Roger Bannister wird 80 Jahre alt
Er setzte einen echten Meilenstein der Sportgeschichte. Und seine Leistung wurde damals weltweit ähnlich gefeiert wie kurz zuvor die Erstbesteigung des Mount Everest durch Edmund Hillary: Der Brite Roger Bannister, der am 6. Mai 1954 als erster Läufer die magische Vier-Minuten-Grenze über die Meile unterbot, wird am Montag 80 Jahre alt.
Wenige Tage vor seinem Geburtstag meinte der gnadenlose Tempobolzer der Fünfziger Jahre: „Ich habe leider selten Zeit, zurückzukommen an die Iffley Road in Oxford. Aber wenn ich dann hier stehe, dann denke ich an die vielen begeisterten Zuschauer, die mich ins Ziel trieben“, sagt der von Königin Elizabeth für seine Ausnahmeleistung - wie der Neuseeländer Edmund Hillary - zum Sir ernannte Roger Bannister.Vor fast 55 Jahren begann nach einigen gescheiterten Anläufen, die Traummeile (1.609,35 m) unter vier Minuten zurückzulegen, gleich nach dem Startschuss die wilde Jagd. Chris Brasher, der zwei Jahre später Olympiasieger im Hindernislauf werden sollte, machte auf der schwarzen Schlacke Tempo. Dann ging Chris Chataway unter dem Jubel der 3.000 Zuschauer nach vorn. Und schließlich trotzte Roger Bannister an diesem kalten, regnerischen 6. Mai 1954 dem schneidenden Wind und schrieb in 3:59,4 Minuten Sportgeschichte.
Von der Queen geadelt
Der damals 24 Jahre alte Medizinstudent, der später als Arzt im Bereich Neurologie und Forschung arbeitete, wurde nicht nur von der Queen geadelt. In Deutschland erhielt er 1977 den Hanns-Heinrich-Sievert-Preis für herausragende Leistungen in Sport und Beruf, ein Jahr später von der Universität Sheffield den Ehrendoktor.
Damals war Roger Bannister schon Chef des englischen Sportcouncils, fast im Range eines Sportministers. Als der Australier John Landy 46 Tage nach den 3:59,4 Minuten den Weltrekord im finnischen Turku gleich auf 3:58,0 Minuten steigerte, meinte Roger Bannister hintergründig: „Es war nicht das Besondere, die Meile unter vier Minuten zu laufen - sondern dies als Erster zu tun...“
Rasante Entwicklung geahnt
Schon damals ahnte der Brite, dass die Entwicklung immer rasanter fortschreiten würde. „Meine Generation wird noch erleben, dass einer unter 3:45 Minuten läuft“, prophezeite der 1,87 Meter lange Laufästhet 1964. 45 Jahre nach Roger Bannisters Bestmarke erfüllte der Marokkaner Hicham El Guerrouj mit seinen heute noch als Weltrekord gültigen 3:43,13 Minuten 1999 in Rom (Italien) die Prognose. Es war fast exakt jene Zeit, die Roger Bannister damals bei der 1.500-Meter-Marke (3:43,0 min) hatte. Inzwischen glaubt der Brite: „Irgendwann wird ein Mensch die Meile in 3:30 Minuten laufen.“
Seine sportliche Liebe hatte erst dem Rudern gehört. Nach größeren Lauferfolgen wechselte er die Sportart. Auf die Chance, 1948 bei Olympia in London (Großbritannien) zu starten, verzichtete Roger Bannister, weil er sich noch zu jung fühlte. Zwei Jahre später gewann er EM-Bronze in Brüssel (Belgien). Eine olympische Medaille verpasste er 1952 im australischen Melbourne in 3:43,8 Minutenals Vierter über 1.500 Meter.
Im Jahr der Traummeile beendete Roger Bannister die Karriere mit EM-Gold in Bern (Schweiz). Der britische Mediziner, von seiner Art her zurückhaltend und sensibel, hatte viele Talente. Er war ein großer Musikfreund mit Vorliebe für Klavier, begeisterter Tänzer. Roger Bannister schrieb Gedichte und Kurzgeschichten - aber vor allem Sportgeschichte.
Quelle: Sport-Informations-Dienst