Sebastian Bayer - „Der perfekte Sprung“
Weitspringer Sebastian Bayer sorgte bei der Hallen-EM in Turin (Italien) für das herausragende Ergebnis der Veranstaltung. Nachdem alle Wettkämpfe beendet waren, krönte der 22 Jahre alte Bremer mit dem letzten Sprung der Titelkämpfe die Meisterschaften. Mit 8,71 Metern pulverisierte er den deutschen und europäischen Hallen-Rekord.

Ich bin sprachlos und total von den Socken!Sie haben Ihre persönliche Bestleistung um mehr als einen halben Meter gesteigert. Wie haben Sie den Sprung auf 8,71 Meter erlebt?Sebastian Bayer:
Es hat sich perfekt angefühlt. Ich dachte es seien vielleicht mit viel, viel Glück 8,40 Meter, aber das ist einfach Wahnsinn. Ich habe gemerkt, dass ich ihn optimal getroffen habe, aber dass ich so weit springen kann, hätte ich bis jetzt auch nicht gedacht.Vor dem letzten Sprung hat kein Druck mehr auf Ihnen gelastet. Hat Ihnen das die nötige Lockerheit gegeben?Sebastian Bayer:
Das kann schon sein. Der Druck ist von mir abgefallen, nachdem ich davor gedacht habe, Nils könnte noch so weit springen wie ich. Als ich dann als Sieger feststand, bin ich einfach gesprungen.Haben Sie überlegt, den letzten Sprung überhaupt noch zu machen? Sie standen ja als Sieger fest...Sebastian Bayer:
Den wollte ich auf jeden Fall noch springen. Das hatte ich bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften auch so gemacht. Es ist eine Ehre, diesen letzten Versuch zu springen.Wissen Sie, wo der Hallen-Weltrekord liegt?Sebastian Bayer: Nein, keine Ahnung.
Bei 8,79 Metern...Sebastian Bayer:
Oh, ärgerlich, das waren ja nur ein paar Zentimeter (lacht). Nein, im Ernst, das ist mir egal. Mir reichen die 8,71 Meter.Und haben Sie sich vorher schon einmal für den Europarekord interessiert?Sebastian Bayer:
Der Sprung auf 8,29 Meter war für mich technisch schlecht. Danach habe ich aus Spaß Nils gefragt, wo denn der Europarekord liegt. Da hat er nur gelacht und meinte 8,56 Meter. Darauf habe ich gesagt, das sei ein bisschen zu weit und habe damit abgeschlossen.War das heute der perfekte Sprung?Sebastian Bayer:
Ja, ich glaube so fühlt sich der perfekte Sprung an.Sie haben nach ihrem ersten Versuch auf 8,29 Meter drei Sprünge ausgelassen und erst den fünften wieder gemacht...Sebastian Bayer:
Ich hatte vorher einen schönen Traum gehabt. 8,27 Meter im ersten Versuch springen und dann Sprünge auslassen. Jetzt waren es 8,29 Meter und dann auslassen. Ich freue mich unheimlich auch für Nils, der ja knapp 20 Zentimeter weiter als seine Bestleistung gesprungen ist. Das ist für den Weitsprung in Deutschland so wichtig und phänomenal, dass wir beide so weit gesprungen sind.Können Sie sich erklären, warum Sie innerhalb so kurzer Zeit so viel weiter springen?Sebastian Bayer: Ich weiß selbst nicht, wie das ging. Man muss dazu sagen, dass die Anlage sehr, sehr gut ist, man hat da ein super Gefühl. Vielleicht hat mir auch die deutsche Nationalhymne, die vor meinem Sprung gerade für Ariane Friedrich gespielt wurde, geholfen. Da hatte ich eine Gänsehaut und habe mir gedacht ‚Jetzt kannst du und musst du‘. Nils hat den Sprung gesehen und gesagt, dass die letzten Schritte ganz kurz waren und ich den Sprung perfekt von oben getroffen habe.Was haben Ihr Trainer und ihre Freundin Carolin Nytra zu diesem Ergebnis gesagt?Sebastian Bayer:
Mit meinem Trainer habe ich gerade nur ein paar Sekunden gesprochen. Er hat mich gefragt, ob ich bekloppt sei. Und Caro meinte, ich sei verrückt und hat geweint. Mein Vater ist auch in der Halle, aber ich habe noch nicht mit ihm geredet.Wenn Sie jetzt noch einmal an die U20-EM vor vier Jahren zurückdenken. Was geht Ihnen da durch den Kopf?
Sebastian Bayer:
Das war heute ein knapper Meter weiter. Oder? 98 Zentimeter. Außerdem war es da kälter und es hat geregnet...
Sie hatten sich bei diesem Wettkampf ja schwer verletzt, Ihre Karriere stand auf dem Spiel. Ist es für Sie ein kleines Wunder, dass Sie jetzt heute hier stehen?Sebastian Bayer:
Das war es vielleicht 2006, als ich damals nur ein Jahr später wieder gesprungen bin. Aber jetzt springe ich seit gut zwei Jahren, das klappt ganz gut.Haben Sie Angst, dass Ihre Leistung in Zweifel gezogen wird? Das wäre ja heute, wenn immer wieder Athleten des Dopings überführt werden, kein Wunder.Sebastian Bayer:
Ich bekenne mich auf jeden Fall zu einem absolut sauberen Sport. Ich habe immer gesagt, dass 8,50 Meter sauber zu springen möglich sind. Da muss ich mich jetzt korrigieren. Ich nehme das Anti-Doping-Thema sehr, sehr ernst, melde mich jeden Tag ab und bin mindestens ein- bis zweimal im ADAMS-System online. Ich hoffe natürlich nicht, dass jemand meine Leistung in Frage stellt.Richtung WM in Berlin handelt man Sie jetzt natürlich gleich als einen der Favoriten...Sebastian Bayer:
Ich muss das im Freien natürlich erst einmal bestätigen. Wenn ich draußen 40 Zentimeter weniger springe, dann habe ich mein Ziel, das ich mir vor der Saison gesetzt hatte, schon erreicht.Und welches Ziel hatten Sie sich für die Hallensaison gesteckt?Sebastian Bayer:
60 Zentimeter weniger als es jetzt sind. Die 8,13 Meter, die ich bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften gesprungen bin, waren schon mein Traumziel. Und dann bin ich in Chemnitz noch einmal vier Zentimeter weiter gesprungen. Und jetzt... Definieren Sie Ihre Ziele für den Sommer noch einmal neu?
Sebastian Bayer:
Nein, erst einmal nicht. Die Anlage hier hat sehr viel hergegeben, wenn man wusste, sie zu nutzen. In Berlin bei der WM will ich ins Finale. Das war vorher mein Ziel und dabei bleibe ich auch.