Ralf Bartels - Vertrauen rechtfertigen
Mit der Nominierung von Kugelstoßer Ralf Bartels für die Olympischen Spiele (3. bis 12. August) hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sein Vertrauen in einen der erfahrensten und erfolgreichsten deutschen Leichtathleten gezeigt. Dieses Vertrauen will der 34-Jährige in London (Großbritannien) zurückzahlen.
Knieoperation und Zwangspause zum Trotz - Ralf Bartels hat seinen Humor nicht verloren. „Diesmal bin ich schon vor Olympia verletzt gewesen“, meint er schmunzelnd in Anspielung an die Olympischen Spiele 2008, als er erst kurz vor Beginn der Wettkämpfe in Peking (China) nach einer Wadenverletzung die Heimreise antreten musste. In diesem Jahr war es ein abgerissenes Knorpelteil im Knie, das den Neubrandenburger beinahe vom Ziel Olympische Spiele abbrachte.„Die letzten Spiele“ seiner jetzt schon fast 22 Jahre währenden Karriere als Sportler hingen an einem seidenen Faden. Denn auch nachdem er wieder in das Wettkampfgeschehen eingreifen konnte, gelang ihm im nordhessischen Frankenberg kein Stoß auf oder über die geforderte Norm von 20,50 Meter.
Doch die Nominierungskommission des Deutschen Olympischen Sportbunds berief ihn, ebenso wie die „Härtefälle“ Hochspringerin Ariane Friedrich (LG Eintracht Frankfurt) und Speerwerfer Matthias de Zordo (SV schlau.com Saar 05 Saarbrücken), in das Aufgebot.
Froh über DOSB-Entscheidung
„Ich bin unwahrscheinlich froh, dass der DOSB dem Härtefallantrag stattgegeben hat. Dieses Vertrauen möchte ich natürlich rechtfertigen“, sagt Ralf Bartels, dessen erstes Ziel es ist, die Qualifikation am 3. August für das Finale zu überstehen. Im Endkampf will er dann den Sprung unter die besten Acht der Welt schaffen.
Die Verletzung ist auskuriert und der Leistungsunterschied zwischen linker und rechter Wade, der nach der Operation bei 40 Prozent lag, hat sich mittlerweile auf rund zehn Prozent verringert. Durch spezielle Trainingsmaßnahmen sollen noch die letzten Unterschiede ausgeglichen werden.
Kein Ziehvater
Es ist für Ralf Bartels also Kopfsache wieder an seine vertrauten Weiten heranzukommen. Beim Kugelstoß-Meeting im oberschwäbischen Biberach hat er einen ersten Schritt in die richtige Richtung unternommen. Nach durchwachsenen Versuchen konnte er im letzten Stoß die 20-Meter-Marke punktgenau knacken.
An seiner Seite in London wird David Storl (LAC Erdgas Chemnitz) sein, der mehr als zwölf Jahre jüngere Welt- und Europameister und Mitfavorit bei Olympia. „Es ist immer gut, wenn man einen Mannschaftskollegen dabei hat, das gibt eine gewisse Ruhe. Ich habe ihm in ein, zwei Momenten seiner Karriere beiseite stehen können“, meint Ralf Bartels, der sich aber nicht als „sportlicher Ziehvater“ von David Storl sehen will.
Abschiedstournee 2013
Statt Ziehvater ist Ralf Bartels seit diesem Jahr ein richtiger Vater. Tochter Friedericke ist der Stolz des Hallen-Europameisters mit der „wir es von Anfang an leicht gehabt haben, da sie kein Schreikind ist“. Unterwegs bei Wettkämpfen oder im Trainingslager erreicht ihn jeden Tag ein Schnappschuss und wenn sie seine Stimme hört, freut sie sich, wie er mit einem Lachen erzählt.
An Ralf Bartels selber darf sich die deutsche Leichtathletik noch ein Jahr erfreuen, denn nach den Olympischen Spielen soll nicht Schluss sein. Eine „kleine Abschiedstournee“ soll im nächsten Jahr folgen mit dem Höhepunkt Weltmeisterschaften, wo der gebürtige Stavenhagener am liebsten zusammen mit seinen Nachfolgern David Storl, Marco Schmidt (VfL Sindelfingen) und Candy Bauer (LV 90 Erzgebirge) ein letztes Mal die deutsche Erfolgsdisziplin Kugelstoßen international vertreten möchte.