Rüdiger Nickel – "Nicht die Nerven verlieren"
Die deutsche Nationalmannschaft kehrt mit einer Medaille, nämlich Bronze durch 200-Meter-Läufer Tobias Unger, von der Hallen-Weltmeisterschaft in Budapest zurück. leichtathletik.de hat sich mit Rüdiger Nickel, dem DLV-Vize-Präsidenten Leistungssport, über das Abschneiden und die Gründe für die Minimalausbeute auf ungarischem Boden unterhalten...
Rüdiger Nickel: "Ganze Masse an Dingen, mit denen man unzufrieden sein kann" (Foto: Kiefner)
leichtathletik.de:Herr Nickel, wie fällt Ihre Gesamtbilanz der Hallen-Weltmeisterschaft in Budapest aus Sicht des DLV aus?
Rüdiger Nickel:
Wenn man die nackten Zahlen betrachtet, haben wir mit einer Medaille und sechs Endkampfplatzierungen die Minimalerwartung gerade mal so erreicht. Das war das Minimum, das wir uns ausgerechnet haben. Ansonsten sehe ich eine ganze Masse an Dingen, mit denen man unzufrieden sein kann. Dass fast keine Athleten, nämlich mit Nadine Kleinert nur eine, eine Jahresbestleistung erbracht haben, zeigt, dass zu wenige in der Lage sind, sich mit Konstanz auf den Höhepunkt vorzubereiten. Das zu verbessern, wird jetzt die Hauptaufgabe auf dem Weg nach Athen sein.
leichtathletik.de:
Es waren auch einige junge Athleten, die ihre Feuertaufe zu bestehen hatten, am Start. Wie beurteilen Sie deren Auftritte?
Rüdiger Nickel:
Unser Ziel war es, mit einer größeren Mannschaft als vor einem Jahr in Birmingham junge Athleten einzubauen. Das war ungemein wichtig und ein guter und wichtiger Schritt. Manche, etwa Sebastian Ernst, haben diese Chance genutzt, für andere war es eine wertvolle Erfahrung, mal zu sehen, was bei internationalen Meisterschaften los ist. Das gilt etwa für Melanie Skotnik und Sophie Krauel. Ich glaube, dass diese Erfahrung für diese Athleten bereits im Hinblick auf die Sommersaison wertvoll sein kann, wenn sie die richtigen Konsequenzen daraus ziehen. Man darf nicht vergessen, dass das nicht nur unsere Athleten für Athen, sondern auch bereits für Peking 2008 sind.
leichtathletik.de:
Was bleibt an positiven Erkenntnissen, die man aus deutscher Sicht aus Budapest mit in den Sommer nehmen kann?
Rüdiger Nickel:
Positiv ist, dass es im Männersprint die erste Einzelmedaille überhaupt bei einer Hallen-WM gegeben hat. In einer totgesagten Disziplin ist jetzt auf internationalem Niveau mit Tobias Unger wieder jemand da, der eine Medaille gewinnen kann. Und Sebastian Ernst sitzt ihm im Nacken.
leichtathletik.de:
Welche Chancen bieten sich hier im Hinblick auf eine 4x100-Meter-Staffel für die Olympischen Spiele?
Rüdiger Nickel:
Wir haben immer gesagt, dass man im Sprint über die Staffel wieder den Anschluss schaffen muss. Das haben wir, im Moment zwar umgekehrt über eine Einzelmedaille, weil die 4x400-Meter-Staffel in Budapest die Endkampfplatzierung leider verpasst hat. Der Schwerpunkt Staffelbildung bleibt aber auch für den Sommer erhalten.
leichtathletik.de:
Wie schwer wogen die Ausfälle der Medaillengewinner des letzten Jahres wie Annika Becker, Grit Breuer oder Astrid Kumbernuss?
Rüdiger Nickel:
Verletzte haben wir auch im letzten Jahr gehabt. Ich denke zum Beispiel an Martin Buß. Man kann die Medaillen und Endkampfplatzierungen nur mit den Athleten erzielen, die auch am Start sind. Damit muss man das Optimale erreichen. Es hilft nur bedingt, auf die Verletzten zu schielen.
leichtathletik.de:
In Paris sprachen manche Medien von einem SOS funkenden DLV. Wie lautet der Funkspruch von Kapitän Rüdiger Nickel am Ende der Hallen-WM?
Rüdiger Nickel:
In einer stürmischen Zeit wäre es das Schlimmste, die Nerven zu verlieren. Man muss konsequent darauf hinarbeiten, diese nicht ganz einfache Zeit zu überstehen.
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