Renaldo Nehemiah feiert 50. Geburtstag
Seine Nachfolger benötigten 27 Jahre, um den Weltrekord über 110 Meter Hürden um 0,06 Sekunden auf die heutigen 12,87 Sekunden von Kubas Olympiasieger Dayron Robles zu steigern. Renaldo Nehemiah genügten von 1979 bis 1981 zwei Jahre, vier Monate und fünf Tage, um die Marke von Kubas Alejandro Casanas in drei Etappen um 0,28 Sekunden von 13,21 auf 12,93 Sekunden zu verbessern. Das allein zeigt, wie der „Martin Lauer Amerikas“ seiner Zeit voraus eilte. Diese blieb indes nicht stehen: Am Dienstag, 24. März, wird er 50 Jahre alt.
„Bei allen anderen, die nach mir Weltrekord liefen, hatte ich den Eindruck, ich hätte mithalten können. Doch Renaldo Nehemiah war der Erste, von dem ich glaubte, dass er seine Steigerung nicht nur der Kunststoffpiste verdankt“, sagt der Ex-Kölner Martin Lauer, einst Held der Aschenbahn.Kein Zweifel: Renaldo Nehemiah war in der Geschichte des Hürdenlaufs das größte Phänomen seit Martin Lauer, der am 7. Juli 1959 in Zürich (Schweiz) den Weltrekord von 13,4 gleich auf 13,2 Sekunden steigerte. Erst 14 Jahre später lief Rod Milburn (USA) als Erster 13,1 Sekunden.
Schicksal verbindet Ausnahme-Sprinter
Das Schicksal verbindet Renaldo Nehemiah und Martin Lauer auf besondere Weise: Der US-Boy, im Jahr des Lauer-Weltrekordes geboren, lief seine Fabelzeit ebenfalls mit 22 Jahren. Beide schöpften ihr Potenzial nicht aus, blieben in der Paradedisziplin ohne olympische Medaille. Renaldo Nehemiah erlebte nie Sommerspiele. Martin Lauer, dessen Karriere mit 23 Jahren nach einer unsterilen Spritze dramatisch endete, durfte sich 1960 in Rom (Italien) mit 4x100-Meter-Staffel-Gold trösten.
„Renaldo bewies eine unglaubliche Motorik über der Hürde“, schwärmt Stilist Martin Lauer vom Ästheten mit der federnden Eleganz und glaubt: „Er kam der Bezeichnung Hürdenläufer am nächsten, viele andere waren Hürdenhüpfer.“
Erster Weltrekord mit 17
Schon mit 17 war der Nachtwächter-Sohn aus Scotch Plains im US-Bundesstaat New Jersey den ersten seiner fünf Hallen-Weltrekorde gelaufen. Mit 20 brachte er den Männer-Weltrekord in seinen Besitz. Olympia 1980 in Moskau (Russland) fiel für ihn aus wegen des US-Boykotts. Auf die Spiele 1984 in Los Angeles (USA) verzichtete Renaldo Nehemiah, weil er als American-Football-Profi ans große Geld wollte: „Ich brauchte eine neue Motivation. Unschlagbar zu sein, war langweilig.“
Der Kontrakt mit den San Francisco 49ers versprach Renaldo Nehemiah, der als Leichtathlet in seinem Spitzenjahr geschätzte 200.000 US-Dollar verdiente, eine halbe Million. Renaldo Nehemiah gewann 1984 mit dem Team als Wide Receiver den Super Bowl. Mit 80 Kilo war er zu schmächtig, spielte nur eine Nebenrolle, drängte zurück zur Piste.
Holpriges Comeback
In einem zermürbenden Justiz-Marathon bis hinauf zum US-Bundesgericht verlor er die besten Jahre im sportlichen Abseits. Nach dem Comeback 1986 (13,48 sec) verpasste er 1987 den WM-Start wegen einer Fersen-OP und 1988 Olympia. 1991 siegte er in Zürich, lief in 13,19 Sekunden die beste Zeit nach dem Comeback.
Dann war Schluss. Doch Renaldo Nehemiah ist auch heute als Athletenmanager der US-Agentur Octagon noch präsent, betreute auch Justin Gatlin, seinen nach dem dreifachen WM-Triumph 2005 im finnischen Helsinki (100m, 200m, 4x100 m) wegen Dopings langfristig gesperrten US-Landsmann.
Quelle: Sport-Informations-Dienst