Ratingen - Von Disziplin zu Disziplin (Tag 2)
In Ratingen geht's am Wochenende ums Ganze: Wer fährt zur WM nach Moskau (Russland; 10. bis 18. August)? Wer springt auf den Zug zur U23-EM nach Tampere (Finnland; 11. bis 14. Juli) auf? leichtathletik.de ist für Sie vor Ort und berichtet aktuell und von Disziplin zu Disziplin vom Zehnkampf und vom Siebenkampf.

Siebenkampf
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Tag 1
ZEHNKAMPF |
1.500 Meter
Am Ende bewies der Europameister noch einmal sein Kämpferherz: Auf den ungeliebten 1.500 Metern rannte Pascal Behrenbruch zu einer neuen Bestzeit von 4:30,26 Minuten und kam damit als erster der WM-Kandidaten ins Ziel. 8.514 Punkte standen für ihn nach zehn Disziplinen zu Buche – so gut war in diesem Jahr weltweit noch kein Zehnkämpfer, und auch Pascal Behrenbruch selbst sammelte nur bei seinem EM-Titel im Vorjahr mehr Punkte.
Die nächste Glanzleistung des Wochenendes ging auf das Konto von Rico Freimuth, der seinen Rückenschmerzen trotzte und den Zehnkampf mit starken 8.488 Punkten zu Ende brachte. Nur aufgrund der Windböe, die seinen 100-Meter-Lauf verblies, wird die Leistung nicht Eingang in die Bestenlisten finden. Ihm kann’s egal sein, denn mit dem Eindruck, den er in Ratingen hinterlassen hat, kann er trotzdem mit dem Ticket nach Moskau rechnen. Das Trio für die WM wird aller Voraussicht nach sein Mitbewohner Michael Schrader vervollständigen, der in Ratingen als Zuschauer mitfiebert und mit seinen 8.427 Punkten drittbester Deutscher des Jahres ist.
Auch Jan Felix Knobel und Kai Kazmirek erzielten mit 8.396 und 8.350 Punkten Leistungen jenseits ihrer Bestmarken, auch sie hatten allerdings im Durschnitt mehr als 2,0 Meter pro Sekunden Rückenwind und damit zu viel Unterstützung von hinten. Matthias Prey (SC Rönnau 74) gelang mit seinem ersten 8.000er und regulären 8.215 Punkten ein riesiger Satz nach vorne. Ebenso viele Punkte sammelte der Südafrikaner Willem Coertzen, der vor Prey auf Platz fünf einkam.
Video: Pascal Behrenbruch verteidigt Zehnkampf-Thron
Video-Interview: Pascal Behrenbruch: "Da ist noch Potenzial"
Speerwurf
Zweimal ging der Finger von Jan Felix Knobel in die Höhe, zweimal landete sein Speer jenseits der 70-Meter-Marke. Mit einem Ergebnis von starken 71,61 Metern schnappte er seinem Frankfurter Vereinskollegen Pascal Behrenbruch den Meetingrekord weg und schob sich an Position eins der Gesamtwertung.
Diese ist jedoch denkbar knapp, denn die ersten drei Zehnkämpfer trennen nur 16 Punkte. Rico Freimuth schleuderte den Speer auf für ihn gute 57,61 Meter - weiter als bei seinem bisher besten Zehnkampf. Damit geht er 13 Punkte hinter Jan Felix Knobel auf Rang zwei in die abschließenden 1.500 Meter. Pascal Behrenbruch blieb mit 67,59 Metern zwar etwas unter seinem Leistungsvermögen. Doch er zählt zu den stärkeren Läufern und kann in der letzten Disziplin nach wie vor den Sieg holen.
Video: Fingerzeig von Jan Felix Knobel
Stabhochsprung
Pascal Behrenbruch konnte zum zweiten Mal nach seinem EM-Sieg in Helsinki (Finnland) die fünf Meter überqueren. Entsprechend groß war der Jubel – sogar eine weitere Steigerung war nicht ausgeschlossen, blieb dann aber aus. Sein Frankfurter Vereinskollege Jan Felix Knobel flog ebenfalls über die Fünf-Meter-Marke, beide sammelten damit 910 Punkte und reihten sich in der Gesamtwertung auf Platz drei (Behrenbruch: 6.918) und vier (Knobel: 6873) ein.
Seine Führung in der Gesamtwertung konnte Rico Freimuth verteidigen. Für ihn gingen 4,80 Meter in die Ergebnislisten ein, das waren zwar zehn Zentimeter weniger als bei seinem bis dato besten Zehnkampf, aber immer noch ein gutes Resultate für den Hallenser, der in sieben Disziplinen 7.072 Punkte sammelte.
