Robert Harting will auftrumpfen
Der Countdown beginnt: Nach Beinahe-Burnout und Knie-Operation lässt Weltmeister Robert Harting 76 Tage vor Olympia am Samstag (12. Mai) in Wiesbaden erstmals wieder den Diskus fliegen. "Ich hoffe auf meinen besten Saisonstart. Bisher waren 66,93 Meter die größte Auftaktweite. Diesmal darf es ruhig etwas mehr sein, auch wenn ich müde aus dem Trainingslager komme", sagte der 27 Jahre alte Berliner dem Sport-Informations-Dienst (SID).
Auch Trainer Werner Goldmann, eher ein Mann des Understatements, bremst vor dem Saisondebüt seines Schützlings nicht gerade die Erwartungen, wenn er sagt: "Wir hatten in Portugal ein erfolgreiches Trainingslager. Robert ist so gut in Form wie in seinen besten Jahren und sieht die Dinge sehr optimistisch."Das war nicht immer so. 2011 hatte der 2,01-Meter-Riese ganz andere Phasen durchlebt. Erst den Beinahe-Burnout, der psychologische Hilfe erforderte. "Es war echt kritisch. Mir wurde alles zu viel. Aber ich hatte Glück, dass ich ehrlich zu mir selbst war. So habe ich den Weg gefunden", sagt Robert Harting rückblickend auf das psychologische Tief, das mit der Trennung von der langjährigen Freundin Kay zusammenfiel. Der immer bärenstark wirkende 130-Kilo-Mann sendete damals diese Botschaft an seine Mitmenschen: "Man vergisst am Fernseher, dass da auch Menschenfleisch dahinter steckt..."
Am Rande der Kapitulation
Dann im Oktober die Operation an der entzündeten Patellasehne im linken Knie. "Ich war danach manchmal am Rande zur Kapitulation. Aber Schmerzmittel hielten mich auf Kurs. Physiotheraphie und Osteotherapie scheinen jetzt zu greifen."
Robert Harting macht deutlich, dass es ein brutaler mentaler Aufwand ist, "immer wieder in den Schmerz hinein zu trainieren." Der Weltmeister veranschaulicht: "Es ist so, als wenn man die Hand auf die heiße Herdplatte legt und sie einfach nicht zurückzieht. Das kostet viel Überwindung."
Veränderungen
In seinem Umfeld hat er einiges verändert. "Ich kann nicht jedem Medium ständig Interviews geben", sagt er zur Installierung eines Mitarbeiters für die Pressearbeit. Auch die Zahl öffentlicher Auftritte hat er reduziert und die Büroarbeit anders koordiniert.
Nun also ein neuer Auftakt. Im Gegensatz zur WM-Zweiten Nadine Müller (Hallesche LAF), die in Wiesbaden gleich auf Chinas Weltmeisterin Li Yangfeng trifft, hat Robert Harting vor allem nationale Konkurrenz im Ring. Doch er traut dem Magdeburger Martin Wierig viel zu: "Wenn er 67 wirft, muss ich halt 68 schaffen", sagt der Berliner 2,01-Meter-Riese mit einem angedeuteten Augenzwinkern.
Kampfansage
Wenn er an Olympia denkt, formuliert Robert Harting erst vorsichtig. "Man muss abwarten, wie es läuft, sich jedes Jahr neu hineinfinden." Doch dann macht er doch deutlich: "Wenn ich Stabilität im 67-Meter-Bereich habe, kann ich wieder meine Stärke ausspielen, die Vorbereitung auf den Höhepunkt. Die anderen dürfen bei Olympia ihre Rechnung nicht ohne mich machen."
Worte vor allem an die Adresse von Estlands Olympiasieger Gerd Kanter, dessen litauischem Vorgänger Virgilijus Alekna und Polens Europameister Piotr Malachowski.
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)