Robert Harting - „WM-Titel wichtiger als 70“
Der Berliner Diskuswerfer Robert Harting startete am vergangenen Samstag beim Werfer-Cup in Wiesbaden mit 66,92 Metern in die Saison. Im Interview erzählt der Weltmeister unter anderem, weshalb er davon zunächst etwas enttäuscht war, warum es noch nicht ganz rund lief und wie wichtig ihm ein Wurf über 70 Meter ist.

Robert Harting:
Da gab es nicht viel zu verdauen. Ich war am Anfang einfach ein bisschen enttäuscht, weil ich mir viel vorgenommen hatte. Ich wollte es den Leuten zeigen, aber das ist auch mein Problem. Ich will den Zuschauern immer etwas bieten, aber mit fehlt momentan noch die Sicherheit.
Wodurch kommt diese Unsicherheit?
Robert Harting:
Durch die Wurfspitze, die wir gerade noch hatten. Die Belastungen davon haben es für mich schwierig gemacht, einige wichtige Positionen zu halten. Zudem hat sich durch den Regen das ganze Timing meines Wurfes verschoben. So ergab sich eine Technik, die ich so nie trainiert habe.
Was kann man sich unter einer Wurfspitze vorstellen?
Robert Harting:
Das bedeutet, dass wir im Trainingslager viele Würfe gemacht haben. Ich habe dort 500 Würfe gemacht. Und wenn man bedenkt, dass der Diskus beim Abwurf rund 50 Kilogramm wiegt, sind da ungefähr 25.000 Kilogramm über meinen Abwurffinger gerollt.
Sie hatten also ein gutes Trainingslager?
Robert Harting:
Die zwei Wochen auf Zypern waren sehr ernüchternd. Es war auch für den Kopf anstrengend. Man kam da einfach nicht raus. Also überspitzt gesagt, war das wie ein Sportknast. Zudem war auf dem Sportplatz unheimlich viel los. Wir mussten die Wurfeinheiten mit fünf Mann machen, zu Hause machen wir das alleine oder höchstens zu zweit. Danach ging es noch einmal für zwei Wochen nach Albufeira, da wussten wir, was wir daran haben.
Sie machen parallel zu Ihrem Dienst in der Bundeswehr als Sportsoldat auch ein Studium an der Universität der Künste in Berlin in dem Fach Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation. Wie bringen Sie das mit dem Sport unter einen Hut?
Robert Harting:
Es ist manchmal schon problematisch. Wenn ich im Winter viel mache, habe ich im Sommer wenige Kurse und andersherum genauso. 2010 habe ich die ganze Zeit viel gemacht und es auch ausgehalten. Momentan ist es so, dass ich jetzt nur einen Kurs habe und deswegen schon etwas aus dem nächsten Semester vorgezogen habe. Das Studium ist zwar auch eine Belastung, aber es macht mir viel Spaß. Ich würde gerne noch mehr machen. Jeden Tag lerne ich etwas Neues, das ist unheimlich spannend. Aber insgesamt klappt das trotzdem ganz gut und das läuft alles in Absprache mit der Bundeswehr als meinen Arbeitgeber.
Was nehmen Sie sich für Ihren nächsten Wettkampf am kommenden Wochenende in Halle vor?
Robert Harting:
In dieser Woche kommt erst einmal eine Nachspitze. Das bedeutet wir werden das Techniktraining noch einmal forcieren und dann sehe ich, was rauskommen wird.
Momentan wird viel darüber gesprochen, dass Sie sehr bald schon 70 Meter werfen könnten. Trauen Sie sich das zu?
Robert Harting:
Die Diskussion langweilt mich. Ich weiß, was man dafür braucht und was ich drauf habe. Wenn alles passt, kann ich das auch werfen, aber selbst wenn es damit nicht klappt, ist das nicht schlimm. Die 70 Meter sind dem WM-Titel deutlich untergeordnet.
Wer werden Ihre größten Konkurrenten bei der WM sein?
Robert Harting:
In der Weltspitze hat sich nicht viel getan. Die besteht weiterhin aus Gerd Kanter, Virgilijus Alekna, Piotr Malachowski und mir. Vielleicht kommt noch Jason Young dazu. Er ist momentan sehr konstant, ganz im Gegensatz zu den anderen US-Werfern. Ich denke generell nicht viel darüber nach.
Die Weltspitze ist unheimlich eng beieinander. Entscheidet da die Tagesform über den Titel?
Robert Harting:
Ich trainiere gut und viel und erhöhe so die Wahrscheinlichkeit, auch im entscheidenden Wettkampf gut zu werfen. Die Tagesform selbst macht vielleicht zehn Prozent aus, aber trotzdem entscheidet sie darüber, wer am Final-Tag als Sieger vom Platz gehen wird. Weil wir eben alle eine ähnliche Leistung abrufen können.