| Interview

Raphael Holzdeppe: "Ich will DM-Titel und WM-Gold holen"

Nach seinem WM-Sieg 2013 und der Silbermedaille von 2015 in Peking liegt ein verkorkstes Jahr 2016 hinter Stabhochspringer Raphael Holzdeppe vom LAZ Zweibrücken. 2017 soll wieder erfolgreich werden, auch wenn der bisherige Saisonverlauf einer Achterbahnfahrt gleicht. 5,80 Metern in Hof ließ der 27-Jährige 5,52 Meter in Paris folgen. Heute Abend tritt er in Lausanne an, am Sonntag will er in Erfurt Deutscher Meister werden. Im Interview erklärt er seinen bisherigen Saisonverlauf und wie er in London zum zweiten Mal Weltmeister werden will.
Christian Ermert

Raphael Holzdeppe, in Hof scheint der Knoten bei Ihnen endlich wieder geplatzt zu sein. Warum hat es 2017 im Freien recht lange gedauert, bis die 5,80 Meter da standen?

Raphael Holzdeppe:

Es gab in den vergangenen Monaten einfach zu viele Störfaktoren. Erst ist mir ein Stab gebrochen, danach habe ich das Stabmaterial gewechselt – von Karbon zu Glasfaser. Und dann war ich auch noch krank mit Fieber. Deshalb dauert es in diesem Jahr irgendwie länger, bis alles so funktioniert wie vor diesen Störfaktoren.

Ein Stabbruch muss ja ein dramatisches Erlebnis sein. Ist ein Absturz aus großer Höhe für einen Profi-Springer ein so einschneidendes Erlebnis, wie man sich das als Laie vorstellt?

Raphael Holzdeppe:

Schon, als Stabhochspringer musst du dich zu 100 Prozent auf dein Material verlassen können. In meinem Kopf dürfen keine Gedanken daran sein, dass irgendetwas passieren könnte. Wenn dann der Stab doch einmal bricht, ist dieses Vertrauen natürlich angekratzt. Und als im Winter dann auch bei anderen Springern mehrere Stäbe von der gleichen Marke gebrochen sind, habe ich angefangen an meinem Material zu zweifeln. Deshalb bin ich auf Stäbe eines anderen Herstellers umgestiegen. Danach hat es ein wenig gedauert, bis mir mit dem neuen Material die gleichen Sprünge gelungen sind wie vorher.

Wie oft kommt so ein Stabbruch eigentlich vor?

Raphael Holzdeppe:

Das passiert eigentlich nur bei Stäben, die Vorbeschädigungen aufweisen. Oder sie haben Fertigungsfehler, aber dann brechen sie meistens direkt beim ersten Sprung. Ein gut gepflegter Stab ohne Materialfehler ist eigentlich unverwüstlich. Bei uns im Verein sind manche Stäbe 20 Jahre alt, die kann man ohne Bedenken springen.

Mit den Deutschen Meisterschaften in Erfurt steht am Wochenende einer der wichtigsten Wettkämpfe des Jahres an …

Raphael Holzdeppe:

… ja, und darauf freue ich mich.

Mit welchen Erwartungen starten Sie in die Titelkämpfe?

Raphael Holzdeppe:

Ich will natürlich gewinnen. Was die Höhe angeht, muss man mal abwarten, wie die Bedingungen sein werden. Diesen Sommer haben Wind und Wetter außer in Hof bisher selten mitgespielt.

Bis zu den Weltmeisterschaften in London sind es jetzt noch gut vier Wochen. Bei wie viel Prozent Ihres Leistungsvermögens sind Sie jetzt angekommen?

Raphael Holzdeppe:

Ich würde sagen, bei 90 Prozent. Die letzten zehn Prozent will ich zusammen mit meinem Trainer in der letzten Trainings- und Wettkampfphase vor London herauskitzeln. Bislang springe ich ja noch nicht aus dem vollen Anlauf. Das sind bei mir 18 Schritte, so ungefähr 40 Meter. Im Moment laufe ich noch zwei Schritte weniger an. Das bedeutet, dass ich noch nicht mit höchstem Tempo abspringe. Mit vollem Anlauf sind sicher noch ein paar Zentimeter mehr drin.

Mit 27 Jahren sind Sie eigentlich noch richtig jung. Aber für einen Leichtathletik-Profi in diesem Alter haben Sie schon sehr viel erlebt. Sie standen schon 2008 im Olympiafinale von Peking – damals an der Seite von Danny Ecker und Tim Lobinger. Davor waren sie der beste jugendliche Stabhochspringer der Welt. Macht so eine lange Zeit im Profisport nicht auch müde?

Raphael Holzdeppe:

Müde macht das gar nicht. Der Unterschied ist, dass man seinen Körper besser kennt und weiß, was man weglassen muss, um Verletzungen zu vermeiden. Ich habe immer noch genauso viel Spaß am Springen wie am Anfang, gehe noch genauso gern zum Training und powere mich aus wie vor zehn Jahren. Da hat sich gar nichts geändert.

Ist die aktuelle Phase Ihrer Karriere besonders wichtig?

Raphael Holzdeppe:

Ja klar, mit den Weltmeisterschaften in London und den Heim-Europameisterschaften in Berlin nächstes Jahr stehen zwei ganz große Ereignisse an. Für mich ist Berlin besonders wichtig. 2009 habe ich ja die Qualifikation für die WM in Berlin wegen einer Verletzung in der Vorbereitung verpasst. Umso mehr freue ich mich, noch mal die Chance zu haben, bei einem internationalen Höhepunkt vor eigenem Publikum anzutreten. Und Olympia in Tokio lockt ja auch in drei Jahren schon wieder.

Haben Sie schon ein konkretes Ziel für die WM in London?

Raphael Holzdeppe:

Ich will gewinnen. Auch wenn die internationale Konkurrenz sehr stark ist. Mit Sam Kendricks aus den USA haben wir einen neuen Sechs-Meter-Springer und hinter ihm folgen sechs mit Höhen über 5,80 Meter. Für eine Medaille muss man in London sicher 5,85 oder 5,90 Meter springen. Wer gewinnen will, muss auf jeden Fall ein Sechs-Meter-Niveau haben. Ob man die dann auch springen muss, lässt sich aber nicht vorhersagen. Mein Ziel ist es jedenfalls, mit einer Form anzureisen, die es mir erlaubt, um den Titel zu springen.

Nach Ihrem WM-Sieg 2013 in Moskau sind Sie nach München gezogen, aber schon bald wieder ins kleine rheinland-pfälzische Zweibrücken zurückgekehrt. Warum sind Sie damals nicht in der bayerischen Metropole geblieben?

Raphael Holzdeppe:

Ein Grund war sicher auch, dass ich in dieser Zeit mit meiner Freundin zusammengekommen bin, die in Zweibrücken gewohnt hat. Mittlerweile sind wir verlobt. Damals war es einfach zu viel Reiserei. Und das Training vor Ort bei Andrei Tivontchik tut mir auch gut.

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