Roman Fricke - Ein leises Goodbye
Während der neue Deutsche Hochsprung-Meister Raul Spank (Dresdener SC 1898) am vergangenen Sonntag in Nürnberg recht unzufrieden bei der Siegerehrung stand, wirkte Roman Fricke ein paar Springer weiter rechts in der Reihe stehend, recht zufrieden. Auch wenn er „nur“ 2,17 Meter gesprungen war, 13 Zentimeter unter seiner Bestleistung. Ganz leise sagte der Leverkusener am Wochenende Goodbye.

Die Erklärung für den Abschied vom Leistungssport ist ganz einfach: „Die Dreifach-Belastung von Familie, Ausbildung und Sport ist mittlerweile einfach zu groß. Zwei von ihnen zusammen konnte ich immer handeln, aber drei sind einfach zu viel.“ Die Folge ist ganz einfach: „Ich muss überall Abstriche machen. Im Training und damit bei den Ergebnissen. In der Schule und damit bei den Noten. Und bei der Zeit mit meiner Familie.“
Langer Entscheidungsprozess
Der Abschied sei keine plötzliche Entscheidung gewesen, sondern habe sich nach und nach angebahnt. „Vor einem Jahr bin ich von Leverkusen nach Hannover gegangen und habe mich da an meinem Sprungknie operieren lassen. Das war für mich der Anfang vom Ende, auch wenn es andere vielleicht nicht so gesehen haben.“
Heute, ein Jahr später, plagen ihn noch ganz andere Sorgen: „Wenn man ein Jahr nicht springt, fehlen einem Wettkämpfe und damit auch Gelder. Aber ich muss meine Familie ernähren.“ Dies fiel ihm zuletzt immer schwerer. Die Folge: Er lebt hauptsächlich in Hannover, seine Frau und Kinder bei seinen Eltern in der Nähe von Bremen. Seine Ausbildung findet in Hildesheim statt.
Herberge Winter oder Spiegelburg
Zwischen diesen drei Städten pendelt er und hinzu kamen immer wieder Fahrten nach Leverkusen, um zu trainieren. „Dort musste ich mir dann auch immer erst einmal eine Unterkunft suchen. Meistens habe ich bei Nils Winter oder Richard Spiegelburg übernachtet.“
„Vor fünf Jahren war die Situation schon einmal ähnlich“, berichtete er. „Damals habe ich mich für den Sport und gegen den Beruf entschieden und alles auf eine Karte gesetzt.“ 2003 gelang ihm der Durchbruch, seine Bestleistung steigerte er auf 2,27 Meter, bei den Weltmeisterschaften in Paris (Frankreich) belegte er den 13. Platz im Finale.
2004 erstmals über 2,30 Meter
2004 sieht er als sein erfolgreichstes Jahr. „Damals bin ich in der Halle und im Freien Deutscher Meister geworden, bin 2,30 Meter hoch gesprungen und war bei den Olympischen Spielen. Beim Europacup war ich Dritter, ich habe geheiratet und bin Papa geworden.“
Für einige Jahre funktionierte alles, die Entscheidung für den Sport und gegen den Beruf schien die richtige zu sein. „Aber jetzt sind die Umstände einfach nicht mehr gegeben. Jetzt muss ich vernünftig sein.“
Starke Physis reicht nicht
„Körperlich bin ich so gut drauf wie vielleicht noch nie“, schätzte er seine Physis ein. Ginge es nur danach, würde er sich sogar wieder Sprünge um 2,30 Meter zutrauen. Aber ohne die nötige Zeit und Ruhe für das Training und ohne das nötige Geld sind das Spielereien im Kopf. „Sport in der Form macht keinen Spaß“, gab er unumwunden zu. „Die 2,17 Meter in Nürnberg waren gut. Das ist mein jetziges Niveau. Aber das macht weiter keinen Sinn.“
Noch ein Jahr dauert die Ausbildung zum Holztechniker, dann macht er sein Diplom und wird in den elterlichen Betrieb nahe Bremen einsteigen. Dann wohnt er auch wieder in der Nähe seiner Familie. Nach fünf Jahren fällt die Entscheidung diesmal für den Beruf und gegen den Sport. Und diesmal ist es wahrscheinlich die richtige Entscheidung für mehr als fünf Jahre.