Ralf Bartels spricht ein Machtwort
Am Rande der Kugelstoßanlage im Palais Omnisports von Paris-Bercy musste Ralf Bartels schließlich ein Machtwort sprechen. "David ist mir nach dem vierten Versuch ständig hinterhergelaufen und hat mir schon zum Sieg gratuliert. Irgendwann musste ich ihm mitteilen: So, das reicht jetzt", sagte der Neubrandenburger.
David, mit Nachnamen Storl, behielt allerdings recht und durfte dem neuen Hallen-Europameister wenig später auch offiziell die mächtige rechte Hand schütteln. Und gemeinsam mit ihm einen beeindruckenden deutschen Doppelsieg feiern.21,16 Meter und europäische Jahresbestleistung für den 33 Jahre alten Ralf Bartels, 20,75 Meter und Hallen-Hausrekord für Youngster David Storl: Das Duo war in Frankreich eine Klasse für sich.
Platzhirsch Ralf Bartels musste den Jungspund auf dem Weg zum Sieg allerdings ein zweites Mal zurechtweisen. Als dieser in der Schlussphase seine weitesten, allerdings ungültigen Versuche ablieferte, beschied Ralf Bartels erneut: "Reicht jetzt, David. Das Ergebnis ist gut so." Sagte es und sah die alte Hackordnung bestätigt.
Auf den Eiffelturm
Noch bei der Hallen-DM in Leipzig sechs Tage zuvor hatte Ralf Bartels gegen den fast 13 Jahre jüngeren David Storl eine empfindliche Niederlage kassiert, verkrampfte, als ihn David Storl im vierten Versuch übertroffen hatte. "Ich versuche oft, nicht nur gut zu stoßen, sondern etwas Besonderes zu schaffen. Diesmal habe ich mich nur darauf konzentriert, meine Trainingsleistungen zu bestätigen", sagte Ralf Bartels.
Der Lohn: Nach Gold bei der Freiluft-EM 2006 der zweite Titel, die achte internationale Medaille, zudem das Nachholen eines lange aufgeschobenen Besichtungstermins. "Jetzt geht es auf den Eiffelturm", kündigte Ralf Bartels an, "bei der Sommer-WM 2003 war mir die Schlange zu lang." Ohnehin ist ausgiebiges Sightseeing nicht seine Sache.
Wie ein Rolls-Royce
"Weit weg kann er nicht sein. Die Kugelstoßer sind ja nicht so gut zu Fuß", witzelte Sportdirektor Thomas Kurschilgen am Abend nach dem Wettkampf auf die Frage nach dem Verbleib von Koloss Ralf Bartels. Dessen aktuelles Kampfgewicht nach eigenen Angaben: "Wie die Motorleistung eines Rolls-Royce - enough."
David Storl, mit 122 Kilogramm bei 1,98 Metern Körpergröße für Kugelstoßer-Verhältnisse ein Schlaks, beteuerte derweil, "absolut zufrieden" zu sein: "Silber - was will man mehr? Damit habe ich nur insgeheim geliebäugelt." Und doch ließ der ehrgeizige Youngster durchblicken, dass mehr möglich gewesen wäre: "Meine ungültigen Versuche waren die weitesten. Aber die werde ich dann im Sommer auch noch hinbekommen." Die WM in Daegu (27. August bis 4. September) ist das erklärte Ziel von David Storl.
Faszinierender Bengel
Dort vorne mitzumischen, wäre die logische Fortsetzung seiner Karriere: U18-Weltmeister 2007, U20-Weltmeister 2008, U20-Europameister 2009, nun die erste internationale Medaille bei den Männern - David Storl ist ein Ausnahmetalent, über das Ex-Weltrekordler Udo Beyer sagt, er sei "fasziniert von diesem Bengel".
Dieser freut sich nun auf ein paar freie Tage: "Bis Dezember hatte mich Pfeiffersches Drüsenfieber lahmgelegt - da konnte ich noch nicht ahnen, dass meine Hallensaison so lange dauert."
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)