Raúl Spank ist auf dem Sprung zurück
Nachdem er wegen einer Verletzung schon die Olympischen Spiele 2012 in London verpasst hatte, war Hochspringer Raúl Spank (Dresdener SC) auch im WM-Sommer 2013 zum Zuschauen verdammt. Anstatt nach Moskau ging es wegen anhaltender Knieprobleme auf den OP-Tisch. In der kommenden Saison will der 25-Jährige nun wieder angreifen – mit neuem Trainer, neuem Verein und neuer Motivation.
In dieser Woche wird‘s ernst für Raúl Spank. Im Sportforum Hohenschönhausen in Berlin wird sich der 25-Jährige zum ersten Mal seit einem dreiviertel Jahr wieder über eine Hochsprunglatte wagen. „Mehr als 1,80 Meter werden wir aber bestimmt nicht auflegen“, sagt Spank. Er sieht der Trainingseinheit mit einer Mischung aus Vorfreude und Respekt entgegen. „Natürlich weiß ich eigentlich, wie man hochspringt, aber nach so langer Pause muss man das auch erst einmal wieder auf die Reihe kriegen.“Beim Trainingslager im November in Südafrika waren Sprünge über die Latte noch ausgespart worden. Dreieinhalb Wochen verbrachte Raúl Spank am Kap, gemeinsam mit seinem neuen Trainer Rainer Pottel und den Zehnkämpfern Michael Schrader, Rico Freimuth, Kai Kazmirek und Matthias Prey. Auf dem Programm standen vor allem allgemeines Grundlagentraining und Kärftigung für Bauch und Rücken.
„Wir hatten richtig gutes Wetter, meine derzeitige Hautfarbe spricht glaube ich für sich“, erzählt der Olympia-Fünfte von 2008. Die Bedingungen seien optimal gewesen, um nach so langer Verletzungspause wieder ins Training zurückzukehren: „Bei Sonnenschein flutscht es einfach besser als bei grauem Novemberwetter.“
Risse in zwei Sehnen
In den vergangenen zwei Jahren war bei Raúl Spank nur wenig „geflutscht“. Verletzungen hatten den 2,33-Meter-Springer immer wieder zum Zuschauen verdammt. Die Schmerzen im Knie hatten Spank schon seit November 2011 begleitet. Doch er biss auf die Zähne und schaffte im Winter 2012 bei der Hallen-DM in Karlsruhe mit 2,32 Metern sogar noch einmal eine neue Hallenbestleistung. Der Traum von den Olympischen Spielen in London (Großbritannien) platzte jedoch, nachdem Ärzte im Sommer des vergangenen Jahres zunächst einen Längsriss der rechten Achillessehne diagnostizierten und später außerdem einen Einriss der Patellasehne im linken Knie entdeckten.
2013 war ihm das Glück erneut nicht hold: Die Schmerzen wurden nicht weniger – im Gegenteil, denn nun tat es auch im Alltag weh. Anfang Juni sagte Spank seine Saison wegen anhaltender Knieprobleme ab. Die WM in Moskau (Russland) fand ohne ihn statt, stattdessen ging es auf den OP-Tisch.
Den Neuanfang wagt der Hochspringer nun in einem völlig neuen Umfeld. Nach acht Jahren hat er die Zusammenarbeit mit Trainer Jörg Elbe beendet. Sein neuer Coach ist Rainer Pottel, der 2001 Martin Buß zum WM-Titel führte. „Das hat bei meiner Entscheidung auch eine Rolle gespielt. Ich habe einen erfahrenen Trainer gesucht und wollte keine Experimente eingehen“, sagt Spank. Anfang Oktober ist er in eine neue Wohnung nach Berlin gezogen, nur ein paar hundert Meter vom Sportforum Hohenschönhausen entfernt. Künftig startet der sechsmalige Deutsche Meister (je dreimal in der Halle und im Freien) für die LG Nord Berlin.
Zurück zu Stätte des größten Erfolgs
Berlin war 2009 auch die Stätte von Raúl Spanks größtem Erfolg gewesen. Bei der Heim-WM im Olympiastadion gewann der Sachse mit 2,32 Metern die Bronzemedaille hinter den höhengleichen Jaroslav Rybakov (Russland) und Kyriakos Ioannou (Zypern). Nur acht Tage später schraubte er seine noch immer bestehende Bestleistung in Eberstadt auf 2,33 Meter. Mit Videos dieser Wettkämpfe sowie von seinem ersten Satz über 2,30 Meter 2008 in Garbsen schaffte es Spank auch, sich nach den beiden verkorksten letzten Jahren neu zu motivieren.
„Jede Verletzung ist wie eine Kerbe, die in der Seele steckenbleibt“, sagt er. Anfang des Jahres habe er keine Lust mehr aufs Hochspringen gehabt, „weil das Drecksknie bei jeder Bewegung weh getan hat“. Doch als er sich am heimischen Computer die Aufnahmen seiner Höhenflüge anschaute, kehrte die Motivation schnell zurück. Inzwischen schwärmt Raúl Spank wieder von diesem „Gefühl der Leichtigkeit, wenn man fliegt und die Latte liegenbleibt“.
Bis Januar will er entscheiden, ob er eine Hallensaison absolvieren wird oder nicht. Nach den Eindrücken in Südafrika sei die Wahrscheinlichkeit, dass man ihn auch im Winter auf einigen Wettkämpfen sehen wird, von 40 Prozent auf 60 Prozent gestiegen, so Spank. Ob sich allerdings sein Wunsch erfüllt, noch einmal in Arnstadt beim Hochsprung-Meeting mit Musik zu starten, ehe die traditionsreiche Veranstaltung nach 38 Auflagen eingestellt wird, ist fraglich: Das Meeting findet schon am 8. Februar statt – möglicherweise kommt es für den Neu-Berliner zu früh.
Wichtiger ist ohnehin die Freiluftsaison. Im Sommer will sich Spank für die EM in Zürich (Schweiz; 12. bis 17. August) qualifizieren und damit erstmals seit der Hallen-WM 2012, wo er Platz neun belegte, wieder an einem Großereignis teilnehmen. Die Norm von 2,28 Meter müsste drin sein, sagt er. Ob es zu noch mehr reicht, wird sich zeigen. Den deutschen Meistertitel 2014 hat Spank jedenfalls fest eingeplant: „Meinen Namen sehe ich am liebsten ganz oben.“
Quelle: leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift