| Interview

Richard Ringer: "Man muss nicht immer Vollgas geben"

Der Start beim Continental Cup in Marrakesch war für Richard Ringer das i-Tüpfelchen auf eine starke Saison. Die Fachzeitschrift "Leichtathletik" sprach mit dem Friedrichshafener über das Rennen in Marokko vor leeren Rängen, seine Ziele für die Zukunft und seine Lieblingsdistanz.
Martin Neumann

Richard Ringer, bei der EM in Zürich haben Sie erstmals bei einer großen Meis­terschaft das DLV-Trikot getragen. Nun folgte in Marrakesch nach EM-Platz vier gleich der erste Einsatz für Europa. Bekommt das Trikot vom Continental Cup einen Ehrenplatz. Schließlich ist es vielleicht Ihr einziger Start in diesem Dress?

Richard Ringer:

Der Start in Marrakesch für Europa wird ein Highlight meines Sportlerlebens bleiben, weil er wie gesagt nur alle vier Jahre stattfindet. Es ist eine Ehre, dafür nominiert zu werden.

Wie bewerten Sie Rang sieben und 8:02,87 Minuten über 3.000 Meter?

Richard Ringer:

Zeiten spielen bei Meisterschaften immer nur eine untergeordnete Rolle. Auch in Marrakesch, da die ersten zwei Runden doch recht gemütlich angegangen wurden. Aber mit dem Platz bin ich nicht ganz zufrieden. Die Beine waren doch recht müde nach dieser langen anstrengenden Saison.

Hatte das Rennen einen Lerneffekt?

Richard Ringer:

Alle Läufe bringen einen weiter, aber mit erfolgreichen Sportlern zu laufen, hatte nochmal einen anderen Charakter. Diese Rennen werden anders gestaltet als die Läufe zu Hause.

Was können Sie noch von Weltklasseläufern wie Caleb Ndiku (Kenia) oder Bernard Lagat (USA) lernen, die in Marrakesch noch deutlich vor Ihnen waren?

Richard Ringer:

Dass diese das ganze Jahr konstante Leistungen abrufen können. Mir hat einfach etwas gefehlt, um noch Mitte September topfit zu sein.

Es waren erschreckend wenige Zuschauer im Stadion. Hat Sie das enttäuscht?

Richard Ringer:

Mein Start war am Sonntag, ich war aber schon am Samstag im Stadion und da sank die Motivation tatsächlich. Warum laufen, wenn es niemanden interessiert? Selbst mit kostenlosem Eintritt konnte man diese Leute nicht anlocken. In einer anderen Stadt wäre sicher bessere Stimmung gewesen. Aber als ich mit der Konkurrenz über 3.000 Meter an der Startlinie stand und für den eigenen Kontinent gestartet bin, da stieg die Motivation!

Wie hat das Europa-Team eigentlich den klaren Titelgewinn gefeiert?

Richard Ringer:

Leider war ich gerade bei der Dopingkontrolle und habe die Siegerehrung verpasst. Eine „stille Stunde“ oder Ähnliches gab es danach nicht.

Gab es im Vorfeld denn eine Teamsitzung der Europäer oder eine andere Besprechung zur Einstimmung und hat man sich gegenseitig angefeuert?

Richard Ringer:

Ja, ein Teammeeting war am Freitag angesetzt.  Es war klar, dass wir unbedingt den Cup wieder nach Europa holen wollen. Das haben unsere beiden Teamkapitäne Jo Payey und Renaud Lavillenie auch noch mal deutlich zur Sprache gebracht. Ein Mannschaftsfoto wurde dort auch geschossen.

Blicken wir auf Ihre Saison zurück: 2014 haben Sie einen Leistungssprung hingelegt. Können Sie Ihre starke Saison in einem Satz zusammenfassen?

Richard Ringer:

Mit drei nationalen Titeln, Bestzeiten, dem Team-EM Sieg und dem vierten Platz bei der EM hätte es nicht besser laufen können.

Was sind die Gründe für die Leistungssteigerungen?

Richard Ringer:

Es zeigt sich einfach, dass sich ein kontinuierlicher Aufbau über all die Jahre im Training auszahlt. Man muss nicht immer Vollgas geben und alles rausquetschen. Regeneration ist ganz wichtig.

Nun steht für Sie nach einer langen Saison der verdiente Urlaub an. Für Platz sieben gab es in Marrakesch immerhin noch 2.000 US-Dollar Preisgeld. Verlängern Sie nun den Urlaub?

Richard Ringer:

Nach Umrechnungskurs und Steuern bleibt da nicht mehr ganz so viel übrig. Aber ja: In Marokko werde ich noch etwas Urlaub anhängen und dafür wird es locker reichen.

Sie arbeiten 25 Stunden pro Woche als Controller. Werden Sie Richtung Olympia in Rio voll auf die Karte Sport setzen?

Richard Ringer:

Die Frage ist: Bringt dich eine hundertprozentige Fokussierung auf den Sport wirklich weiter, als nebenher noch ein sicheres Standbein zu haben und unabhängig zu sein? Ich denke, mit dieser Teilzeitstelle fahre ich ganz gut, denn mehr als vier Stunden Training am Tag über das ganze Jahr ist auch nicht gut.

Träumen Sie von bestimmten Zeiten? Beispielsweise unter 13 Minuten über 5.000 oder unter 27:30 Minuten über 10.000 Meter?

Richard Ringer:

Da setze ich mir keine Grenzen. Ich schaue Jahr für Jahr, was für mich möglich ist.

Auf welche Strecken werden Sie sich in Zukunft konzentrieren?

Richard Ringer:

Das werden wohl die 5.000 Meter bleiben, da es auf dieser Strecke möglich ist, unter die besten Acht der Welt zu laufen. Über 10.000 Meter wirst du spätestens nach sieben Kilometern abgehängt und siehst alt aus. Die 5.000 Meter sind oft taktische Rennen, die ich auch bevorzuge.

Lockt Sie wie viele andere Langstreckler der Marathon? Ihr Bahn-Konkurrent Arne Gabius wird ja Ende Oktober in Frankfurt debütieren...

Richard Ringer:

... nein, gar nicht.

<link>Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift

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