Senioren-DM I - St. Wendel setzte Maßstäbe
Das Lob kam aus berufenem Munde: Wolfgang Ritte, Stabhochsprungrekordler und „Welt-Senioren-Leichtathlet des Jahres 2008“, machte dem TV St. Wendel für die Durchführung der Deutschen Senioren-Meisterschaften I ein Kompliment, das gleichzeitig schon beinahe eine Verpflichtung für den kommenden Ausrichter im nächsten Jahr beinhaltet: „Wenn der Ausrichter der Deutschen Senioren-Meisterschaften im nächsten Jahr eine solche Veranstaltung auf dem Niveau von St. Wendel hinbekommt, hat er rundherum eine Klassemeisterschaft organisiert.“
Damit war eigentlich schon alles gesagt und Wolfgang Ritte, der als Betreuer die Athleten seines Vereins durch die erstmals an nur zwei Tagen durchgeführte Veranstaltung begleitet hatte, sprach sicherlich auch im Namen der mehr als 800 Athletinnen und Athleten, die die erstmals im Saarland durchgeführten Titelkämpfe als ebenso gelungen betrachtet haben dürften und dies vielfach auch zum Ausdruck brachten.Verregneter erster Wettkampftag
Dabei wurde dem Ausrichter, ebenso wie den Athletinnen und Athleten, am ersten Tag ein zusätzlicher Härtetest abverlangt. Nach einem sonnigen Auftakt sorgte ein stundenlang über St. Wendel kreisendes Gewitter mit heftigen Regengüssen für Gefahren, besonders in den Sprungdisziplinen. Und die Veranstaltung musste sogar unterbrochen werden, als sich Blitzeinschläge bedrohlich dem Stadionbereich näherten.
Mit einigen Improvisationen im Zeitplan endete der erste Wettkampftag so, wie er begonnen hatte, mit Sonnenschein. Der zweite Wettkampftag war dann glücklicherweise trocken und bot mit Sonne und Temperaturen deutlich über 20 Grad ideales Leichtathletikwetter.
Hürdenbestzeit für den Fünfkampfmeister
In der Klasse M 30 setzten sich fast durchweg die Favoriten durch. In den Sprintwettbewerben hatten von den Gemeldeten sowohl Robert Rissmann (LG Karlsruhe) als auch Jochen Gippert (TV Herkenrath) schon im Vorfeld die besten Zeiten erreicht und so waren die Siege von Robert Rissmann über 100 Meter in 11,03 Sekunden und über 400 Meter in 50,82 Sekunden sowie von Joachim Gippert über 200 Meter in 22,45 Sekunden fast schon programmgemäß.
Sogar persönliche Bestzeit erzielte der Deutsche M-30-Fünfkampfmeister Sascha Gerlee (OTB Osnabrück) mit seinen 54,50 Sekunden über 400 Meter Hürden. Und auch in den technischen Wettbewerben gewannen mit Dr. Thomas Ritte (Weseler TV) im Stabhochsprung mit 4,65 Metern und Phillip Schreiber (LC asics Rehlingen) mit 16,96 Metern im Kugelstoßen die Jahresbesten der gemeldeten Athleten.
Auch in der Klasse M 35 gab es mit Steffen Bolich (TSV Baden Östringen) einen Sprintdoppelsieger: Seine Zeiten lauteten 11,06 Sekunden über 100 Meter und 22,26 Sekunden über 200 Meter. Die 400 Meter flach und die 400 Meter Hürden waren klare Angelegenheiten für Andrè Krämer (LAC Oberhausen), der die flache Distanz in 51,78 Sekunden zurücklegte und über die Hürden mit 55,39 Sekunden seine Saisonbestleistung erzielte. In den Mittelstreckenwettbewerben gab es zwar keine allzu flotte Zeiten, dafür aber spannende Rennen. Über 800 Meter lag Ulrich Kilburg (LG Bernkastel/Wittlich) in 2:00,14 Minuten knapp vor Stephan Rapp (LG VfL/SSG Bensheim), über 1500 Meter war die Reihenfolge, Stephan Rapp gewann in 4:06,00 Minuten vor Ulrich Kilburg, umgekehrt.
Knappe Weitsprungentscheidung
Eng ging es auch bei den Weitspringern zu: Ulrich Montag (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen) verteidigte mit 6,80 Metern seinen Vorjahrstitel vor dem Vierten des Jahres 2008, Stefan Rackwitz (VfL Winterbach), der auf 6,77 Meter kam. Offenbar beflügelt durch seinen „Heimvorteil“ zeigte sich Kugelstoßer Renè Schwarz (TV Ludweiler), der nicht nur seinen Vorjahrstitel verteidigte sondern mit 15,11 Metern so weit kam, wie seit Jahren nicht mehr. Im Diskuswerfen war der Saarländer Zweiter hinter dem mit großem Vorsprung mit 51,25 Metern siegenden Ralf Mordhorst (Athletik Team Hamburg).
