Ralf Bartels - "EM-Medaille ist möglich"
Bei seiner letzten Hallen-DM gewann Kugelstoßer Ralf Bartels seinen sechsten Hallentitel. Erst mit seinem berühmten letzten Versuch (20,08 m) zog er noch an Marco Schmidt (VfL Sindelfingen; 19,71 m) vorbei. Im Interview spricht der 35-Jährige vom SC Neubrandenburg über die Ziele in seiner letzten Saison und über die Zeit danach.

Ralf Bartels:
Was in den ersten Versuchen im Wettkampf passiert ist, das weiß ich selbst nicht. Vielleicht habe ich wieder angefangen, zu viel nachzudenken. Irgendwie habe ich erst in den beiden letzten Versuchen in den Wettkampf reingefunden. Als Deutscher Hallenmeister abzutreten ist toll, auch wenn ein, zwei gute Athleten nicht dabei waren und das Feld nicht ganz so hochkarätig war.
Sie reisen als Gewinner der Hallen-Europameisterschaften 2011 nach Göteborg. Ist die Titelverteidigung ein realistisches Ziel?
Ralf Bartels:
Wenn ich mir die Bestenliste anschaue, kann ich mit dem Titel liebäugeln. Wenn ich das, was ich beim Einstoßen gezeigt habe, im Wettkampf umsetzen kann, dann komme ich vielleicht in den Bereich einer Medaille. Aber wenn man in Göteborg eine Medaille holen will, muss man besser im Wettkampf stehen und nicht so viele Fehlversuche haben und sich selbst so fest machen.
Wie ist das, wenn man weiß, es ist die letzte Saison. Ist man entspannter oder angespannter?
Ralf Bartels:
Ich rede mir immer ein, ich müsse entspannter sein. Mich drückt nichts, ich kann jetzt noch einmal Spaß haben. Und ich kann mit einer guten Leistung zeigen, dass ich zu Recht noch eine Saison mache. Das geht dann immer alles noch beim Einstoßen gut. Aber wenn dann der Wettkampf anfängt, will man plötzlich doch was Besonderes machen. Das ist das, was mich im Moment etwas ausbremst.
Sie sind Deutscher Hallenmeister geworden, haben Chancen bei der Hallen-EM. Wieso treten Sie nach 2013 zurück?
Ralf Bartels:
Nach dem Verletzungspech im vergangenen Jahr hatte ich mit dem Thema Leistungssport schon fast abgeschlossen. Als die Ärzte dann meinten, ich müsse Olympia noch nicht ganz abschreiben, habe ich neuen Mut gefasst. Ich habe damals viel investiert. Meine Tochter war gerade drei, vier Monate alt, aber ich bin nach Berlin zur Reha gegangen. Ich habe es nach London geschafft, aber das Finale leider nicht erreicht. Bei den Wettkämpfen danach habe ich noch einmal 20,40 Meter gestoßen. Und das mit den Problemen, die ich davor hatte. Da habe ich mir gedacht, wenn es 2013 besser läuft, dann kann ich noch einmal eine Abschiedstournee machen.
Welche Ziele haben Sie bei Ihrer Abschiedstour?
Ralf Bartels:
Ich will mich für die WM in Moskau qualifizieren. Da haben wir die komfortable Situation, dass David Storl als Weltmeister eine Wildcard hat und wir vier Athleten schicken können, ohne dass ich einem einen Platz wegnehme. Wenn ich es nicht schaffe, kann ich wenigstens sagen, ich habe es noch einmal versucht. Und wenn es klappt, dann freue ich mich über den schönen Abschluss. Ich mache mir keinen Druck, versuche aber trotzdem ernsthaft, die WM zu erreichen und nicht nur als Tourist dorthin zu fahren.
Sie sind ja als passionierter Jäger bekannt. Müssen die Wildschweine ab dem nächsten Jahr Angst haben?
Ralf Bartels:
Nein (lacht). Ich will dem Sport treu bleiben und als Trainer Fuß fassen. Ich habe gute Lehrer gehabt. Jetzt muss ich das, was ich praktisch gelernt habe, noch theoretisch mit Begriffen versehen und ein Diplom-Trainer-Studium beginnen. Ich hoffe, dass ich dann als Trainer an die Erfolge, die ich als Aktiver hatte, anknüpfen kann.
Gibt es etwas, dass Sie ganz besonders vermissen werden?
Ralf Bartels:
Das Gefühl, im Wettkampf und auf dem Treppchen zu stehen. Selbst wenn ich als Trainer Erfolg haben sollte, ist das was anderes. Der Erfolg wäre dann ein Resultat der Arbeit, die man geleistet hat, und nicht ein Ergebnis der eigenen körperlichen Anstrengung.
Und was werden Sie gar nicht vermissen?
Ralf Bartels:
Das ganze Aufbautraining. Die etlichen Kilometer, die man auf dem Fahrrad oder auf Skiern hinter sich bringt.
Quelle: leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift
Broschüre: Das DLV-Team für die Hallen-EM (pdf)
Zeitplan Hallen-EM (pdf)