Silberstreif am 800-Meter-Horizont
Bei der WM 2011 und 2013 war der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) über 800 Meter nicht vertreten. Beim Saison-Höhepunkt 2014 könnten wir dagegen gleich mehrere deutsche Mittelstreckler im deutschen Trikot sehen: Die EM-Norm für Zürich (Schweiz; 12. bis 17. August) von 1:46,25 Minuten liegt gleich für eine Handvoll Läufer im Bereich des Möglichen.
Die deutschen 800-Meter-Läufer haben bei den letzten großen Meisterschaften nicht gerade geglänzt. Bei den Weltmeisterschaften 2013 in Moskau (Russland) war kein DLV-Mittelstreckler über diese Distanz dabei, genauso wie zwei Jahre zuvor in Daegu (Südkorea). Dazwischen schaffte es Sören Ludolph immerhin zu den Olympischen Spielen nach London (Großbritannien), doch da war der Braunschweiger im Vorlauf absolut chancenlos.Trotz dieser übersichtlichen Bilanz scheint mittlerweile ein heller Silberstreif am Läuferhorizont. Denn gleich ein halbes Dutzend DLV-Läufer hat Bestzeiten unter 1:47 Minuten aufzuweisen. Dazu kommt außerdem 1.500-Meter-Spezialist Homiyu Tesfaye (LG Eintracht Frankfurt).
Internationale Tickets hart umkämpft
Eine solche Breite in der Spitze gab es zuletzt nach der Wiedervereinigung. Gleichzeitig ist damit auch das Rennen um die internationalen Startplätze eröffnet. Die EM-Norm von 1:46,25 Minuten liegt jedenfalls für ein ganzes Läuferrudel in Reichweite.
Etwas anders sieht es mit der anstehenden Hallen-WM aus. „Eine Zeit von 1:47,00 Minuten ist schon eine ordentliche Hausnummer. Da muss alles passen, und man darf sich keinen Fehler erlauben“, sagt der Deutsche Meister Robin Schembera. Zumal die besten deutschen Mittelstreckler wohl nur eine, maximal zwei Chancen bekommen werden, die happige Norm zu laufen.
Von Düsseldorf über Gent nach Sopot
So will der Leverkusener am Donnerstag (30. Januar) beim PSD Bank-Meeting in Düsseldorf (live bei Eurosport) seine erste Möglichkeit nutzen. Auch Sören Ludolph (LG Braunschweig), Andreas Lange (LG Rheinbeck-Ohe) sowie U20-Europameister Patrick Zwicker (LC Rehlingen) geben dort ihre Visitenkarten ab. Eine zweite Norm-Chance bietet sich am 9. Februar beim „Flanders Indoor“ in Gent (Belgien).
„Früher hatten wir deutlich mehr gut besetzte Rennen“, erinnert sich Robin Schembera. Dabei klingt es ein wenig sonderbar, wenn ein 25-Jähriger von „früher“ redet. Doch mittlerweile ist der Leverkusener zusammen mit Sören Ludolph der „Opa unter den 800-Meter-Läufern“, wie er selbst sagt und ergänzt: „Es ist schade, dass wir momentan keine Läufer um die 30 mehr haben. Von deren Erfahrung kann man viel lernen.“
Robin Schembera ist - oft mutig - in seiner Karriere selbst noch gegen Olympiasieger Nils Schumann und den Olympia-Fünften Nico Motchebon (in der Staffel) angetreten. Auch die Duelle gegen den vor fünf Jahren viel zu früh verstorbenen René Herms hätten ihn geprägt.
Ausdauer verbessert
Um sich dem nationalen Ansturm der Jugend zu erwehren, hat Robin Schembera im Winter verstärkt auf die Ausdauer gesetzt. Bis zu 120 Kilometer hat er in der Woche abgespult. Das hört sich immer noch übersichtlich an, für den Läufertypen Schembera ist es aber eine ganze Menge. Das Resultat: Er hat den aussagekräftigen Schwellenwert bei drei Millimol Laktat deutlich auf nun 4,9 Meter pro Sekunde gesteigert. Damit kann er so langsam auch in diesem Punkt mit der nationalen Konkurrenz mithalten.
„Nun geht es darum, noch an der Schnelligkeit und Laktatverträglichkeit zu arbeiten“, beschreibt der Polizeikommissar das Feintuning für die kommenden Wochen. Aufgrund des erhöhten Umfangs war er auch mit seiner 400-Meter-Zeit von 48,44 Sekunden bei den Hallen-Nordrheinmeisterschaften am letzten Samstag nicht unzufrieden. Darauf lasse sich aufbauen. Vielleicht sieht man den Leverkusener oder einen anderen deutschen Hoffnungsträger ja im August im EM-Finale von Zürich. Zeit wär’s schon. Schließlich waren die 800 Meter auch immer eine „deutsche Strecke“.
Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift