Senioren-DM - Lob von allen Seiten
Das Fazit nach Abschluss der Deutschen Senioren-Meisterschaften im Erfurter Steigerwaldstadion konnte eigentlich nur lauten: Einen geeigneteren Ausrichter dieser 25. Titelkämpfe hätte man sich kaum wünschen können. Denn immerhin mussten die Thüringer bei diesen Meisterschaften ja auch Neuland betreten, weil in Erfurt zum ersten Mal seit 1983 sämtliche Wettbewerbe aller Altersklassen, M 35 bis M 85 und W 35 bis W 80, innerhalb einer Veranstaltung ausgetragen werden mussten.
Am Ende gab es für die Erfurter jedenfalls Lob von allen Seiten. Die ruhige Gesamtabwicklung der Wettkämpfe, die Kompetenz, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Kampfrichterinnen und Kampfrichter müsste eigentlich bei allen Beteiligten dazu geführt haben, diese mit gewaltigem Aufwand gestalteten Wettkämpfe in guter Erinnerung zu behalten.An den ersten Wettkampftagen sorgten heftige Regenfälle für mehrere kürzere Unterbrechungen der Wettkämpfe, bevor die Meisterschaften am abschließenden Sonntag bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen beendet werden konnten.
Bestleistungen und Rekorde
Die Rekordserie früherer Jahre gab es in Erfurt nicht, die meisten Bestleistungen befinden sich ohnehin auf einem Niveau, das oft nur sehr schwer zu erreichen ist. Immerhin sorgten ein Europarekord, eine neue deutsche Bestleistung und eine eingestellte nationale Bestmarke für die sportlichen Höhepunkte. Werner Beecker (LC Wuppertal) war es vorbehalten, im 1.500-Meter-Lauf der Klasse M 80 die einzige internationale Bestmarke der Veranstaltung zu erzielen. Mit 6:13,64 Minuten lief der Wuppertaler, in jungen Jahren ein Radrennfahrer auf nationalem Spitzenniveau, einen neuen Europarekord und verbesserte die seit dem Jahr 1986 gültige Bestmarke des Deutschen Fritz Helber (SKV Oberstenfeld) um 2,49 Sekunden.
Zum dritten Mal in diesem Jahr steigerte Lothar Huchthausen (LG Altmark) seine eigene, im Jahr 2010 aufgestellte deutsche Speerwurf-Bestleistung der Klasse M 75. Ende April hatte er schon 43,95 Meter erreicht, zwei Monate später war er bei 44,16 Metern angekommen und in Erfurt erzielte er unter widrigsten Umständen 44,93 Meter.
Ursula Stelling (SC Victoria Hamburg) übersprang in der Klasse W 70 1,27 Meter und zog mit der Rostockerin Christiane Schmalbruch gleich, die seit dem Jahr 2007 allein im Besitz der deutschen Bestleistung war.
Die Sprinterinnen und Sprinter wurden oft durch teilweise heftigen Gegenwind „ausgebremst“, sodass die Resultate oft besser waren, als es zunächst den Anschein hatte. In den Mittel- und Langstreckenwettbewerben gab es trotz teilweise ungünstiger Umstände durch Wind und Regen durchaus Hochklassiges und auch die Technikerinnen und Techniker zeigten größtenteils gutes Niveau.
Andy Dittmar mit Heimspiel
Prominentester Starter in der Klasse M 35 war natürlich Kugelstoßer Andy Dittmar (BIG Gotha), der zweimal über 18,50 Meter kam und mit 18,59 siegte. Die wertvollste Laufleistung in der Klasse M 40 schaffte Mittelstreckler Hubert Leineweber (OSC Berlin), der seiner Renngestaltung treu blieb und nach einer 400-Meter-Durchgangszeit von 58,92 Sekunden das Rennen von der Spitze weg in hervorragenden 1:57,78 Minuten gewann. Favoritensiege gab es in der Klasse M 40 sowohl mit der Kugel als auch mit dem Diskus, als Oliver Rohwer (LBV Phönix Lübeck) auf 15,91 Meter und 45,15 Meter kam.
Mit seinen Siegen über 100 Meter und 400 Meter hatte Meinert Möller (TuS H/M Kiel) im Vorjahr in der Klasse M 45 zwei Titel geholt, beide verteidigte der Schleswig-Holsteiner in 11,70 Sekunden und 53,32 Sekunden und fügte noch einen weiteren über 200 Meter in 23,44 Sekunden hinzu. Einen Doppelsieger gab es mit Markus Pingpank (TSV Kirchdorf), der sowohl die 1.500 Meter in 4:09,90 Minuten als auch die 5.000 Meter in 15:39,62 Minuten mit großem Vorsprung gewann. Bester Techniker war Ralf Jossa (SV Herzberg) mit seiner Leistung von 63,88 Metern im Hammerwurf.
