Steffi Nerius – Silber auf Griechisch
Es war der letzte Durchgang. Und Steffi Nerius spürte, dass es ein guter Wurf war. "Ich habe gemerkt, dass es ein weiter Wurf war, aber so weit? Das hätte ich nicht gedacht. Ich war abgelenkt vom 10.000-Meter-Lauf, der in die Endphase ging und war daher etwas lockerer als zuvor."
Steffi Nerius holte aus zum Silberwurf (Foto: Chai)
Als die Weite auf der Anzeigetafel erschien, kannte ihr Jubel keine Grenzen mehr, denn mit 65,82 Meter holte die 1,78 Meter große Speerwerferin olympisches Silber. Damit gelang ihr der große Clou, nachdem sie in Sydney vor vier Jahren noch auf Rang vier gelandet war. Zwischendurch hatte sie 2002 bei der EM in München Silber geholt und 2003 in Paris war Bronze fällig. Damals hatte sie nach dem Wettkampf ein Stirnband mit der Aufschrift: Merci Paris. Diesmal waren wieder ein paar Worte eingestickt in ihr obligatorisches Band. Zwar wollte sie es nicht genau verraten, aber diesmal hatte sie sogar eins zum Auswechseln.
Während des Wettkampfes stand auf griechisch "und jetzt flieg" - nach dem Wettkampf kam die Aufschrift "Danke Athen" an die Reihe. Denn mit Silber war Steffi Nerius sehr zufrieden.
Sie strahlte, kokettierte, erzählte...
Olympiasiegerin wurde die Kubanerin Osleidys Menendez mit neuem Olympischem Rekord von 71,53 Meter. Das war keine Überraschung. Die 24-jährige war Topfavoritin und wurde ihrer Rolle gerecht. Doch an Gold hatte Steffi Nerius ohnehin nicht gedacht.
Sie strahlte, kokettierte, erzählte und man merkte ihr an, wie erleichtert sie war. Sie hielt ihre Silbermedaille hoch, betrachtete die Siegesgöttin auf dem silbernen Untergrund und freute sich über ihren Erfolg. IAAF-Vizepräsident Prof. Dr. Helmut Digel, der die Siegerehrung durchführte hatte auch ein Lob für die Leverkusenerin parat. "Wenn es eine verdient hat, dann du", meinte er bei der Zeremonie im Olympiastadion.
Auf die Frage, ob sie ihren Erfolg mit "Ouzo" feiern wolle, meinte sie allerdings lachend: "Da ist keiner mehr da, es war ja nur ein kleines Fläschchen im Begrüßungsrucksack." Sie wird am gestrigen Abend allerdings schon noch etwas gefunden haben, um mit ihrem Trainer Helge Zöllkau auf ihr Silber anzustoßen.
Einige Erfahrung
Steffi Nerius ist seit 1991 im internationalen Geschehen dabei. "Ich habe viele Höhen und Tiefen erlebt", erzählte sie. 1993 war sie zum ersten Mal bei einer WM. In Stuttgart wurde sie Neunte. "Ich habe inzwischen einiges an Erfahrung, das hilft mir schon, sich in großen Wettkämpfen durchzusetzen."
Die Speerwerferin aus Leverkusen hat den sogenannten Tunnelblick entwickelt. "Den habe ich inzwischen ganz gut drauf", sagte sie grinsend. Auch verspürte sie keinen großen Druck, auf Grund der mageren Ausbeute bei den deutschen Athleten in Athen. "Ich kann mit so etwas ganz gut umgehen", meinte Steffi Nerius. Sie hatte sich an diesem Abend ihren Erfolg hart erkämpft und wollte die Stunden danach einfach genießen.
Der frenetische Beifall, der sie begleitete, überraschte sie. "Ich wusste gar nicht, dass so viele deutsche Fans im Stadion sind." Sie stellte sich hin mit der schwarz-rot-goldenen Flagge, ließ sich beklatschen und feiern, lief eine Ehrenrunde, winkte und strahlte. "Ich habe oft davon geträumt eine Medaille bei Olympia zu gewinnen", sagte Steffi Nerius. Nun hat sie es erreicht.
Griechenland gutes Pflaster
Griechenland scheint ein gutes Pflaster zu sein für Steffi Nerius. Vor 13 Jahren hatte die Leverkusenerin ihre erste internationale Medaille gewonnen - auf griechischem Boden. Bei der Junioren-Europameisterschaft in Thessaloniki wurde sie Dritte.
Und sie wird bald wieder zurückkommen. Die 32-Jährige betreut eine Speerwerferin und einen Kugelstoßer bei den Paralympics. "Vielleicht hat mein Erfolg die so motiviert, dass sie auch eine Medaille holen", so die Silbermedaillengewinnerin, die sich ein Tattoo anfertigen lassen möchte: die Farbe ihrer Medaille auf griechisch. Damit sie immer eine Erinnerung an diese schönen Stunden hat.
Olympische Leichtathletik in Athen auf leichtathletik.de:
Kompakt | News | Ergebnisse | DLV-Team