Sally Pearson jagt Brianna Rollins
Hürdensprinterin Sally Pearson (Australien) hat sich von ihrer langjährigen Trainerin Sharon Hannan getrennt. Die Olympiasiegerin sucht nach neuen Impulsen. Ihre Vormachtstellung in der Welt hat sie in diesem Jahr an Shooting-Star Brianna Rollins (USA) verloren. Der Kampf um diese Position könnte die beiden in Weltrekordsphären treiben.
"Die Zeit ist reif für uns, getrennte Wege zu gehen." Dieser Satz ist eine oft bemüht rationale Erklärung, um eine langjährige Verbindung zu beenden und sich dabei mühevoll mit Emotionen zurückzuhalten.So war es auch, als Sally Pearson bekannt gab, dass sie sich von ihrer Trainerin Sharon Hannan trennt, die sie 14 Jahre lang betreut hatte. In den höchsten Tönen hatte die Hürdensprinterin "Coach Hannan" immer wieder gelobt, zum Beispiel nach ihrem hart erarbeiteten ersten großen Gold bei der WM in Daegu (Südkorea) vor zwei Jahren.
"Ich kann ihr gar nicht genug danken. Sie hat mich im Alter von 13 Jahren entdeckt, als ich 200 Meter Hürden gelaufen bin. Seitdem hat sie an mich geglaubt. Ich denke, sie ist der wichtigste Einfluss auf mein Leben und meinen Sport", hatte die Australierin nach ihrem WM-Titel gesagt.
Lange für den Erfolg gearbeitet
In diesem Rennen war Sally Pearson in 12,28 Sekunden die schnellste Hürdenzeit seit 19 Jahren gelaufen und zur Weltleichtathletin des Jahres gewählt worden.
Im Alter von 25 Jahren war sie wieder ganz oben. Acht Jahre nachdem sie in Sherbrooke (Kanada) U18-Weltmeisterin geworden war und ihr großes Talent angedeutet hatte. Viele Verletzungen hatten die 1,67 große Athletin zwischenzeitlich immer wieder ausgebremst. In diesem Jahr kamen diese Probleme zurück.
Nachdem sie in London (Großbritannien) in starken 12,35 Sekunden Olympia-Gold geholt hatte, zog sich Sally Pearson 2013 gleich zweimal einen Muskelfaserriss im Oberschenkel zu, der zweite bedrohte gar die Sommersaison in Europa und die WM in Moskau (Russland).
Brianna Rollins stürmt vorbei
Geradeso gelang es, dass sich die Titelverteidigerin im Moskauer Olympiastadion wieder so richtig fit fühlte. In 12,50 Sekunden lief sie Saisonbestzeit, musste aber einsehen: Das ist nicht mehr genug, um die Nummer eins zu sein. Es reichte nur zu Silber.
Die international bis zu diesem Jahr völlig unbekannte Brianna Rollins flog im WM-Finale auf den letzten Metern an der Olympiasiegerin vorbei und siegte trotz des schlechtesten Starts in der WM-Geschichte in 12,43 Sekunden, als wäre es das Einfachste auf der Welt.
Allein unter regulären Bedingungen blieb die US-Amerikanerin in diesem Sommer neunmal unter ihrer Bestzeit aus dem letzten Jahr, die sie um mehr als vier Zehntel steigerte. Der Höhepunkt waren die US-Meisterschaften als der Shooting-Star in 12,26 Sekunden die Bestzeit von Sally Pearson nochmal um zwei Hundertstel unterbot. Der 25 Jahre alte Weltrekord (12,21 sec) ist nicht mehr weit.
Duell für die nächsten Jahre?
Der kometenhafte Aufstieg der Brianna Rollins ließ Zweifel aufkommen. Es gibt aber auch Fakten, die man als Erklärung für ihre Leistungen gelten lassen könnte. Immerhin musste sie sich erst einmal unter den starken US-Hürdensprinterinnen behaupten.
2012 sprintete sie immerhin 12,70 Sekunden und war trotzdem in keinem internationalen Rennen vertreten. Im Vergleich mit Sally Pearon bringen beide fast identische Zubringerwerte über 200 Meter (Rollins: 23,04 sec; Pearson: 23,02 sec) und 400 Meter (Rollins: 53,93 sec; Pearson: 53,86 sec) mit. Bleiben beide gesund, könnten sich beide gegenseitig in Richtung Weltrekord hochschaukeln.
Um den Kampf um die Krone im Hürdensprint aufnehmen zu können, setzt Sally Pearson auf einen neuen Trainer und geht damit sicherlich auch ein Risiko ein. Sie bringt aber dann doch noch einen Satz heraus, der den Hintergrund ihrer Entscheidung besser erahnen lässt: "Meine Konkurrentinnen machen alles, um besser zu werden, so muss ich es auch machen."