Ralf Bartels – "Man soll mich nicht abschreiben"
Ein Jahr und einen Tag nach seiner Bronzemedaille bei den Weltmeisterschaften in Helsinki (Finnland) sorgte Kugelstoßer Ralf Bartels am Montagabend bei den Europameisterschaften in Göteborg (Schweden) wieder für einen guten Start der DLV-Mannschaft. Mit 21,13 Metern gewann der Neubrandenburger Gold. Lesen Sie hier, was er nach dem Wettkampf erzählte.
Ralf Bartels hatte allen Grund, zu strahlen (Foto: Kiefner)
Herzlichen Glückwunsch! Sie waren aber vor dem letzten Versuch ja eigentlich schon weg von den Medaillenplätzen…Ralf Bartels:
Was heißt weg? Ich war noch nie weg! (Lacht)
Haben Sie die ganze Zeit noch dran geglaubt, dass das noch was wird?
Ralf Bartels:
Man hat wahrscheinlich gesehen, dass ich nicht ganz zufrieden mit dem war, was ich da bis zum letzten Versuch abgeliefert habe. Ich wusste, dass ich noch einen drauflegen kann. Aber dass es dann so weit wird, das ist auch ein bisschen Glückssache und natürlich auch das Adrenalin aus dem Wettkampf. Dass es dann mit zwei Zentimeter Vorsprung für ganz vorne gelangt hat, das hätte ich nicht gedacht.
War da auch schon etwas Verzweiflung dabei?
Ralf Bartels:
Vielleicht etwas Verzweiflung für die weiteren Versuche. Ich wusste, dass wenn ich einen treffe, es weit gehen kann. Und dann hat es ja zum Glück gepasst. Manchmal hat man ja das Pech, dass es dann nicht reicht, aber bisher habe ich das eigentlich immer ganz gut geschafft. Warum weiß ich nicht. Aber ich denke es liegt an der guten Vorbereitung und deswegen bin ich einfach nur glücklich.
Wieso ist immer der letzte Versuch der weiteste?
Ralf Bartels:
Ich würde das schon gerne früher machen, damit es nicht so nervenaufreibend ist. Aber man kann sich das halt nicht aussuchen und ich kämpfe halt bis zum letzten Versuch und man sollte mich nicht vorher abschreiben.
Hat ein lässiger Andy Dittmar Ihnen heute auch geholfen, Ihnen etwas die Lockerheit gegeben?
Ralf Bartels:
Ja und nein. Natürlich ist es heute schön gewesen und ich habe mich auch für ihn gefreut, dass er hier mit seinem siebten Platz unter den ersten Acht ist. Das war für ihn genau das gleiche Gefühl wie für mich der erste Platz. Es ist natürlich schön, wenn man noch jemanden dabei hat, mit dem man sich unterhalten und die Freude zusammen genießen kann.
Was ging in den letzten Stößen der Konkurrenz in Ihnen vor?
Ralf Bartels:
Man hofft natürlich, dass es reicht und dass die anderen sich nicht steigern. Wir haben dann ja eigentlich jeden Versuch abgeklatscht bis es letztendlich Gold war. Ich hatte mein Nötiges getan und konnte dann nichts mehr daran ändern. Wenn die anderen sich gesteigert hätten, hätte ich das akzeptiert. Die Gefühlslage war nicht ganz so extrem, wie in München oder in Helsinki. Denn ich habe die 21 Meter gestoßen und alles andere war mir eigentlich dann egal. Ich habe dann nur darauf gewartet, was dabei herauskommt.
Ist mit diesem Titel jetzt ein Traum in Erfüllung gegangen?
Ralf Bartels:
Ja! Das kann man wohl sagen.
Haben Sie es schon realisiert, dass Sie jetzt Europameister sind?
Ralf Bartels:
Nein, dafür ist die Anspannung jetzt noch zu groß. Das wird dann wohl heute Nacht oder morgen irgendwann kommen. Da geht man dann in sich und denkt ach du sch…'. Ich freue mich jetzt zwar und weiß, dass ich gewonnen habe, aber realisieren werde ich das sicherlich erst später.
Hatten Sie vor dem letzten Stoß auch ihren Erfolg von Helsinki im Kopf?
Ralf Bartels:
Ja sicherlich denkt man daran. Man soll sich ja nicht immer nur negative Ereignisse ins Gedächtnis rufen, sondern auch positive. Ich habe nicht nur daran gedacht, aber letztendlich ist es natürlich doch im Hinterkopf gewesen. Allerdings auch genauso wie Moskau. Man denkt über vieles nach, obwohl man eigentlich an nichts denken will. Es war schon alles präsent, aber nicht so, dass ich mich dadurch blockiert habe.
Haben Sie während dem Wettkampf Kontakt zu Ihrem Trainer auf der Tribüne?
Ralf Bartels:
Ja, es ist auf jeden Fall wichtig, dass man von dort noch Informationen bekommt. Man kann zwar nicht mehr viel ändern, aber es ist doch gut, wenn man an ein paar Kleinigkeiten, die man in der Wettkampfaufregung vergisst, noch einmal erinnert wird. Das ist sehr wichtig. Aber das geht alles nur über Zeichensprache.
Gab es da einen speziellen Tipp, der Ihnen geholfen hat?
Ralf Bartels:
Nein. Und wenn, dass würde ich es nicht verraten. Das ist Betriebsgeheimnis.
Was war denn in diesem Jahr anders, dass es zu Gold gereicht hat?
Ralf Bartels:
Das ist eine sehr gute Frage, wenn ich das mal wüsste. Eigentlich war vieles anders. Ich war zwar nicht so beständig, aber ich hatte auch einige sehr gute Wettkämpfe. Ich kann nicht sagen, dass es eine perfekte Saison war, obwohl ich das nach diesem Abschluss ja eigentlich sagen müsste.
Denken Sie, der Europäische Leichtathletik-Verband sollte Siegprämien zahlen?
Ralf Bartels:
Jetzt wo ich die Goldmedaille habe, müsste ich ja eigentlich ja sagen. Aber uns wurde auch erklärt, wie der Verband dieses Geld stattdessen einsetzt und das finde ich generell schon gut, obwohl es für mich jetzt natürlich auch ein bisschen schade ist. Aber man kann nicht alles haben.
Glauben Sie, das hat der Mannschaft jetzt einen Schub gegeben?
Ralf Bartels:
Ich hoffe es. Ich denke, dass sich jetzt doch einige noch eher motiviert fühlen als vorher und sich sagen, auch das Unmöglich ist möglich.
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