Titelverteidiger wieder vorn
Zweimal gewann auch Peter Oberließen (LG Bad Soden/Sulzbach/Neuenhain), der über 400 Meter der Klasse M 50 in 54,59 Sekunden über eine Sekunde Vorsprung hatte und auch über 800 Meter in 2:03,75 Minuten erstaunlich weit vor Jörg Sender (TuS Eintracht Minden) lag. Sowohl Thomas Straub (StTV Singen) mit 6,16 Metern im Weitsprung als auch Wolfgang Knabe (OSC Damme), der seinen ersten Dreisprungstart seit der Weltmeisterschaft 2011 in Sacramento (USA) bestritt, mit 13,73 Metern, lieferten starke Ergebnisse in den Sprungdisziplinen ab.
Die gleiche Reihenfolge wie im Vorjahr gab es in den Medaillenrängen des Diskuswurfes der Klasse M 50: Thomas Dresp (TV Norden) gewann mit 51,51 Metern vor Rolf Heinzmann (SG Walldorf Astoria 1902) und Christian Welke (SF Forchheim) mit 47,03 Metern. Auch Dr. Gerhard Zorn (TSV Vaterstetten) siegte in der Klasse M 55 in allen drei Sprintdisziplinen. Und nicht nur das, in allen Wettbewerben kam er auf Klassezeiten: Die 100 Meter lief er in 12,38 Sekunden, die 200 Meter in 24,68 Sekunden und die 400 Meter legte er in 54,87 Sekunden zurück. Erwartungsgemäß dominierte Wolfgang Ritte (Weseler TV) mit seinen im ersten Versuch übersprungenen 4,00 Metern im Stabhochsprung.
Die besten Ergebnisse in der Klasse M 60 gingen die besten Leistungen auf das Konto der Diskuswerfer. Der Vorjahrszweite Gerhard Sieben (ASC 09 Dortmund) gewann mit seinen gleich im ersten Durchgang vorgelegten 50,87 Metern vor dem neu in diese Klasse aufgerückten M 55-Titelträger des letzten Jahres, Lothar Pongratz (LC Paderborn), der im letzten Durchgang noch auf 50,25 Meter kam.
Titelsammler Guido Müller
Guido Müller (TSV Vaterstetten) war wieder einmal der erfolgreichste Athlet in der Klasse M 70. Die 200 Meter gewann er in 27,77 Sekunden, über 400 Meter siegte er in 62,62 Sekunden, daneben kam er noch zu zwei Titel über die Hürdendistanzen. Über 80 Meter Hürden gewann er den M70-Titel in 14,29 Sekunden und über 300 Meter Hürden der Klasse M 65 lag er in 48,28 Sekunden vor Hans-Jürgen Frühauf (TSV Oberreitnau), der sich in dieser Klasse aber die mit Titelgewinnen über 200 Meter, 400 Meter und 100 Meter Hürden schadlos hielt. Gleich zweimal erzielte Hermann Albrecht (SpVgg. Satteldorf) seine Hammerwurfbestweite von 50,86 Metern.
Neben seiner neuen deutschen Bestleistung von 44,93 Metern im Speerwurf holte sich Lothar Huchthausen (LG Altmark) einen weiteren Titel mit 12,75 Metern im Kugelstoß der Klasse M 75. Peter Speckens (SV RW Schlafhorst) siegte im Diskuswurf mit 41,22 Metern und kam auch im Hammerwurf mit 40,20 Metern als einziger Athlet über die 40-Meter-Marke. Klemens Wittig (LC Rapid Dortmund) gewann die 1.500 Meter und die 5.000 Meter mit klarem Vorsprung, musste sich aber über 800 Meter dem Inhaber der deutschen Bestleistung, Horst Schlecht (SG Misburg), geschlagen geben.
Die Werferinnen waren die herausragenden Athletinnen in der Klasse W 35. Dunja Koch (TuS Metzingen) gewann das Kugelstoßen mit 14,27 Metern vor Martina Greithanner (TSV Münnerstadt), die mit 14,20 Metern nur ganz knapp zurücklag, aber den Diskuswurf mit 46,36 Metern vor Bianca Overkamp (LG Olympia Dortmund), die auf 45,42 Meter kam, gewann. Kirsten Münchow (VfR Evesen) steigerte mit dem Hammer ihre Jahresbestleistung auf 59,88 Meter.
Starke 11,68 Sekunden über 80 Meter Hürden lief Evelin Nagel (TSV Bayer 04 Leverkusen) als Siegerin der Klasse W 40. Zum Dreifacherfolg kam Tatjana Schilling mit 66,69 Sekunden über 400 Meter Hürden, 1,58 Metern im Hochsprung und 5,06 Metern im Weitsprung. Mit 13,13 Metern verteidigte Sylvia Tornow (LG Neu-Isenburg/Heusenstamm) ihren Kugelstoßtitel erfolgreich und auch Bettina Schardt (MTG Mannheim), im Vorjahr in der Klasse W 35 erfolgreich, gewann erneut und warf den Diskus 44,38 Meter weit.
