| Neue Meister

Ruth Sophia Spelmeyer tastet sich Richtung internationale Spitze

Die Deutschen Hallen-Meisterschaften in Karlsruhe haben sieben junge Titelträger hervorgebracht, die noch nie zuvor bei den Erwachsenen ganz oben auf dem DM-Treppchen gestanden haben. Wir stellen neue Gesichter und Aufsteiger vor. Einige der „Neuen Meister“ gehören trotz ihrer Jugend schon zu den bekannten Athleten der Szene. Heute an der Reihe: Viertelmeilerin Ruth Sophia Spelmeyer (VfL Oldenburg).
Jan-Henner Reitze

Ruth Sophia Spelmeyer
VfL Oldenburg

*19. September 1990
Größe: 1,73 Meter
Gewicht: 59 Kilo

400 Meter
Bestleistung: 52,63 (2013)
Vierte U20-EM 2009 (200 Meter)
U20-Europameisterin 2009 (Sprintstaffel)
EM-Sechste 2014 (4x400-Meter-Staffel)
Deutsche Hallenmeisterin 2015

Schon im DM-Vorlauf alles reinlegen, um die Norm für den internationalen Höhenpunkt über 400 Meter abzuhaken. Im Finale nochmal möglichst nah an diese Zeit heranlaufen und den Titel mit nach Hause nehmen. So hat es in den vergangen Jahren häufig die Wattenscheiderin Esther Cremer gemacht, die in diesem Winter allerdings verletzungsbedingt kein Rennen absolvierte.

Im zurückliegenden Winter fand die dominierende DLV-Viertelmeilerin der vergangenen Jahre eine würdige Vertreterin, die in Karlsruhe zum ersten Mal eine internationale Einzelnorm bei den Erwachsenen knackte und einen Tag später auch noch ihren ersten Deutschen Meistertitel feiern durfte: Ruth Sophia Spelmeyer. Die 22-Jährige ging den Vorlauf mutig an und lief in 52,87 Sekunden erstmals unterm Hallendach unter 53 Sekunden.

Diese Zeit bestätigte sie einen Tag später in 52,99 Sekunden und wurde doppelt belohnt: Gold und das Ticket zur Hallen-EM in Prag (Tschechische Republik). Der erste internationale Einsatz in einem Einzelrennen lief dann nicht so wie erhofft - freies Laufen am persönlichen Limit ließ die internationale Konkurrenz nicht zu. 53,84 Sekunden waren nicht schnell genug, um den Vorlauf zu überstehen. Dennoch: Die Erfahrung macht reicher.

400 Meter - eine Hassliebe

Ihre ersten Erfolge in der Leichtathletik sammelte Ruth Sophia Spelmeyer über 200 Meter. In der U20 gelang 2008 die Qualifikation für die U20-WM. Ein Jahr später ging es zur U20-EM und dort im Finale auf Rang vier, außerdem gab es Gold mit der DLV-Sprintstaffel. Schon damals bekam die Deutsche Hallenmeisterin von mehreren Seiten den Rat, es doch mal mit den 400 Metern zu probieren. "Ich habe immer abgelehnt und gesagt: Bloß nicht", erinnert sich die 22-Jährige, die sich nicht so recht an die harte Strecke herantraute.

Das änderte sich mit dem Wechsel in die Trainingsgruppe von Edgar Eisenkolb in Hannover. Das Training wurde umgestellt und die ersten Erfahrungen auf der Stadionrunde gesammelt - nicht sofort mit Erfolg. "400 Meter sind eine Strecke, die man lernen muss", so die EM-Sechste mit der Staffel, die zwei Jahre brauchte, bis der Knoten platzte. Das Jahr 2013 begann schon in der Halle mit einer Steigerung, im Freien gab es die ersten 52er-Zeiten und den ersten Einsatz mit der DLV-Staffel bei der Team-EM.

An die zwiespältige Beziehung zu ihrer Disziplin hat sich die Aufsteigerin mittleiweile gewöhnt: "Es ist eine Hassliebe. Man denkt vorher: Warum tue ich mir das an? Danach kann man dann aber stolz auf sich sein und weiß, dass man etwas geschafft hat." Da spricht sie wohl vielen 400-Meter-Kollegen aus dem Herzen.

Olympia 2016 großes Ziel

Eine weitere Gemeinsamkeit mit vielen anderen DLV-Athleten ist der Traum von Olympia 2016 in Rio de Janeiro (Brasilien). Die erfolgreiche Hallensaison "war ein wichtiger Schritt", so die Psychologie-Studentin, die ihr Studium streckt, um genug Zeit für Training und Regeneration zu haben. Der Blick geht dabei nicht nur auf die Staffel, sondern richtet sich auch auf die Einzelnorm.

Mit einer Zeit unter 52 Sekunden soll im Sommer der nächste Schritt in diese Richtung folgen. "Stetig ernährt sich das Eichhörnchen", lautet das Motto. Großer Rückhalt auf dem Weg zu neuen Bestzeiten ist die Trainingsgruppe in Hannover, zu der auch der „Neue Meister“ Alexander Gladitz, Langhürdlerin Anna Raukuc (beide LG Hannover), oder die Teilnehmerin der U20-WM Ann-Kathrin Kopf (TSV Otterndorf) gehören.

Video: <link video:11805>Ruth Sophia Spelmeyer mit Start-Ziel-Sieg
Video: <link video:11739>Ruth Sophia Spelmeister läuft Hallen-EM-Norm im Vorlauf
Video-Interview: <link video:11856>Ruth Sophia Spelmeyer: "Wahnsinn"

Das sagt Bundestrainer Tobias Kofferschläger:

Ruth hat mit ihrer Leistung bei den Deutschen Meisterschaften einen weiteren Schritt nach vorne getan. Sie hat sich erstmals bei den Aktiven im Einzel für eine internationale Meisterschaft qualifiziert. Das ist eine neue Qualitätsstufe. Die Hallensaison ist ein wichtiger Zwischenschritt für ihr Ziel, sich auch für eine große Meisterschaft im Freien zu qualifizieren. Ich freue mich über die Entwicklung. Mit der 52,8 in der Halle ist im Freien eine Zeit unter 52 Sekunden realistisch. Das wäre eine Annäherung an die Einzelnormen. Auch die Erfahrung in Prag ist wichtig, auch wenn das Ergebnis nicht so war, wie gewünscht. Ruth ist eine fokussierte Athletin, die sich konzentrieren kann. Sie weiß, was sie will. Ich kann mich auf sie verlassen. Als ich sie zum ersten Mal in der Staffel bei der Team-EM eingesetzt habe, habe ich sie an die Schlussposition gesetzt, weil ich mir sicher war, dass sie das kann.

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