenen Anläufen lag sie ihrem Coach Vitaly Petrov aus Enttäuschung mit Tränen in den Augen in den Armen - wie schon vor eineinhalb Jahren in Ostrava übrigens unter ähnlichen Vorzeichen, woraufhin unter Organisatoren und Journalisten in Prag spontan ein „She always cries in Czech Republic“ die Runde machte.
Das Covergirl der Veranstaltung war aber so ziemlich die einzige weit und breit, die bittere Tränen in den Augen hatte. Die Überfliegerin versprach bereits jetzt den Veranstaltern, im nächsten Jahr wiederzukommen und dann das Verpasste nachzuholen. Diese Hoffnung teilte auch Jan Zelezny, denn „She always cries in Czech Republic“ soll ein One-Hit-Wonder bleiben und Prag vor allem in der Leichtathletik-Weltkarte noch nachdrücklicher in Erscheinung treten. Der Anfang ist endlich gemacht.