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Sara Gambetta versetzt ihren Trainer in Ekstase

18,14 Meter in Schönebeck: Als erste Kugelstoßerin hat Sara Gambetta (SC DHfK Leipzig) die Norm für die Weltmeisterschaften in London geknackt. Mit einem Mal waren alle Zweifel weggeblasen, die sie nach den ersten Wettkämpfen des Sommers noch geplagt hatten.
Philip Häfner

René Sack ist ein zurückhaltender Mensch. Über gute Ergebnisse seiner Athleten freut er sich meist eher still. Es kommt nicht oft vor, dass man den Hallenser Trainer so überschwänglich jubeln sieht wie am Freitagabend beim Schönebecker Sole-Cup nach dem fünften Versuch von Kugelstoßerin Sara Gambetta (SC DHfK Leipzig).

Die ausgelassene Reaktion ihres Trainers machte deutlich, welch herausragende Leistung die 24-Jährige soeben erzielt hatte. Zum ersten Mal in ihrer Karriere hatte Sara Gambetta die 18-Meter-Marke geknackt - 18,01 Meter wurden für sie in Schönebeck gemessen. Damit erfüllte sie als erste deutsche Kugelstoßerin die Norm für die Weltmeisterschaften in London (Großbritannien; 4. bis 13. August). Im sechsten Versuch konnte sie sich sogar noch einmal verbessern: auf 18,14 Meter.

„Nach dem ersten 18-Meter-Stoß war ich wie im Flow. Das war so befreiend. Es war eigentlich schade, dass der Wettkampf eine Runde später schon wieder vorbei war“, sagte Sara Gambetta. Sie ließ sich auch nicht davon beeindrucken, dass die Chinesin Yang Gao mit einem Versuch auf 17,92 Meter kurzzeitig noch einmal ganz nah an sie herangerückt war. Sara Gambetta nahm die Weite still zur Kenntnis - und konterte eine Runde später eiskalt.

Aus Selbstzweifel wird Erleichterung

Dabei hatte sie schon an sich gezweifelt. In den ersten Wettkämpfen des Sommers war die Leipzigerin unter Wert geschlagen worden, bei den Halleschen Werfertagen blieb sie sogar ohne gültigen Versuch. „Ich hatte schon gedacht: Das wird nichts mehr. Deshalb bin ich jetzt einfach nur erleichtert.“

Am Training hatte es nicht gelegen, dass der Knoten erst jetzt geplatzt ist. Sara Gambetta hatte ordentlich gearbeitet, im Kraft- und Athletikbereich hat sie deutlich zugelegt. Doch es dauerte, bis die neuen körperlichen Fähigkeiten auch optimal angewandt werden konnten. „Wenn man mehr Kraft hat, ist man auch schneller im Ring und kann das vielleicht erst einmal nicht umsetzen“, erklärt sie.

Hinzu kam eine Entzündung im Ellenbogen im Aufbautraining. „Ich konnte in der Vorbereitung erst recht spät anfangen zu stoßen. Ein halbes Jahr war ich außer Gefecht, das war echt nervig“, sagt Sara Gambetta. Erst seit Anfang März ist wieder Techniktraining in gewohntem Ausmaß möglich, „da hat das Technikgefühl in den ersten Wettkämpfen einfach noch gefehlt. Aber jetzt geht die Saison so richtig los!“

Vom Mehrkampf profitiert sie bis heute

Sara Gambetta ist erst seit 2013 Kugelstoßerin. Vorher war sie Mehrkämpferin gewesen, und keine schlechte: 2010 wurde sie U20-Vizeweltmeisterin im Siebenkampf, ein Jahr später holte sie bei der U20-EM ebenfalls Silber. Sie schien vor einer verheißungsvollen Karriere zu stehen - doch dann kamen Gewichtsprobleme und immer wieder Verletzungen. Vor vier Jahren entschied sie sich deshalb zum Wechsel ins Lager der Kugelstoßerinnen.

Von ihrer Mehrkampf-Vergangenheit profitiert die gebürtige Hessin bis heute. „Vor allem von meiner Schnelligkeit und Schnellkraft“, sagt sie. Zudem sei sie durch die vielseitigen Herausforderungen im Siebenkampf koordinativ gut geschult: „Da fällt es manchmal leichter einige Übungen fürs Kugelstoßen schnell umsetzen.“

Im Ring kehrte sie in die Erfolgsspur zurück: 2015 brachte sie von den U23-Europameisterschaften Bronze mit nach Hause. Im vergangenen Jahr qualifizierte sie sich für die EM in Amsterdam (Niederlande) und für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro (Brasilien).

Kampf um die DM-Medaillen so offen wie nie

Ihr Herz hängt immer noch ein bisschen am Siebenkampf. Als sie kürzlich im Fernsehen die Berichte vom Mehrkampf-Meeting in Götzis (Österreich) sah, da kam der Gedanke auf: Dort hätte ich auch mal starten können. Doch dann kommen wieder solche magischen Momente wie der in Schönebeck. „Dann weiß ich, dass ich mit dem Wechsel zum Kugelstoßen alles richtig gemacht“, sagt Sara Gambetta. „So wie es passiert ist, ist es schon gut.“

Mit ihren 18,14 Metern aus Schönebeck führt Sara Gambetta momentan die DLV-Bestenliste an. Und weil mit Christina Schwanitz (LV 90 Erzgebirge) die herausragende Athletin der vergangenen Jahre in diesem Sommer pausiert – die Weltmeisterin von 2015 und Europameisterin von 2016 erwartet in wenigen Wochen Nachwuchs –, ist sie nun plötzlich diejenige, die es bei den Deutschen Meisterschaften in Erfurt (8./9. Juli) zu schlagen gilt. Lena Urbaniak (LG Filstal) und Alina Kenzel (VfL Waiblingen) lauern dahinter auf ihre Chance.

„Für die Zuschauer in Erfurt wird es in diesem Jahr ohne Christina vielleicht sogar interessanter als zuletzt“, meint Sara Gambetta. Solange Christina Schwanitz am Start war, war der erste Platz an sie vergeben - der Rest des Feldes folgte mit deutlichem Abstand. „Dieses Mal ist das Rennen völlig offen“, sagt sie.

<link news:57248>Erster 18-Meter-Stoß für Gambetta, Müller schlägt Weltmeisterin

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