Schnelle Sprints lieferte Dr. Bernd Schauwecker (LV 90 Thum) über 100 Meter und 200 Meter ab. Zumindest über die kurze Sprintstrecke musste er es auch, um in 11,37 Sekunden vor dem dichtauf liegenden Holger Ühlein (LAZ Obernburg-Miltenberg) zu gewinnen. Über 200 Meter war der Abstand mit 22,56 Sekunden zu dem Zweitplatzierten Gunter Bernhard (LG Wetzlar), der 22,97 Sekunden lief, dann größer.
Schnelle 800 Meter in der M 40
Mit Spannung wurde das Rennen der Klasse M 40 über 800 Meter erwartet. Mit Hubert Leineweber (OSC Berlin) stand ein Läufer am Start, von dem man im letzten Jahr so gut wie gar nichts gehört hatte, kurz vor den Titelkämpfen in St. Wendel aber mit einer neuen Deutschen Seniorenbestleistung von 1:54,11 Minuten aufgetrumpft hatte. Mit am Start standen sein Vorgänger Maximilian Freund (TV Waldstraße Wiesbaden), German Hehn (LG Telis Finanz Regensburg), der im Vorjahr beide Mittelstrecken der Klasse M 35 gewonnen hatte und Thomas Biedermann (HSG Nordhausen), ebenfalls ein Läufer der Extraklasse in diesem Altersbereich. Hubert Leineweber gestaltete das Rennen von der Spitze weg, wehrte alle Attacken ab und gewann schließlich in guten 1:56,45 Minuten vor German Hehn in 1:56,89 Minuten, Maximilian Freund in 1:57,39 Minuten und Thomas Biedermann in 1:58,38 Minuten.
German Hehn vor Maximilian Freund war die Reihenfolge in einem von der Taktik geprägten 1.500-Meter-Rennen am zweiten Wettkampftag.
Mit Stephan Lamers (MTV 1881 Ingolstadt) setzte sich über 5000 Meter in 15:30,66 Minuten der Titelverteidiger vor dem bis eingangs der Zielgeraden noch deutlich führenden Jahresschnellsten Mario Burger (MTV Jahn Schladen) durch.
Andreas Schulze (Rastatter TV) setzte seine Erfolgsserie aus der Klasse M 35 nun auch eine Klasse höher weiter fort: Über die Langhürden gewann er in 57,25 Sekunden mit deutlichem Vorsprung den M40-Titel.
Im Dreisprung näherte sich der Titelverteidiger Martin Triebstein (TSV Kirchhain) mit 13,88 Metern der 14-Meter-Marke und im Kugelstoßen sowie im Diskuswerfen gab es sichere Siege durch Tilman Northoff (TG Werste), der aber besonders im Kugelstoßen, das er mit 16,89 Metern gewann, noch deutliche Reserven hat. Im Diskuswerfen hatte mit 51,25 Metern mehr als zehn Meter Vorsprung.
Nach einem Jahr der Wettkampfpause ist Ralf Jossa (SV Herzberg) wieder mit von der Partie und warf in St. Wendel, nach seinen kürzlich erzielten 65,34 Metern, den Hammer auf 64,87 Meter und hatte dabei insgesamt fünf Versuche jenseits der 63-Meter-Marke.
Wolfgang Knabe so weit wie Hermann Strauß
Rekorde und Bestleistungen waren in St. Wendel Mangelware, kein Wunder angesichts des hohen Niveaus der bestehenden Bestmarken. Die Egalisierung einer Deutschen Bestleistung gab es aber dann doch noch. Wolfgang Knabe (OSC Damme), im ersten Jahr Angehöriger der Klasse M 50, war eigentlich nach St. Wendel angereist, um die 4x100-Meter-Staffel seines Vereins OSC Damme in der Klasse M 40 zu verstärken. Gemeldet hatte der ehemalige 17-m-Dreispringer für den Weitsprungwettbewerb der Klasse M 45 eigentlich nur, weil dieser Wettkampf am gleichen Tag wie Staffelentscheidung stattfand und er, nach längerer Verletzungspause, endlich einen geeigneten Wettkampf als Saisoneinstieg gefunden hatte. Als Sieger des Wettbewerbs stellte er im dritten Durchgang bei minimalem Gegenwind mit 6,45 Metern die Deutsche M45-Bestleistung ein. Kurios: Als erster hatte diese 6,45 Meter ebenfalls ein Dreispringer der Extraklasse erreicht: Im Jahr 1981 hatte Hermann Strauß (TG Kitzingen), in den 50er und 60er Jahren ebenfalls ein Dreispringer internationaler Klasse, seine Leistung erzielt.