Die schönsten Flüge über die Stabhochsprung-Latte bot aber Kai Kazmirek. Mit 5,10 Metern steigerte er seine Bestleistung um fünf Zentimeter. Wer seine Sprünge gesehen hat weiß: Das geht noch höher – beim nächsten Mal vielleicht. Der 22-Jährige führte seinen starken Zehnkampf somit unbeirrt fort und liegt mit 7.018 Punkten vor dem Speerwurf auf Rang zwei.
Auf Anlage B sorgte Maximilian Gilde (LG Hannover) für beste Unterhaltung, als er seine Bestleistung um 15 Zentimeter auf 4,80 Meter steigerte. Dieselbe Höhe nahm bei seinem Unternehmen U23-EM-Norm auch Mathias Brugger (SSV Ulm 1846). Dann verletzte er sich jedoch am Oberschenkel, sodass er den Stabhochsprung-Wettbewerb abbrechen musste.
Video: Kai Kazmirek auf Höhenflug in Ratingen
Diskuswurf
Und weiter geht’s! Auch im Diskuswurf gaben sich die deutschen Zehnkämpfer keine Blöße. Der einzige 50-Meter-Wurf der Konkurrenz gelang Matthias Prey (SC Rönnau 74), der mit 50,63 Metern nur knapp unter Bestleistung blieb und für seinen ersten 8.000er-Zehnkampf weiter fleißig Punkte sammelt.
Mit starken Würfen setzten auch die Top-Favoriten ihren Kurs in Richtung 8.400 Punkte fort. Der Führende Rico Freimuth konnte seinen Rücken schonen und musste für seinen Wurf auf 49,03 Meter nur einmal in den Ring steigen. Pascal Behrenbruch schob sich mit 48,25 Metern auf Rang drei nach vorne, Jan Felix Knobel schleuderte in Runde drei den Diskus auf 49,21 Meter und ist damit auf Platz vier in Schlagweite zur Spitze.
Den größten Leistungssprung machte allerdings Kai Kazmirek. Der Deutsche Meister setzte seinen starken Wettkampf mit neuer Bestleistung von 44,69 Metern fort. In der Gesamtwertung liegt er derzeit mehr als 250 Punkte über seinem bis dato besten Zehnkampf, der er im Vorjahr in Marburg mit 8.130 Punkten beendete – allerdings bei regulären Windbedingungen.
Video: Matthias Prey wirft über 50 Meter
110 Meter Hürden
Die heiße Dusche am Vorabend hat geholfen: Rico Freimuth (Hallesche Leichtathletik-Freunde) hat am Sonntagmorgen die nächste schnelle Zeit auf die Bahn gezaubert: In 13,85 Sekunden stürmte er vorweg und blieb nur sechs Hundertstel über Bestleistung. „Nach dem Hochsprung gestern hatte ich schon arge Probleme. Aber der heiße Strahl auf den Rücken tat gut“, sagte er zu seinem Regenerationsprogramm. „Jetzt geht’s mir schon deutlich besser.“
Mit seiner Hürdenleistung schob er sich vorbei an Kai Kazmirek auf Rang eins der Zwischenwertung. Einziger Wermutstropfen: Nach Rückenwind über 100 Meter und im Weitsprung blies nun auch über 110 Meter Hürden der Wind mit 0,9 Metern pro Sekunde von hinten. Ein Durchschnittswert von 2,0 Metern pro Sekunden ist überschritten, die Gesamtleistung im Zehnkampf damit nicht mehr bestenlistenfähig.
Anders sieht es aus bei Pascal Behrenbruch: Der Frankfurter ist der einzige der Top-Zehnkämpfer, dessen bester Weitsprung-Satz nicht von Rückenwind unterstützt war. Nach 0,9 Metern pro Sekunde Rückenwind über die Hürden kann er nun eine reguläre Zehnkampf-Leistung anpeilen. Seine Hürden-Zeit: starke 14,17 Sekunden. Damit macht er in der Gesamtwertung weiter Boden gut. Kai Kazmirek rannte 14,36 Sekunden, Jan Felix Knobel stellte mit 14,59 Sekunden seine Bestleistung ein – es ging also schon gleich gut weiter in Ratingen!
Video: Rico Freimuth stürmt vorne weg
SIEBENKAMPF |
Zum Abschluss des Tages drehten alle deutschen Siebenkämpferinnen noch einmal mächtig auf, und das wurde schließlich mit drei WM-Normen und zahlreichen Bestleistungen belohnt. Vorne weg stürmte Claudia Rath, gefolgt von der Norwegerin Ida Marcussen. Auf der Zielgerade war sogar noch Kraft für einen Schlussspurt, den Claudia Rath in Bestzeit von 2:08,68 Minuten für sich entschied. Der Lohn: ein Gesamtergebnis von 6.317 Punkten und die Qualifikation für die WM in Moskau.
