Rotterdam-Marathon kollidiert mit London
Die Kollision ist perfekt. London und Rotterdam, die beiden Marathon-Klassiker, finden im Jahr 2003 wieder an ein und dem selben Tag statt. Die Macher in der holländischen Hafenstadt scheuen nicht die Konkurrenz mit dem Branchenführer und haben ihre Veranstaltung auf den 13. April datiert. Damit ist ein neuer Wettstreit um die schnellsten Endzeiten vorprogrammiert.
Simon Biwott siegte in diesem Jahr in Rotterdam (Foto: Hörnemann)
Seit 1981, als beide Läufe debütierten, rivalisieren Rotterdam und London um die Vorherrschaft in Europa. Im direkten Vergleich hatten die Niederländer bislang 13 Mal die Nase vorn. Soll heißen: Ihre Siegerzeit war schneller als jene in London.Aber in diesem Jahr sorgten die Engländer für Schlagzeilen auf breiter Front. Khalid Khannouchi, der gebürtige Marokkaner, der mittlerweile die US-Bürgerschaft erhalten hat, steigerte seinen eigenen Weltrekord auf 2:05:38 Stunden. Paul Tergat aus Kenia folgte dichtauf in 2:05:48. Haile Gebrselassie, der kleine Wunderläufer aus Äthiopien, lief als Dritter in einem nie da gewesenen Klassefeld mit 2:06:35 die schnellste Zeit, die je ein Debütant auf dieser Strecke abgeliefert hat.
London in diesem Jahr klar im Vorteil
Mario Kadiks, der Renndirektor, und Jos Hermens, sein Athleten-Manager, mussten neidlos anerkennen, dass ihr Rotterdam-Marathon bei seiner 22. Auflage nur eine Nebenrolle spielte. Was auch an den äußeren Bedingungen lag. "Die Temperaturen", erklärte Hermens im Nachhinein, "hätten zweifellos etwas niedriger sein dürfen." Simon Biwott, Erster in 2:08:39 Stunden, stimmte ihm zu. "Es war viel zu heiß", stöhnte der 32-jährige Kenianer, der in Edmonton Silber gewonnen hatte nach jenem denkwürdigen Duell mit dem Äthiopier Gezahegne Abera, dem er damals um den Bruchteil einer Sekunde unterlegen war, "bei besserem Wetter hätte ich sicherlich viel schneller laufen können."
Wetterhoch drückte auf die Leistungen
Das plötzliche Hoch von 18 Grad, nachdem es in den Tagen zuvor noch kühl und regnerisch gewesen war, drückte auf die Leistungen. So viele Teilnehmer wie in den letzten zwölf Jahren nicht mehr kapitulierten unterwegs und sind dann ausgestiegen. 10.900 Meldungen waren eingegangen. 10.466 Läufer und Läuferinnen machten sich auf die beschwerliche Reise, doch 2753 von ihnen kamen nicht ins Ziel, was einer Ausfallquote von immerhin 26,30 Prozent entspricht. "Vielleicht", hatte Hermens schon auf der Pressekonferenz vorgeschlagen, "vielleicht sollten wir die Startzeit vorverlegen." Denn mittags um Zwölf, als die riesige Meute mit lautem Kanonendonner vorm Rathaus lospreschte, herrschten alles andere als ideale Voraussetzungen, so dass sogar dreizehn Teilnehmer bei diesem Hitzerennen ins Krankenhaus eingeliefert wurden. "Sie haben von uns einen Blumenstrauß und ein Marathon-T-Shirt bekommen", teilte Kadiks mit.
Eine Woche vor dem Osterfest
Die Startzeit wird nicht vorverlegt, der Termin indes auf den 13. April 2003 verlagert. Die Verschiebung hat einen ganz plausiblen Hintergrund, denn eine Woche später wird das Osterfest gefeiert. Darum blieb Kadiks & Co. keine andere Wahl als ein erneutes Wetteifern mit dem finanzkräftigen Magnaten aus London, der laut Meldungen in der englischen Presse stolze 1,5 Millionen Dollar an Start- und Preisgeldern ausgeschüttet habe. Ja, ja, London ist der Krösus im boomenden Marathon-Geschäft, Rotterdam hingegen nur ein Bettelmann, der sich keine großen Sprünge leisten kann in diesem ungleichen Duell.