Ruf nach Reformen wird lauter
Mehr Transparenz, mehr Beteiligung der Athleten und eine größere Einbindung externer Experten: In der Debatte um die Zukunft der Förderung deutscher Spitzenathleten werden die Vorschläge für Reformen immer konkreter. Dagmar Freitag als Vorsitzende im Sportausschuss des Deutschen Bundestages forderte klare Einschnitte, während der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und das Bundesinnenministerium (BMI) charmant abblockten.
"Es ist doch erstaunlich, dass sich jetzt mehr und mehr Verbände zu Wort gemeldet haben. Damit wird deutlich, dass eine breite Debatte gewünscht und auch notwendig ist", sagte die SPD-Politikerin dem Sport-Informations-Dienst (SID). Es wäre hilfreich, wenn bei der Anpassung des Fördersystems externe Sachverständige eingebunden würden. "Ich denke da an Sportwissenschaftler wie Professor Eike Emrich oder Professor Joachim Mester von der Sporthochschule Köln."DOSB-Generaldirektor Michael Vesper zeigte sich durchaus aufgeschlossen. "Ich begrüße zunächst jeden konstruktiven Vorschlag. Allerdings sind wir ein System, das demokratischen Regeln unterliegt. Deshalb sollten Vorschläge in die Gremien einfließen, bevor sie in der Zeitung erscheinen", sagte Michael Vesper am Rande des Sportausschusses des Deutschen Bundestages. Forderungen nach schnellen Reformen wich Michael Vesper aus: "Wir sind den Beschlüssen der Mitgliederversammlung von 2007 verpflichtet."
Eine Entscheidung des Sports
Auch Gerhard Böhm, Abteilungsleiter Sport im BMI, gab kurzfristigen Änderungen keine Chance. "Der Haushalt muss bis Anfang November stehen. Darin enthalten ist auch die Konzeption der Grundförderung für den olympischen Zyklus bis 2016. Ich weiß nicht, wie da noch grundlegende Veränderungen durchgesetzt werden sollen", sagte der Vertreter des größten Geldgebers, meinte aber auch: "Letztendlich ist das eine Entscheidung des Sports."
Der DOSB hatte in der vergangenen Woche beschlossen, am bisherigen Modell der Förderung sowie an den Zielvereinbarungen weitgehend festzuhalten. Das stieß vor allem beim Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) und beim Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) auf Kritik. Diskus-Olympiasieger Robert Harting (SCC Berlin) forderte mehr Geld für Athleten und attackierte DOSB-Präsident Thomas Bach direkt.
„Versteckspiel beenden“
Auch bei der Offenlegung der Zielvereinbarungen will Dagmar Freitag dauerhaft mehr Transparenz erreichen. Die SPD brachte einen Antrag in den Sportausschuss ein, wonach die Zielvereinbarungen für alle zukünftigen Olympischen Spiele dem Sportausschuss zugänglich gemacht werden sollten. Bei Olympia in London hatten zwei Journalisten die Offenlegung vor Gericht durchgesetzt. "Nachdem die Beschwerde gegen die Veröffentlichung vom Oberverwaltungsgericht abgelehnt wurde, müssen DOSB und BMI ihr Versteckspiel endlich beenden", sagte Dagmar Freitag.
Auch nach Einschätzung des Athletensprechers Christian Breuer sei "das Gesamtkonzept der Mittelverteilung im deutschen Spitzensport zu überdenken und zu reformieren". In einem offenen Brief an den Sportausschuss kritisierten die Athleten vor allem das BMI. Der hohe Grad an Bürokratie bei der Verteilung der Gelder stelle ein großes Problem dar. Es würden immer mehr Ressourcen, Mittel, Personal und Energie in das Füllen von Aktenordnern gesteckt, anstatt den Athleten optimal zu fördern, hieß es.
Antrag zurückgestellt
Heftige Kritik übte die Athleten-Kommission auch an der immer noch fehlenden finanziellen Unterstützung für die Nationale Anti Doping Agentur (NADA). Das Kontrollsystem werde "mit Füßen getreten". Die Mittelkürzung durch den Bund sei unhaltbar. Auch die SPD sprach von einer "drohenden Blamage" auf internationaler Ebene, falls die Finanzierung nicht gewährleistet werde. Der NADA fehlen immer noch 1,35 Millionen Euro für den Haushalt des kommenden Jahres.
Ein Antrag der Grünen im Sportausschuss, wonach rund fünf Prozent der zentralen Maßnahmen für den Sport (94 Millionen Euro) an die NADA abzuführen sind, wurde zurückgestellt und soll in der nächsten Sitzung zur Abstimmung kommen.
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)