Gegenüber dem Vorjahr verbessert zeigt sich der neue Sprint-Doppelsieger der Klasse M 45, Chaibou Hassane. Der Ghanaer im Dress der LG Bernkastel/Wittlich lief die 100 Meter in 11,59 Sekunden und die 200 Meter in 23,94 Sekunden.
Wieder im Kommen: Stefan Malewski
Auch M-45-Hallenweltrekordler Stefan Malewski (LG Maifeld-Pellenz) wählte nach längerer Verletzungspause die Deutschen Senioren-Meisterschaften als Saisoneinstieg und und siegte über 400 Meter in 52,60 Sekunden. Markus Zerres (TV Waldstraße Wiesbaden) gewann die Mittelstrecken mit flotten 2:02,89 Minuten über 800 Meter und war auch über 1.500 Meter in 4:21,33 Minuten ungefährdet.
In den Sprungwettbewerben ragten die Leistungen im Hoch- und Stabhochsprung heraus. Sowohl Peter Malinowski (LG Neumünster) mit 1,89 Metern sowie Alfred Achtelik (LAZ Rhede) mit 4,51 Metern erzielten als Sieger persönliche Jahresbestleistungen.
Überaus spannend verlief das Diskusfinale der Klasse M 45, wo der Sieger Robert Ingenbleek (TSV Frankenberg/E.) mit seiner Siegerweite nicht einmal zwei Meter Vorsprung vor dem Achten des Wettbewerbs hatte.
Wie schon im Jahr 2008 sicherte sich Mandy Junghans (Dresdner SC 1898) in der Klasse W 30 die Titel über 400 Meter (58,89 sec), 800 Meter (2:14,73 min) und 1.500 Meter (4:45,69 min). Eine Zentimeterentscheidung gab es im Kugelstoßen der Klasse W 30 zwischen den Vereinskameradinnen vom TuS Kirn, Britta Bender und Jenny Müller. Die Vorjahrssiegerin Britta Bender gewann erneut, in diesem Jahr mit 12,83 Metern vor Jenny Müller, die auf 12,79 Meter kam.
Titelverteidigung für Karin Stranzinger
Gut erholt von ihrer Verletzung, die sie sich anlässlich der Senioren-Hallenweltmeisterschaften in Ancona zugezogen hatte, zeigte sich die 100-Meter-Meisterin von 2008, Karin Stranzinger (TSV Simbach). Mit nur einem Rennen als Vorbereitung auf die Meisterschaften gewann sie die 100 Meter in 12,87 Sekunden und die 200 Meter in 26,23 Sekunden. Zweimal gewann auch Simone Schäfer (ASV Landau): Über 400 Meter reichten 60,35 Sekunden, über 800 Meter hatte sie mit 2:18,37 Minuten im Ziel knapp zwei Sekunden Vorsprung.
Im Kugelstoßen der Klasse W 35 wurde Katja Will aus dem benachbarten Merchweiler ihrer Favoritenrolle gerecht und gewann mit 12,98 Metern. Regenopfer wurden die Diskuswerferinnen, trotzdem kam die Siegerin Bettina Schardt (USC Mainz) auf ansprechende 44,11 Meter. In der gleichen Klasse kam Christine Hartmann (früher Wiegelmann) mit 43,91 Metern als Einzige über die 40-Meter-Marke.
Stark verbessert: Heike Jörg
Mit Heike Jörg (LAZ Obernburg-Miltenberg) schob sich „ein neues Gesicht“ in das Rampenlicht. Die W-40-Sprinterin hatte das vergangene Jahr mit einer 100-Meter-Zeit von 13,05 Sekunden als Jahresbestleistung abgeschlossen, lief aber zu Beginn dieser Saison fast schon reihenweise unter 13 Sekunden. Im Endlauf über 100 Meter steigerte sie sich in St. Wendel auf 12,53 Sekunden und lieferte auch über 200 Meter mit 25,81 Sekunden ein adäquate Leistung ab. Über 200 Meter war Simone Noack (LG Neiße) knapp hinter Heike Jörg in 25,89 Sekunden im Ziel. Und auch über 400 Meter konnte die Sächsin, nach einem etwas holprig verlaufenen Saisonbeginn, wieder an die alte Stärke anknüpfen.
