Sabrina Mockenhaupt: „Zwischendrin war's eng“
Es war der versöhnliche Abschluss einer unrunden Saison. Beim New York Marathon (USA) holte sich Sabrina Mockenhaupt die EM-Quali, bevor es in die Regenerationspause ging. Im Interview erzählt die Siegerländerin von Zweifeln während des Rennens, von einer für sie ungewohnten Renntaktik und warum New York sich schon nach ihrer zweiten Heimat anfühlt.
Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem starken Auftritt beim New York Marathon! Wie zufrieden sind Sie?Sabrina Mockenhaupt:
Ich bin absolut zufrieden, vor allem mit meiner Platzierung bei dem Starterfeld. Die Zeit spiegelt nicht das wider, was ich wirklich drauf hatte. Der Kurs in New York ist schwierig und auch die Wetterbedingungen waren mit dem Wind absolut nicht rekordverdächtig, was man auch an den Zeiten bei den Männern sieht. Ich hatte von Anfang bis fast zum Ende ein super Laufgefühl und das stimmt mich absolut positiv.
Wie erging es Ihnen unterwegs? Auf Facebook haben Sie schon geschrieben, dass der Wind allen Läufern ganz schön zu schaffen machte?
Sabrina Mockenhaupt:
Ja genau, der Wind hat das Rennen ganz anders werden lassen, als ich es vorher gedacht hatte! Er kam direkt von Norden und die Strecke in New York führt so gut wie 90 Prozent direkt von Süden nach Norden. So hatten wir fast nur Gegenwind. Aber ich wollte nicht wieder den gleichen Fehler machen wie im Frühjahr beim Boston-Marathon, wo ich bis Kilometer 15 dem Hauptfeld enteilt war, und so habe ich mich in Geduld geübt und bin im Hauptfeld geblieben, auch wenn teilweise Stehversuche stattfanden und ganz schön viel Zeit auf der ersten Hälfte liegen gelassen wurde.
Die erste Hälfte war langsamer als die zweite, dann sind Sie immer schneller geworden. War das von vorne herein so angedacht?
Sabrina Mockenhaupt:
Nein! Wären das Rennen und der Rennverlauf schneller gewesen und die Bedingungen anders, hatten wir geplant schneller anzulaufen. Die erste Hälfte ist die einfachere Hälfte in New York und für die zweite Hälfte wollte ich mir Körner sparen. Aber wie gesagt, es kommt immer anders und erst recht als man denkt.
Diese Taktik, die zweite Hälfte schneller zu laufen, wird inzwischen von vielen Topläufern angewandt. Welchen Vorteil sehen Sie darin?
Sabrina Mockenhaupt:
Sie hat den Vorteil, dass man echt hinten raus noch zulegen kann. Aber einigen Mädels, die dieses Jahr schon deutlich besser gelaufen sind als ich, hat die Tempoverschärfung weh getan und sie mussten somit abreißen lassen. Ich mag es eigentlich, wenn man gleichmäßig laufen kann. Aber dieses Mal hat es auch so Spaß gemacht.
Auf den letzten Kilometern haben Sie die Weltmeisterin Edna Kiplagat aus Kenia überholt. War das besonders motivierend?
Sabrina Mockenhaupt:
Es war schon cool und daran sieht man, dass man sich den Leuten einfach auch mal stellen muss! Von außen kann sich jeder die Zeiten anschauen und sagen, das hätte ich auch locker gekonnt. Jedes Rennen hat seine eigenen Gesetze und muss gelaufen werden. Sie war aber bestimmt noch von der WM müde, also bilde ich mir nicht wirklich was darauf ein. Die WM-Zweite Valeria Straneo aus Italien war zum Beispiel vor mir.
Haben Sie unterwegs an die EM-Quali gedacht?
Sabrina Mockenhaupt:
Auf jeden Fall, und zwischenzeitlich habe ich auch gedacht, dass es eng wird, da ja die zweite Hälfte in New York schwieriger zu laufen ist und ich nicht wusste, wie viel ich noch zulegen kann. Dann habe ich mich aber wieder auf die Platzierung konzentriert und ich wusste auch, dass im schlimmsten Fall eine 2:34 reichen würde. Es gibt ja nächstes Jahr auch eine Teamwertung. Bis jetzt sehe ich die Hahner-Twins, und wenn Eleni (Gebrehiwot; Anm. d. Red.) nächstes Jahr für Deutschland starten darf, auch sie als gesetzt für das Team und dann wird man sehen.
Wie war es für Sie, ohne Pacemaker zu laufen?
