Silke Spiegelburg - „Bei EM vorne mitspringen“
Stabhochspringerin Silke Spiegelburg ist gleich zu Beginn der Saison dreimal 4,70 Meter hoch gesprungen. Im Interview spricht die Leverkusenerin unter anderem über den deutschen Rekord sowie die Situation im Frauen-Stabhochsprung nach dem Saisonverzicht der russischen Weltrekordlerin Yelena Isinbayeva und über ihre Ziele bei den Europameisterschaften in Barcelona (Spanien; 27. Juli bis 1. August).
Silke Spiegelburg, vier Wettkämpfe bislang in dieser Saison, dreimal über 4,70 Meter. Das war ein Einstand nach Maß, oder?Silke Spiegelburg:
Ich hatte nach dem Winter gehofft, dass ich endlich mal wieder 4,70 Meter hoch springe. Dass mir das nun in drei von vier Wettkämpfen gelingt, war auch für mich überraschend. Es zeigt mir auch, dass ich jetzt konstanter springen kann. Der erste Wettkampf in Doha war natürlich etwas schwierig, die Anreise lief nicht rund und meine Stäbe kamen nicht an. Dass ich dann mit geliehenen Stäben noch meine Bestleistung eingestellt habe, das war für mich schon eine Überraschung.
Was bedeutet es, wenn man mit geliehenen Stäben springen muss?
Silke Spiegelburg:
Ein Problem ist natürlich, dass man seine Griffhöhen nicht weiß, weil man sich auf sein Tape und die Markierungen am Stab verlässt. Ich habe aus Doha schnell meinen Trainer Leszek Klima angerufen und ihn gebeten, in die Halle zu fahren und meine Markierungen auszumessen. Dann musste ich an dem Tag sogar noch mit längeren Stäbe springen, die ich noch nie benutzt habe. Ich springe mit 4,50-Meter-Stäben und die waren 4,60 Meter lang. Zum Glück waren es aber die gleichen Härtegrade - auch wenn ich kleinere Abstände zwischen den Härtegraden habe. Aber da musste ich halt durch, es war nicht das erste Mal, dass ich mit fremden Stäben gesprungen bin.
Sie waren in diesem Jahr schon bei zwei Diamond League-Meetings am Start, welche Bedeutung hat diese Serie für Sie?
Silke Spiegelburg:
Es ist auf jeden Fall eine gute, neue Sache. Im Frauen-Stabhochsprung ist zudem in diesem Jahr der Reiz auch etwas höher, da Yelena Isinbayeva nicht springt. Da hat jede die Chance, vorne mitzumischen. Und es ist sicherlich auch für das Publikum interessanter. Das System der Diamond League finde ich vor allem für den Zuschauer verständlicher, da es den Charakter eines Weltcups hat.
Und wie groß ist der finanzielle Anreiz?
Silke Spiegelburg:
So ganz genau weiß ich gar nicht, was es zu gewinnen gibt. Ich glaube, es soll für den Sieger einen Diamanten und Preisgeld geben. Aber das blende ich erst einmal aus. Wenn ich nach dem Wettkampf gefragt werde, was ich mit dem gewonnenen Geld mache, muss ich immer erst einmal nachfragen, was ich denn gewonnen habe. Ganz egal ist mir das Geld natürlich nicht, aber darum kümmert sich mein Manager. In der Diamond League Startgelder zu bekommen, ist sehr schwierig, meistens bekommt man wirklich nur Preisgelder.
Sie haben es selbst schon angesprochen - Yelena Isinbayeva wird in diesem Jahr vermutlich nicht springen. Macht das die Situation im Frauen-Stabhochsprung wieder spannender?
Silke Spiegelburg:
Für die Zuschauer sicherlich, denn wir anderen Springerinnen liegen nah beieinander mit unseren Leistungen. Diese Spannung, dass viele gewinnen können, hat in den letzten Jahren sicherlich gefehlt.
Yelena Isinbayeva hat angegeben, ausgebrannt zu sein. Können Sie das nachvollziehen?
