Hürdendebüt für Claudia Marx selbst unbegreiflich
"Wenn einem das Laktat bei 300 Metern bis zu den Ohren steht, wird es schon schwer", lautete eine Erkenntnis von Claudia Marx nach ihrem überhaupt ersten Rennen über 400 Meter Hürden am Freitag in Kassel. In 55,59 Sekunden bezwang die eigentliche Flach-Viertelmeilerin die nationalen Spezialistinnen, die auf das Europacup-Ticket hofften, überraschend klar.
Claudia Marx' erstaunter Blick zur Anzeigetafel (Foto: Chai)
Am Start war sie nicht sonderlich nervös, entsprechend respektlos ging sie auch die neue Strecke an. Zur Halbzeit hatte sie bereits die Berlinerin Anja Neupert, die sich nur kurz wehrte, überlaufen und auch auf der Zielgerade zeigte Claudia Marx Konstanz, obwohl sie im Training nur bis zur achten Hürde, also bis 300 Meter, gelaufen war. "Wenn man dann vor der zehnten Hürde steht, ist das schon die höchste", sagte Claudia Marx scherzend, "das kann man nicht beschreiben, auch wenn die Männer über die 76 Zentimeter lachen würden."
"Einfach mitgemacht"
Die Idee zu dem Hürdenexperiment kam von Trainer Dietmar Jarosch, der vor drei Jahren Heike Meißner zur Vize-Europameisterschaft geführt hatte. "Da lag es natürlich nahe", erklärte die 26-Jährige, "Hürdenläufer Thomas Goller ist mein Trainingskollege, da habe ich einfach mitgemacht, allerdings schon in der Voraussicht, diese Strecke auch einmal zu laufen."
Trotzdem kam der Sieg im Kasseler Auestadion recht überraschend. "Diese Zeit war unbegreiflich. Dass es so gut klappt, hätte ich nicht gedacht."
Ein solches Hürdendebüt einer Flachläuferin ist auch keine Selbstverständlichkeit, wie der Vergleich mit der Britin Lee McConnell zeigt. Die EM-Dritte über 400 Meter stürzte kürzlich beim Erstversuch in Dessau und war nun in dieser Woche in Loughbourough in über 58 Sekunden deutlich langsamer als Claudia Marx, so dass man ihr prompt den Startplatz für den Europacup wieder weg nahm.
Zwei Optionen
Solche Sorgen plagen Claudia Marx nicht. Zumindest hat die Erfurterin nun eine zweite Option: "Ich weiß noch nicht, wie ich mich entscheide. Ich muss erst einmal mit meinem Trainer darüber sprechen." Nicht nur für den Europacup, nachdem sie sich in Cottbus bereits das 400-Meter-Ticket nach Florenz (17. bis 19. Juni) geholt hatte, sondern auch im Hinblick auf die WM in Helsinki besteht die Qual der Wahl.
Über 400 Meter Hürden liegt die zweimal zu erfüllende WM-Norm bei 55,60 Sekunden. Auf den flachen 400 Metern gilt es 51,50 Sekunden zu laufen. Dafür müsste Claudia Marx gleich zweimal an ihre Bestzeit aus dem Jahr 2001 (51,41 sec) herankommen.