Sebastian Bürklein wartet auf Bürklein junior
Viel Stress hat er in diesen Tagen um die Ohren. Sebastian Bürklein, der Marathon-Spezialist vom TV Wattenscheid 01, kennt keine Langeweile. Umgezogen ist er in Münster: vom Westen in den Südosten der Uni-Stadt. Neben der Lauferei muss Sebastian Bürklein auch noch die Wohnung einrichten. Erst kommt die Küche dran. "Alles halb so wild", sagt er und lacht, "als Zahnarzt muss man über technisches Geschick verfügen."
Sebastian Bürklein macht in Bonn die Pace... (Foto: Chai)
Das hat er. "Sonst hätte ich auch meinen Beruf verfehlt." Do it yourself, sagt sich Bürklein und puzzelt sich einen feinen Küchenblock zusammen, damit seine bessere Hälfte, Ehefrau Anna, feine Gerichte auf den Tisch zaubern kann. Für ihn und den Sohnemann in spe. "Ja, ja, wir bekommen Nachwuchs", erzählt der künftige Vater ganz stolz, "es wird ein Junge, doch den Namen verrate ich nicht." Das bleibt ein Geheimnis.Das Kinderzimmer ist noch nicht eingerichtet, die Küche hat Vorrang. "Wir können uns auch Zeit lassen", bemerkt Sebastian Bürklein, "denn der berechnete Termin ist der 9. Juli." Morgen, am heiligen Sonntag, lässt er Bohrer, Säge und Zollstock links liegen. Dafür zieht Sebastian Bürklein die Laufschuhe an. "Dann spiel' ich den Hasen beim Bonn-Marathon." Da braucht er auch Geschick. Und natürlich das nötige Tempogefühl.
Er kann das. Carsten Schütz, seinen Vereinskollegen, hat Sebastian Bürklein im vergangenen Oktober auf den ersten 30 Kilometern zur deutschen Jahresbestzeit gezogen. Am Essener Baldeneysee, der grünen Lunge im Ruhrgebiet, steigerte sich "Schützi" dank seiner tatkräftigen Mithilfe auf 2:14:56 Stunden. Sebastian Bürklein selber lief zwei Wochen später in Frankfurt 2:18:04 und war unzufrieden mit seinem Ergebnis. "Ich hatte mir den Magen verdorben", denkt er zurück an seinen unfreiwilligen Boxen-Stopp auf dem Dixie-Klo, der ihm zwar Erleichterung, aber auch enormen Zeitverlust bescherte, "das war damals nicht mein Tag."
Olympia abgeschrieben
Die Olympia-Norm (2:11 h) traut er sich momentan nicht zu. "Nein", wehrt er ab, "die habe ich nicht drauf." Bonn ist für ihn ein willkommener Test. Ernst wird es aber erst am 2. Mai in Hannnover, dem achten Marathon seiner Karriere. "Dort gibt es gute Konkurrenz, Martin Beckmann beispielsweise", weiß Sebastian Bürklein, "in Hannover möchte ich eine neue Bestzeit aufstellen." Die alte steht bei 2:15:17 Stunden, erzielt anno 2002 in Köln. "Hauptsache, ich habe mehr Glück als im letzten Jahr." In Regensburg, wo er Zweiter wurde in 2:20:11 hinter Tendai Chimusasa, war's tierisch heiß, in Frankfurt machte ihm ein Müsli zu schaffen, das heftig auf den Magen geschlagen war. "Irgendwann", hofft er, "muss mir das Glück hold sein."
Carsten Schütz wollte ihn noch überreden, dass beide in Leipzig an einem Strang ziehen. In bewährter Manier. "Er ist ein bisschen traurig, dass ich nicht dabei bin", berichtet Sebastian Bürklein, "doch ich habe mich für Hannover entschieden." Er gibt dem Spielbanken-Marathon in der Landeshauptstadt Niedersachsens den Vorzug und ist guter Dinge, dass er da den Hauptgewinn ziehen wird: "Eine Zeit unter 2:15!" Das ist sein Traum, dem er bisher vergeblich hinterher gerannt ist.
Anna drückt die Daumen
Anna, seine Gattin und auch sein größter Fan, drückt ihm fest die Daumen. Noch wohnt sie in Essen, wo sie als gelernte Industriekauffrau in der Unternehmensberatung tätig ist. "Wir hatten immer eine klassische Wochenendbeziehung", betont Sebastian Bürklein, "selbst nachdem wir geheiratet haben." Das geschah am 21. August 2003. "Ende Mai geht Anna in Mutterschaftsurlaub", schaut er voraus, "dann haben wir endlich unsere gemeinsamen vier Wände." Darauf freut er sich schon. "Denn eine Familie gehört unter ein Dach." Dafür werkelt er in diesen Tagen eifrig und findet Unterstützung von seinem Vater, der hilft, wo er nur kann.
Neben der Lauferei und der Bastelei hat Sebastian Bürklein ja auch noch einen Beruf, einen anstrengenden obendrein. "Ich bin Assistenzarzt an der Uniklinik Münster und habe einen Full-Time-Job." Das heißt: Morgens früh um Acht fängt er an, am späten Nachmittag um Fünf zieht er den Weißkittel aus. "Anschließend geh ich trainieren." Durch die Zeitumstellung hat er's nun einfacher. "Stimmt! Es ist abends länger hell", sagt Sebastian Bürklein, dessen Zwillingsbruder Dominik als Humanmediziner an der Ludwig-Maximilians-Universität München beschäftigt ist, "und wenn der Frühling an die Tür klopft, macht das Laufen auch viel mehr Spaß."
Am Kanal entlang
Allerdings muss er sich ein neues Revier suchen. "Früher habe ich in Greven oder in Nienberge trainiert", erklärt er, "jetzt laufe ich schön am Kanal entlang." Wie damals an der Ruhr, "als ich noch in Essen heimisch war". Will er Temposachen auf der Bahn machen, fährt er nach Roxel und tobt sich auf einer Kunststoffpiste aus. "Demnächst, wenn die Wohnung komplett eingerichtet ist, werde ich meine Strecken mit einem Fahrradtacho exakt vermessen." Obwohl das gar nicht erforderlich ist, "denn ich habe ein so gutes Gefühl, dass ich fast immer richtig liege mit meinen geschätzten Kilometerrationen".
An ein Ende seiner Laufbahn denkt er nicht. Warum auch! "Ich werde am 24. Oktober gerade mal 31", sagt Sebastian Bürklein, "das ist noch kein Alter zum Aufhören." Er plant weiter und kann's kaum erwarten, bis der Stammhalter da ist. "Werdende Väter sind besonders gefährlich", warnt er schon mal seine Gegner in Hannover, "und ist unser Sohn erst da, bin ich noch motivierter."
Der Gedanke an Bürklein junior beflügelt ihn. Dass ihm dadurch noch weniger Freiraum bleiben könnte fürs tägliche Training, davon will er nichts wissen. "Ach was", antwortet er, "dann schaff ich mir einen Babyjogger an." Im Duo werden die Bürkleins geschwind durch Münster sausen. Vorneweg der Kleine, dahinter sein schneller Papa, der immer kräftig aufs Tempo drückt.