Prof. Dr. Gerhard Treutlein warnt vor Risiko
Doping ist nicht nur eine Seuche des Spitzensports, sondern ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Dies erklärte Prof. Dr. Gerhard Treutlein auf der Lauftagung des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen (FLVW) im SportCentrum Kaiserau.
Da gäbe es Mitglieder eines Fitnessstudios, die Anabolika nehmen, um den Muskelaufbau zu beschleunigen, Handballspieler, die Schmerzmittel schlucken, um noch aggressiver spielen zu können, und Manager, die mithilfe von Pillen stressresistenter sein wollen.Doping macht auch vor dem Breitensport nicht halt. Prof. Dr. Gerhard Treutlein berichtete von Volksläufen, bei denen zehn Prozent der weggeworfenen Schachteln unerlaubte „Mittelchen“ enthielten. Bei einem Ultralauf sollen, so der emeritierte Heidelberger Professor, 30 Prozent der Teilnehmer „etwas“ zu sich genommen haben.
„Auch bei Dingen, die nicht verboten sind, sollte man überlegen, ob man nicht ein zu großes Risiko eingeht“, gab der frühere 800 Meter-Läufer mit der Bestzeit von 1:58,7 Minuten zu bedenken.
Positive Einstellung
Prof. Dr. Gerhard Treutlein warnte vor Schmerzmitteln wie Aspirin und Voltaren, die langfristig zu schweren Schäden führen können. Der ausgewiesene Präventionsexperte bezeichnete auch die erlaubten Mittel als großes Problem, denn sie fördern die Doping-Mentalität. Einige Nahrungsergänzungsmittel würden oft verbotene Substanzen, die nicht auf den Etiketten stehen, enthalten, weil diese angeblichen Heilsbringer nicht den strengen Arzneimittelgesetzen unterliegen. „Zudem sind viele Nahrungsergänzungsmittel viel zu teuer und helfen wenig“, betonte Prof. Dr. Gerhard Treutlein.
Der Heidelberger Pädagogik-Professor erklärte, dass im Jugendbereich den Trainern bei der Doping-Prävention eine Schlüsselrolle zukommt. Seine Forderung: „Um die Einstellung junger Leute zu diesem Thema zu beeinflussen, muss das gesamte Umfeld eine positive Einstellung zum sauberen Sport haben.“
Suchtgefährdung gestiegen
Prof. Dr. Gerhard Treutlein sagte, dass es nichts nützt, die Dinge zu verschweigen. So steige bei Jugendlichen, die mehr als acht bis zehn Stunden pro Woche Sport treiben, die Suchtgefährdung extrem an. Dabei gelte die subjektive Theorie: Viel hilft viel.
Der Gastredner bedauerte, dass viel zu wenig Geld für Doping-Prävention ausgegeben wird. So stoße die Deutsche Sportjugend mit ihrem Info-Material an ihre finanzielle Grenzen, wenn sie in Zukunft keine größere Unterstützung durch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und die Fachverbände erhält.
Prof. Dr. Gerhard Treutlein gab den Zuhörern ein Bündel von Maßnahmen an die Hand, wie man Sport auch ohne unerlaubte Hilfsmittel mit viel Freude und ohne Gesundheitsrisiko betreiben kann:
1. Natürliche Ressourcen ausschöpfen und sinnvoll trainieren
2. eine gesunde Lebensführung
3. Kinder und Jugendliche auf die Situation der Versuchung vorbereiten
4. das Verantwortungsbewusstsein schärfen („du bist verantwortlich, was in deinen Körper hineinkommt“)
5. jedem klarmachen, dass jeder Dopingfall den Ruf einer Sportart schädigt
Prof. Dr. Gerhard Treutlein riet allen Sportlern, persönliche Grenzen zu respektieren: „Was ist so schlimm daran, wenn ich meine Leistungsziele einmal nicht erreiche?“
Gerade das Laufen braucht man seiner Meinung nicht nur unter Leistungsaspekten zu sehen. So bilden die Bewegung an der frischen Luft und das Zusammensein mit anderen sicherlich genauso wichtige Aspekte.
FLVW unterstützt weiterhin Münster-Marathon
Im Rahmen der Lauf-Tagung wies der westfälische Leichtathletik-Vorsitzende Hans Schulz auf den Terminkonflikt im kommenden Jahr zwischen mit Münster-Marathon und dem Karstadt-Marathon hin. Die zuletzt genannte Veranstaltung soll nach einer Ankündigung von Organisator Michael Mronz am dritten September-Wochenende stattfinden.
„Der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen wird mit seinem Mentoren-Programm weiter den Münster-Marathon unterstützen und nicht den Karstadt-Marathon,“ versicherte Hans Schulz. Der westfälische Leichtathletik-Chef kündigte an, bezüglich der Terminfrage im Vorfeld des Treffens der westdeutschen Marathon-Veranstalter am 12. November in Duisburg ein klärendes Gespräch mit Michael Mronz zu führen.
Der westfälische Landesdisziplin-Trainer Leo Monz-Dietz teilte den Anwesenden mit, dass im vergangenen Jahr 324 Volksläufe mit 156.215 Teilnehmern in Westfalen durchgeführt wurden, was einen leichten Rückgang gegenüber 2007 bedeutet. Leo Monz-Dietz hält für bedenklich, dass immer mehr „wilde“, nicht angemeldete Veranstaltungen durchgeführt werden. Auch befürwortet er nicht, dass zunehmend Eventagenturen anstelle von Vereinen die Organisation und Durchführung von Läufen übernehmen.