Rob de Castella, ein Opfer der Buschbrände
Die schlimmsten Buschbrände seit Jahrzehnten haben die Vororte der australischen Hauptstadt Canberra verwüstet. Mehr als 400 Häuser wurden in Schutt und Asche gelegt. Zu den Opfern, die ihr Hab und Gut verloren haben, zählt auch Robert de Castella, einer der bekanntesten Leichtathleten Australiens. "Es ist eine Tragödie, was hier passiert ist", sagte der einstige Marathonläufer, der 1993 in Helsinki bei der WM-Premiere Gold gewonnen hatte, "Gott sei Dank ist uns selber nichts passiert."
Rob de Castella (Mitte) war einst einer der weltbesten Marathonläufer
Die Einwohner von Chapmann, jenem Vorort, wo auch die de Castellas leben, sind von der gewaltigen Flammenwand völlig überrascht worden. "Wir waren an der Südküste", berichtete der gelernte Biophysiker, der am 27. Februar seinen 46. Geburtstag feiern wird, "als wir von dem Inferno hörten, waren wir voller Sorge." Wieder daheim, sahen sie das ganze Ausmaß der Katastrophe. "Das", so de Castella in einem Interview mit Radio-Sender ABC, "war natürlich ein Riesen-Schock." Ihren Hund vermissen sie noch. "Wir haben schon überall gesucht", erzählte er, "doch wissen wir nicht, ob er überlebt hat.""All meine Erinnerungsstücke, die ich in meiner Karriere gesammelt habe, sind verbrannt: meine Urkunden, Zeitungsausschnitte, Briefe – alles weg", klagte Rob de Castella, "nur die verkohlten Reste von einigen Medaillen haben wir in der Asche wieder gefunden."
Einst mit weltbester Langstreckler
Der tief religiöse Australier, der in einem von Jesuiten geleiteten Gymnasium unterrichtet worden ist, zählte in den achtziger Jahren zu den weltbesten Langstrecklern. 1983 in Helsinki, wo die ersten Weltmeisterschaften in der Geschichte der Leichtathletik ausgetragen wurden, triumphierte er in 2:10:03 Stunden vor dem Äthiopier Kebede Balcha (2:10:27) und Waldemar Cierpinski (2:10:37), dem Doppel-Olympiasieger aus Halle. 1982 in Brisbane und 1986 in Edinburgh triumphierte "Deek", so sein Spitzname, bei den Commonwealth Games. 1983 in Rotterdam beim denkwürdigen Rennen mit Carlos Lopes, dem späteren Olympiasieger aus Portugal, und Alberto Salazar, dem amerikanischen "King of the Road", gewann er in 2:08:37 Stunden und kassierte ein Antrittsgeld stolze 200.000 Dollar.
Rob de Castella, dessen Vater ebenfalls ein begeisterter Marathonläufer war, hat auch vier Mal an den Olympischen Spielen teilgenommen: 1980 in Moskau erstmals und 1992 in Barcelona letztmals. Das hatte vor ihm noch kein "Marathoni" geschafft! 1986 in Boston lief er seine Bestzeit mit 2:07:51 Stunden, und im Herbst '86 in New York wurde er Zweiter hinter dem Italiener Gianni Poli.
Humor trotz Leid
Der kräftige Australier, dessen Oberschenkel einem Fußballer alle Ehre gemacht hätten, ist seinem Heimatland ungemein populär. 1983 wurde er zum Sportler des Jahres gewählt. Vielseitig war Rob de Castella. 1986 glänzte er auch im Gelände als Sechster der Cross-WM in Gateshead.
Jetzt hat er, der einstige Heros, kein Dach mehr über dem Kopf. Rob de Castella steht vor dem Nichts und hat bei allem Leid seinen Humor behalten: "Ich bin nur froh, dass ich nicht da war, als das Feuer wütete. Denn so dumm und dusselig wie ich bin, hätte ich bestimmt viel zu lange gewartet und wäre dann nicht mehr rechtzeitig weggekommen."