Silke Spiegelburg:
Auf jeden Fall. Sie hat einfach alles erreicht. Sie hat so viele Weltrekorde aufgestellt und alle Titel gewonnen, die es zu gewinnen gibt. Der einzige Reiz bestand bei ihr noch darin, mehr Weltrekorde als Sergey Bubka aufstellen zu wollen. Klar, dass sie ausgebrannt war. Man braucht immer wieder eine neue Motivation und ein neues Ziel. Wenn man alles hat, ist das natürlich schwer.
Wie schützen Sie sich davor, sich nicht ausgebrannt zu fühlen?
Silke Spiegelburg:
Durch mein Studium habe ich einen gewissen Ausgleich, wobei ich das ja zum Glück strecken kann, so dass es nicht zu viel wird. Aber ich hatte natürlich auch schon Phasen, wo ich mich zusammenreißen musste. Ich denke, es ist aber auch Typsache, wie man mit so etwas umgeht, ich komme ganz gut damit klar. Aber ich habe ja auch noch mehr Ziele als Yelena.
Ein Ziel ist doch sicherlich auch die Verbesserung des deutschen Rekords, der derzeit bei 4,77 Metern steht. Einmal haben Sie sich in diesem Jahr schon an den 4,78 Metern versucht...
Silke Spiegelburg:
Für mich steht bei den Wettkämpfen im Vordergrund, das Bestmögliche zu erreichen. Ich will eine Bestleistung springen. Wenn dann dabei ein Rekord herauskommt, ist das das I-Tüpfelchen. Natürlich erwarten die Leute, dass dieser Rekord jetzt endlich fällt. Aber ich versuche, das auszublenden.
Annika Becker hat in Wattenscheid vor acht Jahren den deutschen Rekord von 4,77 Metern aufgestellt. Welche Ziele haben Sie sich für den Auftritt bei der DAK Leichtathletik-Gala im Lohrheidestadion gesetzt?
Silke Spiegelburg:
Ich will wie immer das Beste aus mir rausholen. Dass Annika Becker hier den Rekord gesprungen ist, wird mir in letzter Zeit von vielen Leuten immer wieder gesagt. Aber das versuche ich im Moment auszublenden, um mir nicht unnötig Druck zu machen.
Neben den anderen starken deutschen Springerinnen ist mit der russischen Ex-Weltmeisterin Svetlana Feofanova noch eine herausragende Springerin bei der Gala am Start. Hilft solch starke Konkurrenz, besonders gute Leistungen zu erreichen?
Silke Spiegelburg:
Ich denke teils, teils. Natürlich wünscht man sich Konkurrenz, damit einen das noch mehr pusht. Zu viel Konkurrenz wünscht man sich natürlich auch nicht.
Wie sieht Ihre weitere Planung aus?
Silke Spiegelburg:
Am kommenden Wochenende findet die Team-EM in Bergen statt. Darauf freue ich mich sehr. Es gibt ja zum Glück nicht mehr so komische Regeln wie im vergangenen Jahr. Ich hoffe, dass es wieder ein normaler Wettkampf wird (lacht). Es ist immer wieder etwas Besonderes, in der Nationalmannschaft zu stehen. Eine Woche später findet dann ja schon die Gala in Wattenscheid statt. Ich hoffe, dass das Wetter mitspielt und wir trotz der Fußball-WM ein volles Stadion haben werden. Ich hätte danach noch in die USA fahren können, aber da brauche ich dann auch mal eine Pause. Vor den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig springe ich noch in Gateshead und danach in Monaco, das ist dann genau eine Woche vor der Quali bei der EM.
Welche Ziele setzen Sie sich für die Europameisterschaften?
Silke Spiegelburg:
Es ist vieles möglich. Die Konkurrenz ist sehr stark und es sind viele auf einem ähnlichen Niveau. Ich will erst einmal ins Finale kommen, da das Beste geben, und dann hoffe ich, dass ich auch vorne mitspringen kann.
Gibt es etwas, was Sie im Vergleich zum vergangenen Jahr geändert haben?
Silke Spiegelburg:
Im Training nicht wirklich. Aber ich habe zu Beginn des Winters neue, längere Stäbe bekommen und bin im Anlauf schneller geworden. Mit der Geschwindigkeit und der neuen Griffhöhe musste ich mich erst einmal zu Recht finden. Das hat im Winter schon ganz gut geklappt und jetzt im Sommer noch besser.