Robert Hering - WM-Bronze krönt Saison
Robert Hering (TuS Jena) ist Schüler, Sänger, Gitarrist – und Deutschlands bester jugendlicher Sprinter über die 100 und 200 Meter. Zum dritten Mal in Folge wurde er in diesem Jahr Deutscher Jugend-Meister über beide Sprintstrecken, doch seinen größten Erfolg feierte er bei den U20-Weltmeisterschaften in Bydgoszcz (Polen): Im 200-Meter-Wettbewerb gewann er ganz überraschend die Bronze-Medaille.
Dabei hatte der Finaltag für ihn zunächst mit einer Enttäuschung begonnen, denn mit der 4x100-Meter-Staffel verpasste er den Einzug in den Endlauf. Von seinem ein Jahr jüngeren Vereinskameraden Roy Schmidt, mit dem er sich auch ein Zimmer teilte, hatte er auf der Gegengeraden den Staffelstab übernommen und in Führung liegend an Jasper Henkel (Turnerschaft Germersheim) übergeben. Dieser verletzte sich jedoch nach wenigen Schritten, und aus war der Traum von einem Platz unter den besten Acht.Nur zwei Stunden darauf stand der 18-Jährige erneut auf der blauen Tartanbahn. Die Finalteilnahme über 200 Meter hatte er sich im Vorfeld zum Ziel gesetzt, dass es aber zu einer Medaille reichen würde, hatte er nicht gedacht. „Das war definitiv das Highlight des Jahres und ein richtig geiles Gefühl. Ich glaube, ich habe erst zwei oder drei Wochen später so richtig realisiert, was ich da überhaupt geschafft habe.“
Vater und Trainier angereist
Hinter dem neuen Junioren-Weltmeister Christophe Lemaitre (Frankreich; 20,83 sec) und Nickel Ashmeade (Jamaika; 20,84 sec) erreichte Robert Hering in 20,96 Sekunden als Dritter das Ziel und ließ damit drei weitere Athleten im Abstand von nur fünf Hundertstelsekunden hinter sich. Anschließend konnte er sich nicht nur von seinen Mannschaftskameraden im Team des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV) feiern lassen, sondern auch von seinem Vater und seinem Trainer Stefan Poser, die extra angereist waren.
„Mein Vater war natürlich megastolz auf mich. Von meinen Freunden und Bekannten habe ich mindestens 25 SMS und noch mehr Anrufe bekommen, und zu Hause ist mir erstmal meine Mutter in die Arme gesprungen.“ Auch den Bürgermeister seines Heimatortes Hermsdorf, von dessen Leichtathletikverein er 2004 zum TuS Jena gewechselt war, traf er nach seiner Rückkehr aus Polen.
Gut vorbereitet auf die Interviews
Auf das mit dem Erfolg verbundene Medieninteresse war Robert Hering gut vorbereitet. Er ist einer von insgesamt acht Stipendiaten, die in der ReiseBank-Akademie umfassend bei der Planung einer Karriere im Spitzensport unterstützt werden. Im ersten Workshop Anfang des Jahres gab es ein Medientraining, das dem Jenaer nun zugute kam.
„Der Jugend-Bundestrainer Dietmar Chounard hat mir dazu geraten, mich für das Stipendium zu bewerben. Zunächst war ich etwas skeptisch, da ich nicht wusste, was auf mich zukommt. Aber ich habe schon viel Neues gelernt und auch in Bydgoszcz sowie danach versucht, es anzuwenden. Es hat mir Spaß gemacht, die Fragen von Journalisten zu beantworten.“
Staffelpech wiederholt sich
Viel Zeit hatte der Gymnasiast im Anschluss an die Junioren-WM nicht zur Erholung, denn wenige Tage später standen die Deutschen Jugendmeisterschaften in Berlin auf dem Terminkalender. Dort hatte er ein Mammut-Programm zu absolvieren: Über die 100 und 200 Meter galt es, seine Titel aus der B-Jugend nun in der A-Jugend zu wiederholen, und mit der 4x100-Meter-Staffel des TuS Jena sollte gar der Deutsche Jugendrekord für Vereinsmannschaften in Angriff genommen werden.