Sabrina Mockenhaupt:
Auf jeden Fall wäre ich mit Pacemaker schneller gewesen, man hätte gleichmäßiger laufen können. Aber bei einer Meisterschaft gibt es auch keine Pacemaker und man muss seine eigenen Entscheidungen treffen.
War die Route, wie es ihr nachgesagt wird, schwieriger im Vergleich zu anderen Marathons wie den deutschen in Frankfurt und Berlin?
Sabrina Mockenhaupt:
Auf jeden Fall! New York ist mit seinem Höhenprofil und den fünf Brücken, die zu überqueren sind, sehr schwierig zu laufen, aber die Stimmung ist grandios und einmal im Leben muss man in New York gelaufen sein. Freizeitläufern würde ich aber empfehlen, dort nur zu laufen, um die Stimmung aufzusaugen und nicht, um eine gute Zeit zu laufen.
Haben Sie nach Ihrem Ausstieg in Moskau mehr Probleme durchzulaufen oder sind Sie im Gegenteil eher motivierter?
Sabrina Mockenhaupt:
Ganz im Gegenteil, jetzt wo Sie es sagen, ich habe nicht einmal ans Aussteigen gedacht. Ich habe nach der WM auch im mentalen Bereich an mir gearbeitet und einen Ausstieg hätte ich mir nicht wieder geleistet. Die Kritik, die auf mich eingeprasselt ist, hat erst mal gereicht. Nichtsdestotrotz kann es immer wieder passieren und ich verstehe auch andere, denen es mal passiert. Niederlagen gehören zum Sport, so kann man sich auch wieder mehr über Erfolge freuen. Es ist keine Schande hinzufallen, aber man sollte nicht liegen bleiben.
Nun sind schon einige Tage seit dem Marathon vergangen. Haben Sie noch schwere Beine? Das Video, das Sie auf Ihrer Facebook-Seite beim Treppensteigen nach dem Dinner zeigt, tat schon beim Zuschauen weh!
Sabrina Mockenhaupt:
Es sind jetzt vier Tage vergangen und die Beine schmerzen sogar noch bei der Massage, aber ich bin schon wieder spazieren gegangen und das werde ich auch jetzt die nächsten Tage tun! Ab nächste Woche geht es dann wieder mit Alternativ-Training los und den ersten Laufversuchen. Ins richtige Aufbautraining steige ich dann Anfang Dezember wieder ein.
Starten Sie in der Hallensaison?
Sabrina Mockenhaupt:
Ich denke nicht, dass ich eine Hallensaison machen werde. Aber genau weiß ich erst wie das nächste Jahr aussehen wird, wenn ich mich mit meinem Trainer zusammengesetzt habe und wir die Planung für das Jahr 2014 gemacht haben. Damit haben wir extra bis nach diesem Rennen gewartet. Und er schrieb mir, dass ich nach allem jetzt erst mal abschalten solle und das mache ich auch!
Wollen Sie jetzt, wo Sie die Quali haben, bei der EM in Zürich im Marathon starten?
Sabrina Mockenhaupt:
Bis jetzt halte ich mir noch alle Optionen offen. Ich warte ab, was der Trainer sagt und denkt und auf welcher Strecke ich die meisten Chancen habe, eine Medaille zu erlaufen.
Beeinflusst Ihre Entscheidung die starke nationale Konkurrenz auf der Marathonstrecke, die mit Anna und Lisa Hahner (Frankfurt 2:27:55 h; 2:30:17 h), Irina Mikitenko, Eleni Gebrehiwot, Katharina Heinig und Nina Stöcker ganz schön Druck macht?
Sabrina Mockenhaupt:
Absolut gar nicht! Es ist doch schön, dass wieder mehr Leben in die Langstrecken-Szene kommt! Irina macht uns mit ihren 41 Jahren immer noch was vor und das ist das Einzige, was mich motiviert und zeigt, dass man auch mich noch lange nicht abschreiben sollte! Alle drei Europäerinnen im Rennen von New York, die vor mir waren, sind mindestens fünf Jahre älter als ich.
David Monti, in New York für die Athletenverpflichtung zuständig, haben Sie bereits auf Twitter geschrieben, dass Sie wiederkommen werden. Planen Sie schon jetzt für 2014 einen Start beim New York Marathon ein?
Sabrina Mockenhaupt:
Ich denke, dass ich bestimmt beim Halbmarathon im Frühjahr wieder in New York laufen werde. Er und seine Frau organisieren für die Athleten alles so toll, dass ich nach dreimal New York schon das Gefühl habe, ich würde nach Hause kommen. Das macht sehr viel aus und beeinflusst natürlich die ein oder andere Entscheidung.
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