Julia Mächtig und Kira Biesenbach machten als Verfolger des Spitzenduos gemeinsame Sache. Biesenbach legte nach 500 Metern noch einmal einen Zahn zu, Mächtig folgte, und beide rannten schließlich in 2:14,32 und 2:14,12 Minuten zu neuen Bestleistungen und neuen Hausrekorden im Siebenkampf. Julia Mächtig setzte sich mit starken 6.430 Punkten gar an die Spitze der Welt, Kira Biesenbach ließ mit 6.185 Punkten nur drei Wochen nach Götzis das nächste Ausrufungszeichen folgen. Auch Ida Marcussen darf nach Platz vier und 6.140 Punkten mit Moskau liebäugeln.
Ihren Startplatz für die U23-EM in Tampere hat die Frankfurterin Carolin Schäfer nach 5.972 Punkten sicher, hinter ihr stellte die Leverkusenerin Anna Maiwald mit 5.863 Punkten eine neue Bestleistung auf. Über eine Bestleistung jubelte auch Alina Biesenbach (5.767), die damit auf den letzten Drücker auf den Zug nach Tampere aufgesprungen ist.
Video: Drei Siebenkämpferinnen nach Moskau
Speerwurf
Julia Mächtig musste nur einmal Anlauf nehmen, dann hatte sie den ersten 50-Meter-Wurf ihrer Karriere in der Tasche: Auf starke 51,58 Meter flog der Speer, da konnte sie beruhigt ihre Sachen packen – mehr wäre nicht drin gewesen, Schonen für die 800 Meter lautete da die Devise. Mit ihrer Speerwurf-Leistung liegt die Neubrandenburgerin vor der abschließenden Disziplin in Führung und deutlich auf Bestleistungs-Kurs.
Auch Claudia Rath, ohnehin stark über die 800 Meter, muss nur die zwei Stadionrunden solide über die Bühne bringen, dann kann sie ebenfalls eine neue Siebenkampf-Bestleistung mit nach Hause nehmen. Im Speerwurf kam sie auf 40,30 Meter, 40 Meter hatte sie sich vorgenommen, also alles im Soll.
Kira Biesenbach hatte vor der Disziplin Wetten zu ihrem Resultat abgeschlossen. Die 40 stand bei ihr noch nie vor dem Komma, die hatte sie sich gewünscht und wohl im Freundeskreis auch angekündigt. Aber der Speer blieb schon bei 36,53 Metern stecken. Mit der Norm für Moskau (6.150) wird es knapp, da muss über 800 Meter eine neue Bestleistung her - aber für Überraschungen war sie ja zuletzt immer gut. Für die Frankfurterin Carolin Schäfer (46,41 m) könnte es in der Gesamtwertung zu 6.000 Punkten reichen. Sara Gambetta hat nach dem Weitsprung den Siebenkampf beendet.
Video: Julia Mächtig knackt die 50-Meter-Marke
Weitsprung
Claudia Rath (LG Eintracht Frankfurt) hatte den ersten Tag als beste Hürdensprinterin begonnen, nun legte sie auch an Tag zwei vor: Im Weitsprung flog sie in Runde drei auf die neue persönliche Bestweite von 6,50 Metern. „Im Winter hatte ich im Weitsprung ein Loch, da kam ich kaum über 6,20 Meter hinaus. Aus dem Loch bin ich jetzt endlich raus!“ jubelte sie im Anschluss. Ihre Siebenkampf-Bestleistung von 6.210 Punkten ist in Gefahr.
Kira Biesenbach musste zittern. Erst im dritten Anlauf gelang ihr mit 6,42 Metern ein weiter Satz, der sie bis auf zwei Zentimeter an ihre Bestmarke aus Götzis heranbrachte. „Nach 6,06 Metern und dem abgebrochenen zweiten Sprung war ich doch ganz schön aufgeregt“, sagte die 20-Jährige, „aber zum Glück ging es dann!“ Noch immer ist die WM-Norm von 6.150 Punkten für sie in Reichweite – wie auch für Julia Mächtig, die bei 6,31 Metern landete und als starke Speerwerferin in der nächsten Disziplin punkten kann.
Nicht mehr im Wettkampf dabei ist die Hannoveranerin Maren Schwerdtner. Nach einem Versuch im Kugelstoßen hatte sie sich bereits am Vortag vor den 200 Metern aus dem Feld verabschiedet. „Seitdem liege ich mit Grippe im Bett und hadere mit meinem Schicksal. Es hat nicht sein sollen!“ erklärte sie am Sonntag auf Facebook.
Video: Claudia Rath mit weitestem Sprung
Video-Interview: Claudia Rath: "Hatte im Winter ein Loch"
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