Bei den Thüringer Meisterschaften hatte das Quartett mit 40,69 Sekunden die Bestmarke des SC Motor Jena aus dem Jahr 1983 nur um vier Hundertstelsekunden verfehlt. In Berlin war das Rennen für Robert Hering und seine Mitstreiter jedoch wieder schon beendet, bevor der Schlussläufer das Staffelholz übernehmen konnte. Im Vorlauf schlug der zweite Wechsel fehl und der TuS Jena qualifizierte sich nicht für das Finale.
Doppelerfolg trotz Favoritendruck
Besser lief es für den U20-WM-Dritten über die Einzelstrecken. In 10,67 Sekunden über 100 Meter und 21,18 Sekunden über 200 Meter verfehlte er zwar seine Bestzeiten (10,47 sec/20,78 sec) um wenige Zehntel, wurde aber trotzdem souverän erneut Deutscher Jugendmeister. „Ich hatte trotz des Erfolgs bei der WM keine Probleme, mich zu motivieren. Ich finde es wichtig, jedes Rennen ernst zu nehmen. Mit dem Druck als Favorit kann ich mittlerweile ganz gut umgehen.“
Ausreichend nationale und internationale Erfahrungen hat der 18-Jährige schließlich schon sammeln können. Im vergangenen Jahr war er eigentlich noch für die U18-WM im tschechischen Ostrava startberechtigt, nahm aber bereits bei der U20-EM in Hengelo (Niederlande) teil. „Der Bundestrainer kam zu mir und hat gesagt: ‚Robert, wir brauchen dich für die Staffel.’ Da habe ich mich schon ziemlich stolz gefühlt.“
Auch im 200-Meter-Wettbewerb durfte er die deutschen Farben vertreten. Im Halbfinale steigerte er den Deutschen B-Jugend-Rekord auf 20,96 Sekunden, im Finale belegte er den fünften Platz. Einen Tag später wurde er zusammen mit Rouven Christ (ATSV Saarbrücken), Julian Reus (Erfurter LAC) und Markus Brandt (LG Wipperfürth) Junioren-Europameister mit der 4x100-Meter-Staffel.
Fotoshooting zum Saisonabschluss
An das Ende der diesjährigen Freiluft-Saison knüpfte nahtlos der zweite Workshop der ReiseBank-Akademie an. Gemeinsam mit den sieben weiteren Teilnehmern sowie DLV- und Medienvertretern diskutierte der Internatsschüler des GutsMuths Sportgymnasiums in Jena das Thema „Wie viel Individualität braucht es für einen Spitzensportler?“
Anschließend stand ein Tanzkurs auf dem Programm: „Man lernt hier auch was fürs Leben - zum Beispiel für die eigene Hochzeit, falls man dann tanzen muss“, gibt Robert Hering mit einem Augenzwinkern Auskunft. „Zweieinhalb Stunden am Stück haben wir geprobt. Das war anstrengender als Training!“ Außerdem wurden Fotos für die ersten Autogramm-Karten geschossen.
Bandproben am Wochenende
Für die Proben mit seiner Band „Addicted“ sollte in den kommenden Wochen ebenfalls wieder ein wenig mehr Zeit sein. „Ich bin Sänger und spiele Gitarre. Also - ich sage, ich spiele Gitarre, was die anderen sagen, interessiert mich nicht“, lacht das Multitalent. Für den CD-Sampler „Rock die Vielfalt“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat die Band zuletzt den Song „Guten Morgen Deutschland“ eingespielt. Denselben Titel trägt auch ihre erste eigene CD.
An den wettkampffreien Wochenenden, wenn er von Jena die rund 25 Kilometer zurück nach Hermsdorf fährt, trifft Robert Hering die anderen drei Bandmitglieder. Vorrang hat jedoch immer der Sport. Bis zu zehn Trainingseinheiten pro Woche stehen im Winter auf dem Programm, damit sich die Erfolge auch in der kommenden Saison einstellen.
Die Teilnahme an den U20-Europameisterschaften in Novi Sad (Serbien) ist das realistische Ziel, ein Traum der Staffelstart bei den Weltmeisterschaften in Berlin: „Wenn der Bundestrainer anruft und mich zum Staffellehrgang der Männer einlädt, sage ich natürlich nicht nein.“