Einen dritten Titel sicherte sich Heike Jörg innerhalb der Sprintstaffel des LAZ Oberburg-Miltenberg (Annegret Nanz, Petra Kauerhof, Heike Jörg, Romana Schulz) in 51,21 Sekunden.
Strömender Regen begleitete den Hochsprungwettbewerb der Klasse W 40, sodass witterungsbedingte Leistungseinbußen einfach die logische Konsequenz waren und die Springerinnen, die mit den Wassermassen am besten umgehen konnten, am Ende vorne waren. Trotzdem war das Ergebnis einigermaßen überraschend: Annegret Würthele (LG Rems-Murr) gewann mit 1,57 Metern vor Iris Heid (TSV Münnerstadt) mit 1,54 Metern und den beiden jahresbesten Springerinnen Frauke Lindemann (TSV Burgdorf) und Ulrike Julien (LAC Saarlouis), die ebenfalls 1,54 Meter schafften.
Im Stabhochsprung war Dr. Christina Ziemann (MTV 49 Holzminden mit 3,20 Meter eine Klasse für sich.
Im Kugelstoßen steigerte Sylvia Tornow (LG Neu-Isenburg/Heusenstamm) ihre Jahresbestleistung auf 13,34 Meter und im Hammerwerfen blieb die Siegerin Gabriele Engelhardt (LC Rothaus Breisgau) mit 47,38 Metern nur um 40 Zentimeter hinter der Deutschen Bestleistung zurück. Die Inhaberin dieser Bestmarke, Katharina Schaper (LG Hannover) wurde mit 44,01 Metern Zweite des Wettbewerbs.
Pech für Angelika Grißmer
Hochklassige Sprintzeiten erzielten die Sprinterinnen der Klasse W 45. Katja Berend (SV Großhansdorf) gewann sowohl die 100 Meter in 12,79 Sekunden knapp vor Angela Rau (VfV Spandau Berlin) in 12,81 Sekunden und Ulrike Görling (MTG Mannheim) in 12,85 Sekunden. Über 200 Meter war der Vorsprung der Schleswig-Holsteinerin deutlicher: Mit 26,28 Sekunden lag Katja Berend 31/100 Sekunden vor Ulrike Görling und 35/100 Sekunden vor Angela Rau.
Gern hätte man natürlich die Mitfavoritin und mit 25,49 Sekunden über 200 Meter Jahresbeste Angelika Grißmer in beiden Endläufen gesehen. Doch sie verletzte sich bei der Wiederholung eines 100-m-Vorlaufes, die Zeitmessanlage war im ersten Lauf ausgefallen, so sehr, dass für sie die Veranstaltung beendet war.
Spannend war das Finale über 400 Meter, hier lag zwischen der Siegerin Petra Kauerhof (LAZ Obernburg-Miltenberg) und der Doppelmeisterin in den Kurzsprints, Katja Berend, nur 1/100 Sekunde.
Auch der 80-Meter-Hürdenlauf der Klasse W 45 musste wiederholt werden, die Reihenfolge war beim Wiederholungslauf aber die gleiche, wie beim ersten Lauf: Olga Becker (ABC Ludwigshafen) gewann in guten 12,27 Sekunden vor der dichtauf liegenden Romana Schulz (LAZ Obernburg-Miltenberg), die 12,40 Sekunden lief.
Minuten, bevor am Sonnabend der große Regen einsetzte, brachte Helga Freyer-Krause (SF BG Marburg) ihren Hochsprungtitel in der Klasse W 45 mit sehr guten 1,60 Metern unter Dach und Fach, während die Weitspringerinnen, im wahrsten Sinne des Wortes, wenig später im Regen standen.
So gewinnen die Leistungen von Kirsten Kallmeier-Schröder (SC Herford), die ihren Titel mit 5,23 Metern verteidigte und auch die der dahinter platzierten Birgitta Fieger (TuS Huchting Bremen) mit 5,11 Metern sowie Antje Walter (SG TSV Kronshagen/Kieler TB) mit 5,10 Metern natürlich erheblich an Wert.
In den Stoß- und Wurfdisziplinen gab es durchweg Siege der Favoritinnen. Im Kugelstoßen gewann Jana Müller-Schmidt (LG Ortenau Nord) mit 13,15 Metern, Ulrike Engelhardt (ASV Erfurt) setzte sich mit 37,80 Metern im Diskuswerfen und mit 39,72 Metern im Hammerwerfen durch und Karen Scholz (VfV Spandau Berlin) war mit 41,87 Metern Beste im Speerwerfen.