Weltrekordlerin ungefährdet
Kriemhild Mann (SVG GW Bad Gandersheim), seit Ende April mit 5,62 Metern Inhaberin des Weitsprung-Weltrekordes der Klasse W 45, gewann ihre Spezialdisziplin mit 5,37 Metern und war auch über 100 Meter in 12,99 Sekunden erfolgreich. Bettina Deußen (SFD 75 Düsseldorf-Süd) war beste Mittelstrecklerin mit ihren Siegen über 800 Meter in 2:20,38 Minuten und 1.500 Meter in 4:49,33 Minuten. Eng ging es im Hochsprung zu, den die Vorjahrszweite Ulrike Julien (LAC Saarlouis) schließlich mit 1,61 Metern vor der höhengleichen Monika Henning (MTV Urberach) gewann.
Gerade von einer Armverletzung erholt, gewann Jana Müller-Schmidt (SV Werder Bremen) den Kugelstoß-Wettbewerb mit 12,65 Metern und Silke Stolt (LAZ Bruchköbel) kam nach ihrem Erfolg des letzten Jahres in der Klasse W 40 nun auch in der W 45 im Diskuswurf mit 39,25 Metern zum Titelgewinn.
Zweimal Katja Berend (SV Großhansdorf) vor Petra Kauerhof (LAZ Obernburg-Miltenberg) hieß es in den Sprints der Klasse W 50. Die Schleswig-Holsteinerin wurde ihrer Favoritenrolle gerecht und war sowohl über 100 Meter in 13,09 Sekunden als auch über 200 Meter in 27,31 Sekunden ungefährdet. Das gilt auch für Silke Schmidt (mettmann-sport), die als Titelverteidigerin über 1.500 Meter und 5.000 Meter antrat und auch in Erfurt wieder zweimal vorn lag, die Rennen aber mit unterschiedlichem taktischen Verhalten anging.
Während sie die 5.000 Meter vom ersten Meter an führte, sich mit jedem Schritt weiter von der Konkurrenz entfernte und nach feinen 18:03,13 Minuten im Ziel war, wählte sie über 1.500 Meter gegenüber Esther Zoll (Eintracht Duisburg 1848) die Spurtentscheidung und gewann auch hier in 5:16,68 Minuten.
Steigerung durch Christine Hildebrandt
In den technischen Wettbewerben der Klasse W 50 war mit Petra Herrmann (SG Vorwärts Frankenberg) auch vorher schon zu rechnen gewesen und auch der Sieg von Christine Hildebrandt (TSG Eisenberg) kam kaum überraschend. Die Pfälzerin trainiert nach jahrzehnterlange Pause erst seit gut zwei Jahren wieder, führte im vergangenen Jahr mit 12,81 Metern schon die deutsche Bestenliste an und steigerte sich nun in Erfurt von Stoß zu Stoß auf schließlich 14,32 Meter!
In der Klasse W 55 beschränkte sich Dagmar Fuhrmann (Usinger TSG) auf Starts über 100 Meter und 200 Meter und gewann beide Wettbewerbe mit großem Vorsprung in 14,17 Sekunden und 29,42 Sekunden. Herausragende Teilnehmerin in der Klasse W 60 war Ulrike Hiltscher (LG Neiße) mit ihren Siegen über 100 Meter in 15,05 Sekunden, über 200 Meter in 31,08 Sekunden, 400 Meter in 72,55 Sekunden sowie zweiten Plätzen im Hochsprung und Weitsprung.
In der Klasse W 65 brachte Anja Ritschel (TV Waldstraße Wiesbaden) das Kunststück fertig, alle drei im vergangenen Jahr erlaufenen Titel erfolgreich zu verteidigen. Sie gewann die 800 Meter in 3:10,49 Minuten, die 1.500 Meter in 6:24,21 Minuten und die 5.000 Meter in 23:09,03 Minuten.
In der Klasse W 65 steigerte Gudrun Mellmann (SV Lurup Hamburg) ihre Jahresbestleistung im Hammerwurf um knapp einen Meter und gewann mit 35,33 Metern. Für die Konkurrenz wieder einmal unerreichbar war Anne Chatrine Rühlow (SV Burgsteinfurt), die sich in der Klasse W 75 mit Klasseleistungen sowohl den Kugelstoß mit 10,46 Metern als auch den Diskuswurf mit 29,13 Metern sicherte.
In Zittau geht es weiter
Während für viele Athletinnen und Athleten die Deutsche Senioren-Meisterschaft der Saisonhöhepunkt gewesen ist, wird man aber eine ganze Reihe von ihnen in gut vier Wochen in Zittau wiedersehen. Dort beginnen am 16. August die Senioren-Europameisterschaften und viele der in Erfurt erfolgreichen Sportlerinnen und Sportler werden sicherlich auch bei den Titelkämpfen in Zittau - Bogatynia/Zgorzelec - Hradek in den Kampf um die Medaillen eingreifen können.