Sex sells - Aber nicht immer
Nicht immer reicht die sportliche Leistung für Sportlerinnen aus, um in Medien präsent zu sein und gut dotierte Werbeverträge zu bekommen. Der Fokus der Medien und Werbebranche liegt oft auf dem Aussehen. Hier gilt: Sex sells. Doch nicht immer funktioniert Erotik als Vermarktungsstrategie.
"Männer handeln, Frauen treten auf". Zu dieser Erkenntnis kam der britische Schriftsteller John Berger schon im Jahr 1974. Heute, 36 Jahre später, trifft diese Erkenntnis insbesondere auch auf den Sport zu. "Das System Sport ändert sich, es kommt zu einer wachsenden Mediatisierung, Ökonomisierung und Sexualsierung des Sports", sagt Prof. Dr. Thomas Schierl, der an der Deutschen Sporthochschule in Köln das Institut für Medien- und Kommunikationsforschung leitet.In diesem Sportsystem haben vor allem Frauen einen schweren Stand. Während bei den männlichen Kollegen nach wie vor die sportliche Leistung im Vordergrund steht, müssen Frauen über andere Eigenschaften verfügen, um die Aufmerksamkeit der Medien zu generieren. "Bei Sportlerinnen werden das Aussehen und eine attraktive Ausstrahlung in den Vordergrund gestellt", sagt Dr. Daniela Schaaf, Autorin des Buches "Testimonial Werbung mit Sportprominenz".
Aussehen vor sportlicher Leistung
Beispiele für diese Tendenz gibt es zahlreiche. Angefangen bei der russischen Ex-Tennisspielerin Anna Kournikova bis hin zur US-Stabhochspringerin Allison Stokke. Der Sport spielt hier nur eine untergeordnete Rolle. Knappe Bekleidung, gutes Aussehen, erotische Posen. Das ist es, was zählt, das ist es, worauf die Medien egal ob TV, Print oder Online anspringen und womit sich dann auch in der Werbung Geld verdienen lässt.
Nicht immer stößt dies bei Sportlerinnen auf Gegenliebe. Paradebeispiel ist hier Allison Stokke. Die mittlerweile 21 Jahre alte Stabhochspringerin ist sportlich international ein unbeschriebenes Blatt. Bei 4,21 Metern steht die Bestleistung der 21-Jährigen. In Sachen Bekanntheit wird Allison Stokke aber höchstens von der russischen Olympiasiegerin und Weltrekordhalterin Yelena Isinbayeva übertroffen, aber selbst die bringt es nicht auf ähnliche Sympathiewerte wie ihre US-amerikanische Kollegin, die vor allem durch zwei Dinge glänzt: ein perfektes Aussehen und einen perfekten Körper.
Allison Stokke selbst leidet stark darunter, dass sie von Medien und Fans nur auf ihr Aussehen reduziert wird. "Ich habe so hart für das Stabhochspringen gearbeitet. Und jetzt sieht es so aus, als ob es nichts wert ist. Niemand sieht das. Niemand sieht wirklich mich", sagte die 21-Jährige in einem Interview.
Vor allem Randsportarten betroffen
Vor allem Randsportarten versuchen sich dieser Tendenz im erbitterten Kampf um Medienpräsenz zu bedienen und sorgen, wie die Sportart Beachvolleyball, durch eine körperbetonte Kleiderordnung dafür, dass die Reize keiner Frau verborgen bleiben.
Bleibt die Frage nach dem Warum. Die Antwort ist einfach. "Studien belegen eindeutig, dass Männer den Sport viel mehr rezipieren als Frauen", sagt Prof. Dr. Ilse Hartmann-Tews, Leiterin des Lehrstuhls für Geschlechterforschung an der Deutschen Sporthochschule in Köln, die hinzufügt: "Medien rechtfertigen die Sexualisierung und damit die gleichzeitige Entsportlichung des Sports mit der entsprechenden Nachfrage bei den Rezipienten."
Erotik als Vermarktungsstrategie
Viele Manager versuchen ihre Sportlerinnen über die Erotik in das öffentliche Interesse zu rücken. "Ich muss Frau Halmich doch erst mal als Frau bekannt machen", sagte der Manager der mehrmaligen Box-Weltmeisterin Regina Halmich.
So kommt es, dass Sportlerinnen von sich aus mit erotischen Posen für sich werben. Das Spektrum reicht von Fotos in Abendkleidern bis zu Nacktbildern im "Playboy". Die erste Sportlerin, die für den "Playboy" die Hüllen fallen ließ, war die Turmspringerin Annika Walter im Jahr 1996. Es folgten unzählige weitere. Auch Leichtathletinnen ließen sich im "Playboy" ablichten. 2001 tat dies Weitspringerin Susen Tiedtke, 2005 folgte die Wattenscheider Sprinterin Sina Schielke.
Sinas Schielke Strategie funktionierte (Foto: Gantenberg) Sina Schielkes Strategie funktioniert
Zumindest für Sina Schielke hat es sich gelohnt. Obwohl die Sprinterin schon seit einiger Zeit wegen Verletzungen und Schwangerschaft sportlich nicht mehr überzeugen konnte, ist sie nach wie vor auch vor allem dank ihres Aussehens und ihrer "Playboy"-Bilder auch über die Leichtathletik-Szene hinaus bekannt und zählt zu den zehn am häufigsten als Werbetestimonials eingesetzten weiblichen Sportakteure (1995 bis 2005) in Deutschland.
Die Sexualisierungsstrategie oder auch Erotikstrategie mit "Playboy"-Bildern bietet mehrere Vorteile, wie Dr. Daniela Schaaf betont. "Durch den Playboyauftritt kommt es zu einem vermarktungsrelevanten Mehrwert, einer schnellen Generierung von Aufmerksamkeit und zu einer zusätzlich oder vielleicht sogar erstmaligen Berichterstattung in den Medien."
Nicht ohne Risiken
Die Erotikstrategie bringt aber auch ihre Risiken mit sich. Patric Lunau-Mierke, General Manager der PR-Agentur sport, movie & more berät zahlreiche sportliche Größen wie Gewichtheber-Olympiasieger Matthias Steiner, Judo-Olympiasieger Ole Bischof, Boxer Felix Sturm und seit kurzem auch Siebenkampf-Vize-Weltmeisterin Jennifer Oeser (TSV Bayer 04 Leverkusen). Er rät von einer Erotikstrategie ab. "Ich empfehle keiner meiner Klientinnen, sich für den Playboy oder für andere Männermagazine auszuziehen."
Der Kölner hat seine Gründe. "Sporterlinnen werden ihr Leben lang mit diesen Fotos identifiziert, haben sich oftmals herber Kritik von Seiten des Sportsystems auszusetzen und außerdem verunsichert das sexy Image auch oftmals Werbungstreibende, so dass der Schuss nach hinten los geht."