Sergey Bubka - Endet Höhenflug in Buenos Aires?
Sergey Bubka will hoch hinaus. Schließlich hat er in seiner Stabhochsprung-Karriere große Höhen oft problemlos gemeistert. Der Weltrekordler aus der Ukraine ist der mit Abstand jüngste der Kandidaten für das Präsidentenamt des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) - und bei der Wahl am 10. September in Buenos Aires (Argentinien) krasser Außenseiter.
So hoch lag die Latte für Sergey Nazarovich Bubka noch nie. Der Stabhochsprung-Weltrekordler aus der Ukraine hat bisher fast alle Höhen in seinem Leben genommen, aber IOC-Präsident im ersten Anlauf?"Ich habe große Erfahrung in vielen Bereichen, als Athlet, als Funktionär und als Geschäftsmann. Ich habe die Erfahrung, den Antrieb, die Leidenschaft und die Energie, die olympische Bewegung in eine aufregende, aber auch herausfordernde Zeit zu leiten", erklärte Multimillionär Sergej Bubka bei der Ankündigung seiner Kandidatur am 28. Mai in St. Petersburg (Russland)besonders energisch - so als müsse er sich von seiner wirklichen Siegchance selbst überzeugen.
Der 49 Jahre alte Olympiasieger von Seoul (Südkorea) ist der mit Abstand jüngste Bewerber im Feld. Bubka ist auch der Anwärter mit der erfolgreichsten Vergangenheit als Athlet. 35 Weltrekorde hat er in seiner Karriere aufgestellt, die meisten von ihnen zentimeterweise - mit vollem Kalkül für saftige Geldprämien. Die Bestmarken im Freien (6,14 m) und in der Halle (6,15 m) hält der sechsmalige Weltmeister noch immer.
Vom Athleten zum Funktionär
Nach seinem Karriereende 2001 erfand er sich zielstrebig als Funktionär neu. "Ich habe Sport immer geliebt. Sport ist in meinem Blut, in meinen Genen. Ich möchte dem Sport etwas zurückgeben", sagte der Überflieger von einst fast pathetisch.
Bubka ist seit 2000 im IOC und saß als Vorsitzender der IOC-Athletenkommission von 2002 bis 2008 erstmals in der Exekutive der Ringe-Organisation. Bei den Olympischen Spielen im Vorjahr in London (Großbritannien) wurde er erneut in die IOC-Regierung gewählt. Seit 2007 ist er zudem Vizepräsident des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF.
Kontrollierter Karrierist
Wenn es passt, spricht Bubka auch über privaten Sorgen. Sein 26 Jahre alter Sohn Sergey Bubka jr. spielt Tennis auf der ATP World Tour, war im November 2011 immerhin die Nummer 145 der Weltrangliste. Im November des vergangenen Jahres stürzte er bei einem Unfall aus dem dritten Stock seiner Pariser Wohnung und verletzte sich schwer. Er wurde acht Stunden operiert und musste sechs Monate an Krücken gehen. Ob er seine Karriere fortsetzen kann, ist unklar.
Soviel Offenheit ist selten bei dem meist kontrollierten Karriereristen. Bubka gibt sich gern bodenständig und verkauft sich als erfahrenen Sports- und Businessmann mit einem hohen Anspruch für Fair Play, saubere Athleten und Glaubwürdigkeit. Die Doping-Gerüchte, die ihn während seiner Laufbahn mehr oder weniger ständig begleiteten, konnte er nie entscheidend entkräften.
Woher sein immenser Reichtum stammt, hat er nie offenbart. Seine Familie zu Hause kümmere sich um seine Geschäfte, so Bubka - eine Bäckereikette mit Brotfabriken und Mühlen. Dabei hat ihn das Bankgewerbe schwerreich gemacht, ermöglicht offenbar durch die ukrainische Oligarchie. 2004 wurde er Präsident der Kiewer Rodovid Bank. Bis zur Verstaatlichung der Bank fünf Jahre später als Folge der Finanzkrise soll er auch einer der größten Aktionäre und Profiteure gewesen sein und ein geschätztes Vermögen von 350 Millionen Dollar (262 Millionen Euro) angehäuft haben.
Krasser Außenseiter
Ähnlich wie Ober-Olympier Jacques Rogge macht sich Bubka für eine künftige Bezahlung des IOC-Präsidenten stark, will sein Salär im Erfolgsfall aber wohltätigen Organisationen spenden. Auch der Ukrainer hat die Jugend ins Zentrum seines Wahlprogramms gestellt: "Wenn wir uns nicht um die Jugend kümmern, verlieren wir eine ganze Generation."
Sogar einen Jugend-Beirat schlägt er vor, und einen Rat der Älteren, die im Erfahrungsaustausch das IOC weiterentwickeln sollen. Die Altersgrenze für seine IOC-Kollegen will er überprüfen, das olympische Programm modernisieren, ohne dabei die Tradition zu verlieren. Alles schon mal dagewesen.
Und natürlich Null-Toleranz-Politik im Anti-Doping-Kampf. 43 Sprünge über die Sechs-Meter-Marke hat Bubka gemacht - beim Wahl-Finale in Buenos Aires wird der krasse Außenseiter wohl schon frühzeitig reißen.
Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)