Rico Freimuth: Über Ratingen nach Daegu?
Er selbst sagt, dass der Start in Götzis (Österreich) sein bisher wichtigster Wettkampf war. Dort hat sich Rico Freimuth (Hallesche Leichtathletik-Freunde) mit 8.158 Punkten in die deutschen Zehnkampf-Spitze katapultiert und klopft an der Tür zum internationalen Geschäft. Am Ende des Jahres wird er vielleicht sagen, dass die WM in Daegu (Südkorea) sein wichtigster Wettkampf gewesen ist.

Der erfolgreiche Papa hat den Aufsteiger aber nicht zum Zehnkampf gebracht. Ricos Zwillingsbruder Hanno spielte schon im Alter von 15 Jahren in der Nachwuchs-Nationalmannschaft Basketball. Da wollte Rico auch zeigen, dass er sportlich etwas drauf hat und kam auf den Zehnkampf.
Würfe und Sprünge sind ausbaufähig
Der erste Erfolg kam im Jahr 2007. Der Hallenser schaffte es, sich für die U20-EM in Hengelo (Niederlande) zu qualifizieren und holte dort die Bronzemedaille mit 7.524 Punkten. Bei der U23-Europameisterschaft in Kaunas (Litauen) folgte im Jahr 2009 Platz sieben.
Trotz kontinuierlicher Verbesserung sind es immer noch die Wurfdisziplinen, bei denen Punkte verloren gehen. Das wird auch im Vergleich mit dem Vater deutlich: In den Sprints ist Rico (100 Meter: 10,79 sec; 110 Meter Hürden: 13,96 sec) schon schneller als Vater Uwe (100 m: 11,01 sec; 110 Meter Hürden: 14,54 sec), im Wurfbereich sieht es noch anders aus. Im Kugelstoßen fehlen Rico noch knapp zwei Meter, im Diskuswerfen vier und beim Speerwerfen sogar 13 Meter.
Auch in den Sprungdisziplinen sind die Bestleistungen des Papas noch ein Stückchen entfernt. Unter dem Strich sind es noch mehr als 500 Punkte bis zum Familienrekord im Zehnkampf (8.792 Punkte), der älter ist als Rico selbst. Vater Uwe hat ihn 1984 aufgestellt und ist damit Zweiter in der ewigen deutschen Bestenliste.
WM-Norm möglich
Um dieser Vorgabe näher zu kommen, hat Rico Freimuth sein BWL-Studium aufgegeben und macht eine Ausbildung bei den Stadtwerken in Halle. Das lässt sich besser mit dem Sport vereinbaren. Papa Uwe verfolgt die Karriere seines Sohnes ganz genau, trainiert wird Rico aber von Wolfgang Kühne bei den Halleschen Leichtathletik-Freunden, in einer Gruppe mit Norman Müller, der bei den letzten beiden Weltmeisterschaften dabei war.
Sein Ziel, eine feste Größe auf der internationalen Zehnkampf-Bühne zu werden, hat Rico Freimuth durch sein Debut in Götzis noch fester ins Visier genommen: „Die Atmosphäre war unglaublich hier.“ Den 400-Meter-Lauf neben Weltmeister Trey Hardee (USA) zu rennen, sei ein Traum gewesen. Dass es mit der WM-Norm (8.200 Punkte) noch nicht ganz geklappt hat, lag vor allem an der letzten Disziplin. „Rico hat für die 1.500 Meter nicht mehr ganz so die Substanz gehabt“, analysierte Bundestrainer Rainer Pottel. Immerhin hatte er bis dahin schon sieben Bestleistungen aufgestellt. Trotz der 4:44,39 Minuten waren zum Schluss 300 Punkte mehr auf dem Konto, als bei der bisherigen Bestleistung (7.826 Punkte).
Erfolgsgeheimnis: Mentales Training
Hinter dem Erfolg steckt harte Arbeit - nicht nur zweimal tägliches Training im Stadion, sondern auch im Kopf. Im Winter hat Rico Freimuth mit einem Psychologen zusammen gearbeitet. „Ich denke, dass ich ruhiger geworden bin“, erklärte er. „In den letzten Jahren hatte ich das Problem, dass ich sehr aufbrausend war, wenn es nicht lief und ich habe den Kopf hängen lassen.“
Wenn er sich weiter so gut im Griff hat, ist eine neuerliche Steigerung und der Sprung zur WM möglich: „Mein Ehrgeiz treibt mich an. Die WM ist mein Ziel“, sagte Rico Freimuth. Auch Bundestrainer Rainer Pottel hält eine WM-Teilnahme für möglich. Der Wettkampf in Götzis hat aber gezeigt, „dass mehrere Leute in der Lage sind, die Norm zu machen.“ Rainer Pottel denkt da vor allem an Pascal Behrenbruch (LG Eintracht Frankfurt, 8.067 Punkte) und Norman Müller (7.997 Punkte), die in Götzis noch hinter Rico Freimuth landeten.
Mit dem Frankfurter Jan Felix Knobel hat ein Deutscher die WM-Norm schon in der Tasche. Endgültig verteilt werden die Fahrkarten nach Südkorea Mitte Juli. In Ratingen (16./17. Juli) haben die Zehnkämpfer noch einmal die Chance, sich zu steigern. Da könnte Rico Freimuth der Bestleistung seines Vaters wieder ein Stückchen näher kommen und die WM klar machen.
Erdgas Mehrkampf-Meeting in Ratingen