Die Sicht der Dinge - von Annelie Schrader
Feuertaufe für den DLV und die besten deutschen Mehrkämpfer! Am vergangenen Wochenende wurden in Halle erstmals Deutsche Mehrkampf-Meisterschaften unter dem Hallendach ausgetragen.
Für Stefan Drews war die Hallenpremiere der Mehrkämpfer von Erfolg gekrönt (Foto: Schröder)
Bisher waren der Fünfkampf der Frauen und der Siebenkampf der Männer nicht in das Meisterschaftsprogramm des DLV integriert. Die Athleten starteten also entweder in einer ihrer Paradedisziplinen und ärgerten damit so manchen Spezialisten, oder sie nutzten eines der wenigen Wettkampfangebote im Mehrkampf, um sich für Europa- oder Weltmeisterschaften zu empfehlen. Viele der Athleten verzichteten auch ganz auf die Hallensaison und richteten ihre Vorbereitungen ganz auf den Sommer aus.In diesem Jahr sollten nun die Topathleten unter den Mehrkämpfern durch die Vergabe von Titeln aus ihrem "Winterschlaf" geweckt werden. Die Männer und Frauen machten am vergangenen Wochenende in Halle/Saale den Anfang, bevor am 8. und 9. Februar die Jugendlichen in Neubrandenburg nachlegen müssen.
Deutsche Topathleten mit von der Partie
Mit Sonja Kesselschläger, Mike Maczey und Sebastian Knabe führten drei der deutschen EM-Teilnehmer aus dem letzten Jahr das Feld der insgesamt 33 Starter an. Doch nur Sonja Kesselschläger konnte ihrer Favoritenrolle vollständig gerecht werden. Die Neubrandenburgerin gewann mit mehr als 100 Punkten Vorsprung souverän den Titel vor der Chemnitzerin Katja Keller und kann sich jetzt berechtigte Hoffnungen machen, bei den Hallenweltmeisterschaften in Birmingham starten zu dürfen.
Um das WM- Ticket wollte auch der Europameisterschaftssechste von München, Mike Maczey, kämpfen. Er konnte jedoch nicht in allen Disziplinen überzeugen und musste sich hinter dem siegreichen Stefan Drews und dem Leverkusener Weitsprungspezialisten Nils Winter mit Bronze begnügen.
DM steckt noch in "Kinderschuhen"
Trotz einiger guter Leistungen der Athleten und der guten Organisation durch den örtlichen Ausrichter, mochte in der Sporthalle Brandberge wegen des geringen Zuschauerinteresses keine richtige Meisterschaftsstimmung aufkommen.
Auch der DLV-Einladungswettkampf im Kugelstoßen der Frauen, den Astrid Kumbernuss mit 18,85 Meter für sich entscheiden konnte, lockte nicht viele Zuschauer in die Halle, so dass man sich für die Zukunft überlegen muss, wie man die Veranstaltung attraktiver gestalten kann.
Dabei sollte es vor allem das Ziel sein, die Teilnehmerzahl zu erhöhen. Nur 33 Athleten waren am Wochenende in Halle aktiv. Da die Frauen erst am Sonntag in die Veranstaltung einstiegen, sah man am ersten Wettkampftag lediglich 18 Mehrkämpfer auf der Tartanbahn in Aktion. Ähnlich wird es bei den Deutschen Meisterschaften der Jugendlichen am nächsten Wochenende in Neubrandenburg aussehen, denn auch hier werden nur 45 Starter erwartet.
Denkbar wäre es zum Beispiel, die Wettkämpfe der Jugendlichen und Erwachsenen an einem Wochenende durchzuführen. "Dabei muss man allerdings über die Disziplinenreihenfolge nachdenken", gab Bundestrainer Klaus Baarck zu bedenken, denn durch das größere Teilnehmerfeld würde es zum Beispiel beim Stabhochsprung zu Problemen im Wettkampfverlauf kommen.
Mehr Rahmenwettbewerbe?
Das Integrieren von Rahmenwettbewerben, wie zum Beispiel Staffelmeisterschaften, könnte mehr Publikum in die Halle locken und damit auch den Mehrkämpfern zu besserer Lobby unter dem Hallendach verhelfen.
In jedem Fall soll auch im nächsten Jahr an der Idee der Deutschen Mehrkampfmeisterschaften in der Halle festgehalten werden. Das Interesse der Athleten dürfte geweckt worden sein, jetzt müssen die Rahmenbedingungen für eine solche Veranstaltung verbessert werden, damit man auch im nächsten Jahr wieder erfolgreich auf Punktejagd gehen kann.
Annelie Schrader, freie Mitarbeiterin von leichtathletik.de und früher des Leichtathletik-Online-Magazins "steeple.de", ist selbst Mehrkämpferin und war 2001 Juniorenmeisterin im Siebenkampf.
In unregelmäßigen Abständen äußern sich auf leichtathletik.de Insider, Funktionäre, Journalisten, Athleten oder andere Experten, die eng mit der Leichtathletik verbunden sind, meinungsfrei und unabhängig von der Redaktion und dem DLV zu ihrer "Sicht der Dinge".