Raul Spank - Keinen Respekt vor Höhe
Hoch gesteckte Ziele sind die Voraussetzung für einen erfolgreichen Leichtathleten. Der Dresdner Raul Spank nimmt diese Vorgabe gleich doppelt ernst. Denn "hoch" sind seine Ziele sowie Erfüllungen in der vergangenen Saison wirklich gewesen. So steigerte er in Peking (China) als Fünfter der Junioren-WM seine Bestleistung auf 2,23 Meter.

Raul Spank im Höhenrausch (Foto: Gantenberg)
"Ich bin selbst überrascht, wie erfolgreich die Saison verlaufen ist", sagt er rückblickend. Wirft man jedoch einen Blick auf die Zielstellung von Raul Spank (Dresdner SC) für das Jahr 2006 ist diese Überraschung schwerer nachzuvollziehen. Neben 2,20 Metern lautete das Motto, Top 6 in Peking, Deutscher A-Jugend-Meister sowie Platz eins bis drei bei den Deutschen Meisterschaften. Nach einer Bestleistung von 2,12 Metern aus 2005 klingen diese Zahlen recht selbstbewusst. Keine Existenz in der Halle
Der 18-Jährige zögerte aber dann doch nicht lange bei der Umsetzung. Dabei stand das Leichtathletik-Jahr 2006 für Raul Spank zunächst unter keinem guten Stern. Nach dem siebten Platz im Sommer zuvor bei der U18-WM in Marrakesch (Marokko; 2,11 m) folgte eine Zwangspause. "Ich existierte in der Halle nicht", beschreibt Raul Spank seine Auszeit von August bis Februar aufgrund eines Sehnenrisses im linken Sprungfuß. Für den Gegner von Operationen stand Auskurieren auf dem Trainingsplan. Dennoch begann sein Stern in der Freiluftsaison am Hochsprunghimmel zu leuchten.
Nach der Verbesserung seiner Bestleistung bei den Deutschen Meisterschaften auf 2,20 Meter und dem Gewinn der Bronzemedaille zeigte der aufgeschlossene Hochspringer auch in Peking eine bemerkenswerte Vorstellung. Trotz Schnupfen steigerte er sich um weitere drei Zentimeter auf beachtliche 2,23 Meter. Sein Kampfgeist brachte den fünften Platz.
Gebrochenes Handgelenk
Neben ständigem Niesen hatte Raul Spank mit einem weiteren Handicap bei seinem Höhenflug zu kämpfen. Nach einem Fahrradsturz am Tag vor der Abreise nach China musste sein schmerzender rechter Arm mit einem Verband unterstützt werden.
Zurück im heimatlichen Dresden stellte sich heraus, dass das Handgelenk gebrochen war. Lediglich mit dem zweiten Platz bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften hatte der ehrgeizige Schüler bei einer Zielvorgabe Abstriche hinzunehmen ("Der Wettkampf war einfach halbherzig").
Ohne Höhenangst hoch hinaus
Der Gips ist inzwischen ab und das anstrengende Aufbautraining läuft ohne Probleme. Nur nach einem missglückten Versuch beim Drachensteigen brachte ein umgeknickter Fuß eine kurze Pause. Die Flugversuche fanden in Zingst an der Ostsee statt, wo sich der Nachwuchsspringer gemeinsam mit Techniktrainer Jörg Elbe für die neue Saison vorbereite. Dieser betreut Raul seit Anfang 2005. Um die athletische Ausbildung kümmert sich Erika Falz ("Die Partnerschaft verläuft bisher sehr effektiv").
Angst vor Höhen in bisher unbekannten Bereichen besitzt die Sprunghoffnung keine. "Nicht lange fackeln und einfach springen", so sein Leitspruch. Der junge Sachse kennt keinen Stillstand und schüttelt den Kopf über Ratschläge, wonach er sich zunächst einmal im Bereich um 2,20 Meter stabilisieren sollte.
Medaille in Hengelo?
"Ich will immer mehr und sofort höher springen", umschreibt er seine bemerkenswert kühnen Pläne. Mit 2,27 Metern im Winter und 2,30 Metern im Freien will Raul Spank 2007 in Deutschland vorne mitmischen. "Schade ist allerdings, dass sich die Deutschen Meisterschaften und die U20-EM überschneiden, ich wäre gerne Deutscher Meister geworden", ein Fingerzeig an die deutsche Konkurrenz.
Somit beschränkt sich die Vorgabe auf den Gewinn einer Medaille in Hengolo (Niederlande). Entsprechende Reserven liegen in einem erhöhtem sprungspezifischem Training, denn seine Trainingsgruppe besteht aus Sprintern, was ihm auch eine Bestzeit über 200 Meter von 22,13 Sekunden einbrachte.
Beifall statt Drogen für den Rausch
Die bisherige beachtliche Leistung resultiert neben körperlichen Vermögen ("Ich mache zwar eine grottenschlechte Brücke, habe dafür einen guten Anlauf sowie Absprung") vor allem aus der Begeisterung während eines Wettkampfes. "Ich spiele gerne mit dem Publikum, nehme die Atmosphäre auf und motiviere mich so, alles aus mir heraus zu holen", beschreibt er seine vorhandenen Sympathiepunkte bei den Zuschauern. So schreit er seine Freude einfach aus sich heraus oder fordert unterstützende Anfeuerung. "Wenn ich meine lange Hose ausziehe, dann geht es los. Andere nehmen Drogen, ich brauche Beifall."
Dabei wäre er statt auf der Kunststoffbahn fast auf dem durch sie eingegrenzten Rasenplatz gelandet. Der unbekümmerte Raul Spank wollte unbedingt als Fußballer auf die Sportschule, bestand aber die Aufnahmeprüfung nicht. Sein Grundschullehrer brachte ihn dann zur Leichtathletik. Seit der fünften Klasse trainiert er nun schon am Dresdner Sportgymnasium.
Ununterbrochen reden
Die Schule bietet willkommene Abwechslung vom Trainingsalltag. Ein Leben ohne geistige Förderung ist für den Hochspringer unvorstellbar ("Ich hätte Angst zu verblöden"). Neben Computerspielen und Sport in allen Variationen ist dem heimatverbundenen Dresdner Entspannen mit der Freundin wichtig.
Er selbst beschreibt sich als pünktlich, diszipliniert und ordentlich. Neben Witzen kann Raul mit Vorliebe über Lästereien lachen. "Ich bin manchmal etwas weibisch", gibt er ironisch zu. Überhaupt redet er ununterbrochen. "Ich glaube meine Konkurrenten sind teilweise genervt von meinen vielen Kommentaren", schätzt er sich als frech ein.
Dennoch wird Raul Spank in den nächsten Jahren wohl noch viel Spaß sowie Begeisterung in die deutsche Hochsprungszene bringen. Begleiten wird ihn sein sportliches Vorbild Michael Schumacher und dessen Einstellung, Gier nach Erfolg, Perfektion der Technik, ständige Weiterentwicklung sowie das Setzen von hohen Zielen. Die Olympische Spiele 2008 sind eines davon.