Ralf Bartels schwungvoll auf dem Weg nach Helsinki
Ralf Bartels schwebte nach seinem Wettkampf bei den 31. Halleschen Erdgas-Werfertagen auf Wolke Sieben. Der Siegstoß von 20,91 Meter schon im ersten Durchgang, später die Gratulationscour, dieser Tag war seiner. So viele Hände hat er selten geschüttelt, und man sah den Gratulanten an, wie sie sich alle mit dem stets freundlichen und kommunikativen Neubrandenburger freuten.
Ralf Bartels hat allen Grund zum Strahlen (Foto: Krebs)
leichtathletik.de hatte es unter dem Motto "Böse Erinnerungen" wenige Tage zuvor schon vorhergesehen: "Weniger gute Erinnerungen hat Ralf Bartels an den Kugelstoßring in Halle, denn zu oft wollte er dort zuviel, verkrampfte und stand am Ende mit leeren Händen da. Diesmal soll es anders werden. Nach dem Erfolg von Neuwied mit 20,14 Meter (...) könnte es mit einem Sieg klappen."Und siehe da, Ralf Bartels "hielt" sich daran. "Ich bin glücklich, dass es nun nach einer längeren Durststrecke in Halle/Saale bei diesem schönen Meeting so gut geklappt hat", jubelte er hinterher. "Und eigentlich mag ich diese Wurfanlage ja auch. Schon vor zehn Jahren, am 13. Mai 1995, stieß ich aus dem gleichen Ring mit der 5-Kilo-Kugel 21,38 Meter, damals wie heute deutscher B-Jugendrekord. Und nun nach zehn Jahren diese Weite. Ich wusste zwar, dass ich gut drauf bin, aber man muss es eben im Wettkampf zeigen."
Keine Doppelperiodisierung
Solche Leistungen müssen auch Ursachen haben. Und Ralf Bartels verweist darauf, dass er diesmal gemeinsam mit seinem Trainer Gerald Bergmann einiges anders als in den Vorjahren gemacht hat. Vor allem die bisherige Doppelperiodisierung, mit einer jeweils kompletten Hallen- und Freiluftsaison wurde nicht praktiziert. Der Anlass kam gewissermaßen von draußen, von seinem Arbeitgeber.
Ralf Bartels ist bei der Marine der Bundeswehr, stationiert am Stützpunkt Plön. Dort, an der Marine-Unteroffiziersschule, absolvierte er von Anfang Oktober 2004 bis kurz vor Weihnachten seinen Unteroffizierslehrgang 2. "Das ist in der Marine der Bootsmann-Lehrgang, vergleichbar mit dem Feldwebel-Lehrgang beim Heer", erläutert der nunmehr 27-Jährige, und fügt hinzu: "In diesem Lehrgang wird man zum militärischen Ausbilder hingeführt, das heisst, man bekommt mehr Verantwortung, kann kleinere Einheiten führen, später auch ganze Züge im Umfang von 80 bis 90 Leuten übernehmen."
Kein Zuckerschlecken
Aber ein Zuckerschlecken war das beileibe nicht, denn Ralf Bartels musste alles, was man später den Untergebenen abverlangt, selbst praktiziert haben. So standen beispielsweise Märsche auf dem Programm, in voller Montur ging es für den schwergewichtigen Kugelstoßer über 15 Kilometer, kein Pappenstiel. Aber man merkt es dem Neubrandenburger im Gespräch an, dass er sich insgesamt voll in seine Aufgabe hineinkniete, sie nicht nur als Pflichtaufgabe betrachtete. Und da passt hinein, dass er sich über seine Lehrgangs-Endnote von "nur" 2,7 ärgerte. "Es gab viele Diskussionen über´s Bewertungssystem, und eigentlich hätte ich eine 2,0 verdient gehabt."
Während dieser drei Monate konnte er fast nicht trainieren, nur der normale Dienstsport war angesagt. "Ich habe zwar anfangs abends noch ein bisschen mehr gemacht, aus Spaß, und um mich fit zu halten. Doch je näher die Prüfungen und die Abschlussübungen kamen, desto weniger Zeit hatte ich dafür. Aber vor allem vom Kopf her bin ich mal weggekommen vom Hochleistungssport." Jetzt, so sagt er, sei er wieder so richtig heiß aufs Kugelstoßen. "Das heißt nicht, dass ich es vorher nicht war, aber sonst ist man eben auf einer Schiene, auf der immer nur der Leistungsgedanke zählt."
Kurze Hallensaison
Im Januar schob er noch einen Lehrgang nach, den Sportleiterlehrgang für die Bundeswehr. "Das kann ich übertragen lassen als C-Trainer-Lizenz." Nun konnte er nebenher wieder mehr trainieren, auch die Schnellkraft schulen. Und aus der sehr kurzen Vorbereitung entsprangen sogar noch drei Wettkämpfe. Mit 19,52 Metern schaffte er dabei sein Winterziel, die Hallen-DM und die Hallen-EM ließ er planmäßig aus.
Danach folgte im Schweizer Leukerbad auf 2500 Metern Höhe ein Trainingslager, dort schulte er die allgemeine Ausdauer, vor allem im Skilanglauf, und legte die physiologischen Grundlagen für die folgende allgemeine Kraftausbildung zuhause in Neubrandenburg, der Kraftspitze im brandenburgischen Kienbaum und der Stoßspitze im warmen Portugal. Und Ralf Bartels machte für ihn erstaunliche Erfahrungen.
Schnell nach oben
"Einige Kraftübungen fielen mir sehr leicht, und es ging auch schnell nach oben. Vielleicht lag das mit an der Pause, an der langen Ausdauerphase und auch daran, dass ich kleinere Wehwehchen komplett auskurieren und völlig verletzungsfrei in die neue Saison gehen konnte."
Optimistisch blickt der Neubrandenburger nach vorn. "In die nächsten Wettkämpfe gehe ich unbeschwert. Da werden sicher auch die 21 Meter fallen. Und mit solch einer Weite zählt man in Helsinki zu den Medaillenkandidaten." Der Gewinner der Bronzemedaille bei der EM 2002 von München würde diesem Edelmetall gern ein weiteres am 6. August in Helsinki hinzufügen.