Jon Drummond will nicht mehr der Clown sein
Die Trennung ist perfekt. Jon Drummond, der "Pausen-Clown" unter den US-Sprintern, der bei der WM in Paris noch einen Riesen-Skandal provoziert hat, geht ab sofort seine eigenen Wege. Den Trainer hat er gewechselt und auch den Manager.

Jon Drummond geht neue Wege auf alte Tage (Foto: Kiefner)
John Smith, mit dem Jon Drummond über ein Jahrzehnt eng zusammen gearbeitet hat, bestätigte, dass sein Ex-Schützling die "Hudson/Smith International Management Group" (HSI) verlassen hat.Der US-Boy ist einer der Erfolgreichsten seiner Zunft. Drei Mal (1993, 1999 und 2001) gewann er mit seinen Staffel-Kollegen WM-Gold. 2000 in Sydney wurde Drummond obendrei Olympiasieger über 4 x 100 Meter. 1993 und 2000 siegte er bei den US-Hallenmeisterschaften über 60 Meter.
Negativ-Schlagzeilen
Aber im vergangenen Sommer sorgte er für negative Schlagzeilen. Nach seiner Disqualifikation im WM-Zwischenlauf hatte Jon Drummond fast eine Viertelstunde lang herumgetobt, auf der Zielgeraden einen Sitzstreik inszeniert und schließlich lauthals fluchend die Bahn verlassen.
Die IAAF hatte den amerikanischen Leichtathletik-Verband (USATF) daraufhin zu drastischen Sanktionen aufgefordert. Jon Drummond, der "Amokläufer", war seinem Ausschluss dann zuvor gekommen und hatte auf seinen Staffel-Einsatz verzichtet.
"Es war nicht meine Absicht, dem Sport, den anderen Läufern und den Zuschauern zu schaden", verkündete Jon Drummond damals in einer Presseerklärung und erklärte seine Saison für beendet. "Ich hatte geglaubt, dass ich nur für das gekämpft habe, was mein Recht ist", entschuldigte er sich für sein Fehlverhalten, "ich habe ehrlich geglaubt, keinen Fehlstart verursacht zu haben."
Familiäre Gründe
Seinem nicht ganz freiwilligen Rückzug, den der USATF der IAAF erst eine halbe Stunde vor Ablauf der gesetzten Erklärungsfrist mitgeteilt hatte, war offensichtlich ein sportpolitisches Pokerspiel hinter den Kulissen vorausgegangen.
Nun meldet er sich zurück. Jon Drummond versucht einen Neuanfang. "Viele meinen, dass mich John Smith aus der HSI-Gruppe herausgeworfen hat wegen der Vorfälle in Paris", erzählte Jon Drummond, "aber das ist völlig falsch." Denn die Gründe für seinen überraschenden Wechsel sind in erster Linie familiärer Art.
Seit einem Jahr wohnt er in Las Vegas, dem Paradies der Spieler, und verbrachte pro Trainingseinheit viel, viel Zeit auf dem Highway. Zwei Stunden für die Hin- und noch mal zwei Stunden für die Rückfahrt.
Enormer Aufwand
"Das war ein enormer Aufwand", betonte Jon Drummond, "dafür habe ich künftig mehr Freiraum für meine Frau und meine beiden Kinder. Meine Tochter ist fünf, und ich habe sie im vergangenen Jahr kaum gesehen."
Dustin, der Stammhalter im Hause Drummond, wurde im Dezember geboren. "Mit John Smith habe ich ausgiebig über diese Probleme diskutiert", bemerkte er, "und die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen." Doch der Trainer sei schließlich einverstanden gewesen, fügte Jon Drummond hinzu, die Trennung sei einvernehmlich erfolgt.
Jetzt trainiert der Neffe
Darrell G. Smith, pikanterweise der Neffe von John Smith, hat das Coaching übernommen. Aus Los Angeles ist er extra nach Las Vegas umgezogen. Jon Drummond hat auch den Manager getauscht und damit komplett die Verbindung zur "HSI-Group" gekappt. Auf Emmanuel Hudson, mit dem John Smith kooperiert, folgt Greg Foster, Ex-Weltmeister über 110 Meter Hürden, der auch Gail Devers betreut.
"Das ist einfacher", begründete Jon Drummond seine Entscheidung, "es gibt Meetings, bei denen die HSI-Läufer definitiv teilnehmen müssen, während mir Greg die Möglichkeit lässt, dass ich auch noch im letzten Moment auf meinen Start verzichten kann."
Nicht mehr der Clown sein
Jon Drummond, der in Las Vegas eine Marketing-Firma gegründet und außerdem eine Stiftung für sozialschwache Jugendliche geschaffen hat, wiederholte nochmals, dass er weiterhin ein gutes Verhältnis mit seinen Ex-Kollegen pflege.
"Es gibt keinerlei Probleme! Nach wie vor telefoniere ich regelmäßig mit Maurice Greene, Ato Bolden und Inger Miller, genauso wie mit John Smith und Emmanel Hudson", sagte er, "doch habe ich nun andere Prioritäten in meinem Leben gesetzt. Eindeutig Vorrang haben meine Frau und meine Kinder." Jon Drummond, der im Herbst 36 wird, will nicht mehr Clown sein, sondern treuer Familienvater.