Reiner Kobs - Hammerwurf fünf Jahrzehnte treu
Die Liebe zum Hammerwerfen entdeckte Reiner Kobs in einem Kino. Als er 1960 im Dortmunder „Capitol“ in der Wochenschau einen Werfer sah, wie er eine Kugel an einem Draht wegschleuderte, war er so fasziniert von dem Bewegungsablauf, dass den Filmvorführer nach Vorstellungsende bat, ihm die entsprechenden Szenen noch einmal vorzuspielen. Reiner Kobs hatte mit seiner Bitte Erfolg. Der Kino-Mitarbeiter spulte den Streifen noch einmal zurück und zeigte dem damals 20-Jährigen das Hammerwerfen in Zeitlupe. Am Dienstag feiert Reiner Kobs seinen 70. Geburtstag.
Seitdem bestimmt das 7,257 Kilo schwere Wurfgerät, das einer Masse von 16 englischen Pfund entspricht, sein Leben. Reiner Kobs beförderte den Eisenball selbst auf respektable 59,98 Meter, war zwischen 1961 und 1980 14-mal im Finale Westfälischer Meisterschaften vertreten und errang bei den Deutschen Seniorenmeisterschaften 1980 und 1985 jeweils in München Gold.Reiner Kobs, dessen Vater Rudolf 1923 in München deutscher Turnfestsieger war, zählte nicht nur im Hammerwerfen in Westfalen zur ersten Reihe. So erzielte er u.a. 11,0 Sekunden über 100 Meter, 7,05 Meter im Weitsprung, 61,12 Meter im Speerwerfen und 6.702 Punkte im Zehnkampf, mit denen er bei den Deutschen Mehrkampf-Meisterschaften 1960 in Hamm den dritten Platz belegte. Mit seinen Leistungen im Hammerwerfen, Weitsprung und Zehnkampf könnte Reiner Kobs noch heute in Westfalen ganz vorne mitmischen.
Begeisterung auf Sohn Karsten übertragen
Die Begeisterung für die Leichtathletik übertrug der Geburtstagsjubilar auch auf seinen Sohn Karsten Kobs, der 1998 bei den Europameisterschaften in Budapest (Ungarn) im Hammerwerfen mit 80,12 Metern Bronze gewann und ein Jahr später in Sevilla (Spanien) mit 80,24 Metern zum Weltmeister avancierte.
Ohne die vorbildliche Unterstützung seiner Eltern Reiner und Ingrid Kobs hätte Karsten, der 1999 beim Leichtathletik-Meeting in der Roten Erde in Dortmund mit 82,78 Metern seine persönliche Bestweite erzielte, diesen sportlichen Gipfel nie erklommen. Vater Reiner kümmerte sich in erster Linie um die sportlichen und sozialen Belange. Mutter Ingrid zog die Strippen hinter den Kulissen, organisierte die vielen Wettkampfreisen ihres Sohnes und hielt den Kontakt zum Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) und zu den internationalen Veranstaltern.
15 Jahre Landestrainer
Reiner Kobs engagierte sich auch außerhalb der Familie für das Hammerwerfen. So war er von 1990 bis 2005 Landes-Trainer des FLVW in dieser Disziplin und führte viele westfälische Nachwuchsathleten in die DLV-Spitze. Mit dem leider 1996 viel zu früh verstorbenen Heinz Culemann, der bei LG Porta Westfalica Hammerwurf-interessierte Jungen und Mädchen um sich scharte, arbeitete er Hand in Hand. Selten hat ein Trainer in Westfalen in einer leichtathletischen Disziplin soviel Einfluss auf das Leistungsniveau gehabt wie der Dortmunder Hammerwurf-Pionier.
Auch als Organisator von Werfertagen machte sich Reiner Kobs einen Namen. Seine persönlichen Kontakte zu den Top-Werferinnen und -Werfern des DLV und anderer Verbände waren so groß, dass diese auch ohne Antrittsgagen auf dem Ernst-Figgen-Wurfplatz am Schmetterlingsweg in Dortmund erschienen. Die Athletinnen und Athleten schätzten vor allem bei den Werfertagen, von denen Reiner Kobs innerhalb von 40 Jahren 200 organisierte, die optimalen Bedingungen und familiäre Atmosphäre auf dem Wurfplatz im Dortmunder Süden.
Als sich die glanzvolle Karriere seines Sohnes dem Ende zuneigte, rief Reiner Kobs vor drei Jahren beim ASC 09 Dortmund eine Leichtathletik-Abteilung ins Leben und betreut auf dem Ernst-Figgen-Wurfplatz auf dem Schmetterlingsweg erfolgreich Werferinnen und Werfer aus Dortmund und Umgebung.
Mehr als zufrieden
Dem frühren Landesdisziplin-Trainer des FLVW gelingt es immer wieder, Talente aufzubauen. So hatte er bei den westdeutschen Meisterschaften in Duisburg in diesem Jahr drei Athletinnen und Athleten am Start, die alle mit einer Medaille die Heimreise antraten.
Mit dem Erreichten ist Reiner Kobs mehr als zufrieden. Ihn bedrückt jedoch, wo in Zukunft die „Reise“ hingeht. „Der erhöhte Druck in den Schulen, Universitäten und bei den Arbeitgebern mindert bei jungen Leuten den Willen, Leistungssport auf einem hohen Niveau zu treiben. Hinzu kommt, dass wir immer weniger qualifizierte Trainer haben.“
Der frühere Bankkaufmann, der zweimal in der Woche in ein Sportstudio geht, fühlt sich immer noch fit wie ein Turnschuh. Daher denkt er als Trainer und Organisator noch längst nicht ans Aufhören.