| Diskuswerfer

Prüfer-Brüder wollen gemeinsam zur U23-EM nach Bydgoszcz

Ein starke Familie: Henning und Clemens Prüfer stehen gemeinsam im Diskus-Ring. Die Leidenschaft für ihre Disziplin verbindet die Brüder. Krönen würde die Saison ein gemeinsamer Start bei den U23-Europameisterschaften in Bydgoszcz. Den geforderten Leistungsnachweis haben beide bereits erbracht. Ausruhen dürfen sie sich darauf trotzdem nicht.
Sandra Arm

Verschlossen, ruhig, allein: Immer wieder suchte Henning Prüfer (SC Potdam) zwischen den Durchgängen der U23-Konkurrenz die Einsamkeit. In sich gehen, konzentrieren, aufbauen für den nächsten Versuch – der Diskusring war in Halle mehr Feind als Freund. Nach seinem guten Auftakt in Wiesbaden (60,93 m) mit U23-EM-Norm (59,00 m) lief es für den 21-Jährigen bei den Werfertagen nicht nach seinen Vorstellungen. Mehr als 58,72 Meter standen für den 60-Meter-Werfer aus beiden Wettbewerben (U23 und Männer) nicht im Protokoll. "Wir wissen nicht, woran es liegt", schüttelte er ratlos den Kopf.

"Meine besten Versuche mache ich beim Einwerfen – und nun gehe ich aus den letzten beiden Wettkämpfen mit 58 Metern raus. Das macht nicht wirklich Spaß." Entgegen der Dämpfer sind seine Ambitionen größer denn je. "Mein Wunsch ist es, zu zeigen, was ich kann. Egal wo, ich will es einfach einmal zeigen. Es müssen nicht unbedingt 63 Meter sein, es reichen auch 62,50 Meter. Es sollte aber in die Richtung gehen", sagte der U20-EM-Dritte von 2015 entschlossen. Schon bei den nächsten Meetings in Neubrandenburg (27. Mai), Schönebeck (2. Juni) und Osterode (9. Juni) hat er die nächste Chance.

Nationale U23-Konkurrenz stark wie nie

Anders die Stimmungslage aktuell bei seinem jüngeren Bruder. Bei den letzten drei Wettkämpfen (zwei davon in Halle) lag Clemens Prüfer (SC Potsdam) vorn. Keine einfache Geschichte für den Jüngsten, der seine Hausmarke in Halle auf 62,48 Meter steigerte. "Ich weiß nicht, ob das jetzt so schön ist, wenn es bei dem einen funktioniert und bei dem anderen nicht. Für mich freut es mich, dass es so gut läuft, aber sich richtig zu freuen, ist dann eine andere Sache", entgegnete der 19-Jährige, der sich sicher ist, dass sein Bruder "in dieser Saison noch zeigen wird, was er drauf hat".

Was der Jüngere drauf hat, steht schwarz auf weiß in den Ergebnislisten – Würfe über 62 Meter. Geplant war das erstmal nicht. "Vor Saisonbeginn sind wir verhalten an die Weite herangegangen. Vorgestellt haben wir uns um die 61 Meter. Für mich ist es einfach wichtig, dass ich stabil werfe. Nicht wie im vergangenen Jahr, wo ich einen weiten Wurf im Wettkampf hatte und die anderen Versuche ein bisschen abgefallen sind. Und das klappt bisher ganz gut", meinte der Schützling von Jörg Schulte (Bundestrainer für den männlichen Nachwuchs). Die bisherigen Ergebnisse aus Wiesbaden und Halle stimmen für den weiteren Saisonverlauf zuversichtlich.

Der nationale Fokus der Brüder liegt auf der U23-DM in Leverkusen (17./18. Juni). Dort gilt es, sich für den internationalen Höhepunkt in Bydgoszcz (Polen; 13. bis 16. Juli) zu empfehlen. "Das ist mit der entscheidende Wettkampf dafür. Diesen gilt es mit einer ordentlichen Leistung abzuschließen", betonte Clemens Prüfer. Die Norm ist bereits abgehakt. Wie gegenwärtig bei drei weiteren U23-Werfern: Torben Brandt (SC Magdeburg; 62,09 m), Maximilian Klaus (LV 90 Erzgebirge; 61,34 m) und Merten Howe (SC Neubrandenburg; 59,07 m). Aber nur drei Werfer dürfen mit. So gestaltet sich jedes Wettkampf-Wochenende zu einem echten Kräftemessen.

Traum vom Doppel-Medaillen-Schlag

"In der Hinsicht ist Deutschland das stärkste Land. Nicht von der Spitze, aber von der Breite. Deswegen ist es unheimlich schwierig, nach oben zu kommen. Wenn du in Deutschland oben stehst, dann bist du auch in der Welt oben mit dabei – egal in welchem Alter", sagte Henning Prüfer, der in dieser Disziplin schon U18- und U20-WM-Silber zuhause hat, und sein Bruder ergänzte: "Es gab selten so eine starke U23-Konkurrenz." Die Geschwister kämpfen für das gemeinsame Erleben eines weiteren internationalen Highlights.

So wie vor zwei Jahren: Bei der U20-EM im schwedischen Eskilstuna holte der Ältere Bronze. Der Jüngere strich früh die Segel, blieb im Vorkampf des Finals als Zwölfter hängen. "Ich habe zwar nicht gut geworfen, Spaß hat es trotzdem gemacht. Diese EM mit seinem Bruder zu erleben, gibt einem nochmal den Extra-Kick", erinnerte sich Clemens Prüfer, der sich mit seinem Bruder in Sachen U23-EM einig ist: "Wir wollen zusammen nach Bydgoszcz."

Dort herrscht also Einigkeit. Wie auch beim "goldenen" Traum. Wer am Ende oben steht, ist nicht so wichtig. "Das Beste ist, wenn einer von uns Gold, der andere Silber gewinnt. Wer dann welche Medaille holt, das ist eigentlich egal. Das ist das Beste, was passieren kann. Wann das passiert, in welchem Jahr, das ist eine andere Sache. Darauf arbeiten wir beide hin. Das wäre etwas, worüber wir uns beide freuen würden", blickte Clemens Prüfer voraus.

Viele Gemeinsamkeiten, nur wenig Unterschiede

Bydgoszcz kommt dafür vielleicht zu früh. Auch angesichts der starken europäischen Konkurrenz wie Sven Martin Skagestad (Norwegen) und Alin Alexandru Firfirica (Rumänien), die in der abgelaufenen Saison schon über 65 Meter warfen. Der Gold-Traum schweißt die Prüfers zusätzlich zusammen. Auch sonst wirken die Brüder wie eine harmonische Einheit.

Den einen oder anderen Unterschied gibt es trotzdem. "Wir sind uns schon sehr ähnlich. Der größte Unterschied: Clemens ist vernünftiger. Er denkt mehr über das nach, was er tut", verriet Henning Prüfer, der vom Jüngeren "das Fleißigsein" noch lernen könne. Umgekehrt sieht es ein wenig anders aus: "Bei internationalen Wettkämpfen löst Henning die Aufgabe souveräner. Das hat bei mir noch nicht so gut geklappt", berichtete Clemens Prüfer.

Der Zweite der Olympischen Jugendspiele 2014 würde es am liebsten sehen, wenn "wir beide gut werfen. Ich kann mich dann auch am meisten über meine eigene Leistung freuen." Ob im oder neben dem Ring, die Prüfers sind einfach eine starke Familie.

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024