Sebastian Gatzka - Rückzug mit Rückkehr-Option
Während am vergangenen Wochenende in Hanau die Titel der Hessischen Hallenmeister vergeben wurde, fehlte ein bekannter Name in der Ergebnisliste. 400-Meter-Läufer Sebastian Gatzka nimmt nach zwei weniger erfolgreichen Jahren eine Auszeit vom Leistungssport. Ein endgültiger Abschied von der Kunststoffbahn ist es für den Frankfurter aber nicht.
„Nach dem letzten Wettkampf 2008 hatte ich einfach gar keine Lust, mich sportlich zu betätigen. Das war letztlich wohl der entscheidende Faktor“, blickt 26-Jährige zurück. Auch Fahrradfahren und Joggen, wofür er sich in sonstigen Wettkampfpausen begeistern konnte, lockten ihn jetzt nicht mehr. „Mir ist der Spaß am täglichen Training verloren gegangen“, sagt er.Vor vier Jahren feierte der Mann aus dem hessischen Bebra mit Bronze bei der Hallen-EM in Madrid (Spanien) seinen größten internationalen Erfolg. 2006 lief er mit 45,88 Sekunden seine Bestzeit. In den beiden vergangenen Jahren gingen allerdings nur noch Saisonbestzeiten von 46,79 bzw. 47,05 Sekunden in die Statistik ein. Dabei stellte er vor allem fest, dass ihm seine Sprintfähigkeit, die ihn immer ausgezeichnet hatte, „abhanden gekommen sei“.
Starke Sprintzeiten
Mit Bestzeiten von 10,49 bzw. 21,03 Sekunden über 100 und 200 Meter war er zu den 400 Metern gekommen und hatte dort zunächst ein sprintorientiertes Training für die Stadionrunde absolviert. Das aber immer wichtiger werdende Ausdauertraining hatte ihn langsamer gemacht. „Und mit das Schwierigste ist wohl, einen Langsamen wieder schnell zu machen“, weiß Sebastian Gatzka. „Und die besseren 400-Meter-Läufer sind halt doch meist die Sprinter und nicht die 800-Meter-Läufer.“
Aber nicht nur die Sprintfähigkeit, sondern vor allem auch der Spaß am Training war ihm verloren gegangen. „Und das ist bei allem eigentlich immer das Wichtigste. Den will ich wieder gewinnen.“ 2008 war schon das zweite Jahr in Folge, das nicht nach seinen Vorstellungen lief. „Ich habe so viel investiert. Nicht nur Geld, sondern vor allen auch Zeit und Energie. Und dafür kam zuletzt einfach zu wenig dabei rum“, lautet die nüchterne Analyse.
Der Sport rückt erst einmal in den Hintergrund (Foto: Kiefner) Volle Konzentration auf das Studium
Zum Ende der Saison habe er angefangen, mit dem Gedanken zu spielen, sich erst einmal zurückzuziehen. Ende November dann stand die Entscheidung fest. Einen wichtigen Faktor dabei spielte auch sein Studium. Seit sechs Jahren studiert er Maschinenbau an der Technischen Universität in Darmstadt, jetzt will er dieses Studium vorantreiben und abschließen. „Darauf konzentriere ich mich jetzt voll, es geht derzeit mit der doppelten Geschwindigkeit voran und ich mache auch ganz gute Fortschritte.“
Etwa zwei bis drei Jahre plant er noch bis zum Studienabschluss ein. „Und ich lerne jetzt endlich auch mal ein paar Leute kennen. Bisher war ich ja eher wie ein Geist, der da immer mal wieder auftauchte“, schmunzelt der 26-Jährige. Nebenbei arbeitet er als Hilfskraft an der Uni.
Angeknackstes Selbstbewusstsein
Sebastian Gatzka klingt entspannt, wenn er von seinem Studium erzählt. Lockerheit, die ihm im Training zuletzt fehlte. „Ich bin bislang weniger durch außersportliche Leistungen aufgefallen, als durch solche im Sport. Ich habe mich über den Sport definiert“, sagt er - und da blieben gute Ergebnisse zuletzt aus. „Das hat natürlich an meinem Selbstbewusstsein genagt.“
Nicht nur als Sportler, auch als Persönlichkeit habe ihn das sehr belastet. „Oft genug habe ich mich auch gefragt ‚Bin ich noch gut genug für den Job?‘“ Seine Freundin Meike Krebs ist als Triathletin erfolgreich und Sportwissenschaftlerin - kein Wunder, dass das Thema auch daheim behandelt wurde.
Zu wenig Lockerheit für Berlin
Auch die Weltmeisterschaften in Berlin stellten für Sebastian Gatzka keine ausreichende Motivation dar. „Ich habe mich in den beiden vergangenen Jahren für kein Großereignis qualifiziert“, sagt er. „Ich denke, mir würde im Moment auch einfach die Lockerheit fehlen, damit es mir ausgerechnet bei Berlin gelingen würde.“
Momentan hat er seinen Trainingsumfang deutlich zurückgefahren, trainiert dann, wenn er Zeit und Lust hat. „Zurzeit vermisse ich es auch noch nicht“, gibt er zu. Ganz ohne Sport geht es aber trotzdem nicht. Andere Sportarten wie Skilanglauf bringen ihm derzeit den Spaß, der ihm bei der Leichtathletik zuletzt fehlte - und der über kurz oder lang aber vielleicht wieder kommt. Denn: Ganz ausschließen will Sebastian Gatzka eine Rückkehr auf die Stadionrunde auf keinen Fall.