| Para-WM

Schulze und Schäfer stillen ihren Medaillenhunger

Leon Schäfer knabberte nach seinem Sprung zu Bronze noch an einem Apfel, da schmiedete Mathias Schulze schon Pläne für einen Besuch beim weltberühmten Starkoch. Im Restaurant von Jamie Oliver wollte Schulze seine Silbermedaille bei der Para-Leichtathletik-WM in London gebührend feiern.
SID/pr

"Das kann man sich dann mal gönnen. Das habe ich meinem Betreuer Alex Holstein versprochen. Natürlich lade ich ihn ein", sagte der 33 Jahre alte Kugelstoßer Mathias Schulze nach seinem zweiten Platz, den er sich mit persönlicher Bestweite (15,31 m) hinter dem Chinesen Enlong Wei (15,64 m) holte.

Nachwuchshoffnung Leon Schäfer indes kam im Weitsprung mit 6,25 Meter auf den dritten Rang und gewann vor 20.000 Zuschauern sein erstes Edelmetall bei einer WM. "Bronze, das hört sich cool an. Ich weiß noch nicht, wo die Medaille hinkommt, vielleicht ins Wohnzimmer. Und gefeiert wird bestimmt", meinte der 20 Jahre alte oberschenkelamputierte Leverkusener, der bei den Paralympics in Rio 2016 bereits Vierter geworden war.

Zur Halbzeit zwölf deutsche Medaillen auf dem Konto

Damit hat der Deutsche Behindertensportverband (DBS) bei "Halbzeit" der Wettkämpfe der WM (bis 23. Juli) bislang zwölf Medaillen auf dem Konto (4 Gold/4 Silber/4 Bronze). Frederike Koleiski (Wesel) landete am Dienstag mit dem Diskus auf Rang vier, Rennrollstuhlfahrer Marc Schuh (Köln) wurde über 200 Meter Fünfter.   

Schäfer gilt schon jetzt als Kronprinz von Heinrich Popow, der in London aufgrund einer Verletzung fehlt. Doch der Weitsprung-Weltrekordler schrie seinen Vereinskollegen Schäfer als Edelfan im Queen Elizabeth Olympia Stadium aufs Treppchen und gab ihm immer wieder Anweisungen. Popow, längst ein Mentor von Schäfer, hatte sich bei seinem Einsatz in der viel beachteten RTL-Show "Let's dance" eine Muskelblessur zugezogen.   

Wegen einer Knochenkrebs-Erkrankung hatte sich der frühere Fußballer Schäfer, der als Junge schon zu einem Stützpunkt-Training des DFB eingeladen war, im Alter von zwölf Jahren einen Teil seines Beines abnehmen lassen müssen. Als Alternative war noch eine Prothese als Knochenersatz im Gespräch, aber Sport wäre dann unmöglich gewesen. "Es war auf jeden Fall besser so", betonte Schäfer, der längst im Hier und Jetzt lebt: "Ich bin schnell wieder aufgestanden und trauere der vergangenen Zeit nicht hinterher. Durch die Amputation haben sich neue Türen geöffnet."

Vorbild Markus Rehm

Die Aufnahmeprüfung an der Deutschen Sporthochschule (DSHS) in Köln zum Beispiel absolvierte der gebürtige Bremer und mehrfache Junioren-Weltmeister mit Bravour. Ohne Extrawurst. Schäfer turnte am Reck, zeigte eine Bodenkür, spielte Tischtennis und Volleyball. Normalität pur.  Inspiriert wurde Schäfer auch vom mehrfachen Weitsprung-Weltmeister Markus Rehm (TSV Bayer 04 Leverkusen), der in einer anderen Klasse startet. In der Reha im Klinikum Bremen Mitte hatten die Patienten jeweils einen Wunsch frei. Schäfer traf Rehm – und wurde so zum Parasport gebracht.

Schulze indes konnte in London endlich mal wieder seine Liebe zur Kugel ausleben. Seine Schokoladendisziplin war bei den Paralympics 2016 in Rio nicht im Programm. "Silber – damit hatte ich nicht gerechnet. Und vielleicht geht es in zwei Jahren bei der WM noch höher hinaus", unkte Schulze, dem von Geburt an die linke Hand fehlt.

Mit dem Speer war der Student am Zuckerhut Zehnter geworden. Durch die ständigen Wechsel im Programm der Sommerspiele muss Schulze flexibel sein. Seiner Laune tut das keinen Abbruch.
Im Deutschen Haus in Rio verdiente sich der Magdeburger Bestnoten als Entertainer und stellte dabei immer wieder seine Teamkollegen in den Vordergrund. "Ich fand es gut, sie zu würdigen und zu besingen", erklärte Schulze.

Quelle: Sport-Informations-Dienst (SID)

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