Roman Sebrle hat's im Rücken
In jedem Zehnkämpfer steckt ein Atlas. Sie alle tragen das Himmelsgewölbe unter Ächzen und Stöhnen auf ihren breiten Schultern. Roman Sebrle, ein Muskelpaket auf zwei Beinen, zählt auch dazu. In Ratingen strotzte er noch vor Kraft. Da war er nicht zu schlagen, doch jetzt hat's auch ihn erwischt. Denn der Rücken spielte ihm einen üblen Streich und stellte seine Trainingspläne auf den Kopf.
In Ratingen hatte Roman Sebrle noch gut lachen (Foto: Gantenberg)
Das Gepäck für die Fahrt ins Trainingslager nach Frankreich wollte er reisefertig machen, als ihn ein stechender Schmerz im Rücken ereilte. Roman Sebrle war gerade dabei, die Stabhochsprungstäbe zu verstauen. Da passierte es. Doch Gott sei Dank ist es nichts Gravierendes, so dass sein Start bei den Weltmeisterschaften Ende August in Paris gefährdet wäre. Aber ärgerlich ist diese Verletzung allemal, weil sie den gesteckten Zeitplan ein wenig durcheinander wirbelt. "Ich kann nicht wie vorgesehen mit dem Training beginnen", erklärte er in einem Interview mit der tschechischen Zeitung "Dnes" und beruhigte die Gemüter, "mein WM-Start ist nicht bedroht."
Als Favorit nach Paris
In der dünnen Höhenluft von Font Romeu, dem Wintersportort in den französischen Pyrenäen, möchte er sich auf den Saisonhöhepunkt vorbereiten. Roman Sebrle, der erste Mensch, der die 9000 Punkte übertroffen hat, gilt als großer Favorit im "Stade de France" von Paris.
"Ich will die Goldmedaille", hatte er noch in Ratingen nach seinem Sieg (8606 Zähler) am vergangenen Wochenende optimistisch verkündet, "und wenn ich verletzungsfrei bleibe, kann ich das auch schaffen." Den Weltrekord (9026 Punkte in Götzis 2001) hat er schon, der WM-Titel ist sein großes Ziel.
Das Trauma von Edmonton spukt immer noch in seinem Kopf herum. Damals war er mit hohen Ambitionen angetreten und ist dann tief gefallen. Denn die Leiste bereitete ihm so heftige Probleme, dass Roman Sebrle, Olympia-Zweiter in Sydney 2000, meilenweit unter seinem gewohnten Leistungsniveau blieb. Dennoch dachte er nie ans Aufgeben, hielt bis zum bitteren Ende durch und musste sich enttäuscht mit dem zehnten Platz und mageren 8174 Pünktchen begnügen.
Etwas gutzumachen
Deshalb hat er noch was gutzumachen. Dass er prima in Schuss ist, wissen alle. Zwei Zehnkämpfe hat Roman Sebrle in diesem Sommer absolviert und beide gewonnen: erst in Götzis mit 8807 Punkten, der aktuellen Weltjahresbestleistung, und dann auch in Ratingen, wo ihm 8606 Punkte reichten, um die schwache Konkurrenz leicht und locker zu distanzieren.
Da müssen sich die Konkurrenten um den US-Amerikaner Tom Pappas schon kräftig ins Zeug legen, wenn sie den tschechischen Riesen in die Knie zwingen wollen.
Roman Sebrle ist jetzt 28, im November wird er 29, mit den Jahren steigt auch die Verletzungsanfälligkeit. Sebrle lässt sich freilich nicht unterkriegen von so einer kleinen Blessur, er doch nicht, auch wenn er weiß, dass es manchmal ein Kreuz ist mit dem Rücken.