Simon Stützel mischt Läufer-Szene auf
Silber und Bronze gab es für Simon Stützel bei den Deutschen Meisterschaften in diesem Jahr. Damit gehört er zu den besten deutschen Langstrecklern. Gleichzeitig meistert der 26-Jährige als Geschäftsführer seiner eigenen Firma die Doppelbelastung der dualen Karriere.
Vier, drei, zwei – es ist fast der Werbeslogan des Internet-Auktionshauses eBay, der in diesem Jahr zum Motto für den Läufer Simon Stützel geworden ist. Allein die Ziffer eins für einen deutschen Meistertitel fehlt dem 26 Jahre alten Landauer im Trikot von ART Düsseldorf, der in diesem Jahr hinter den besten deutschen Läufern wie Homiyu Tesfaye (LG Eintracht Frankfurt), Arne Gabius (LAV Stadtwerke Tübingen) oder Carsten Schlangen (LG Nord Berlin) eine überzeugende sportliche Entwicklung hingelegt hat.Simon Stützel beeindruckt durch eine große Breite: Von den 1.500 Metern (3:42,11 min) bis zum Halbmarathon (66:07 min) steht er in den Top Ten der deutschen Jahresbestenliste. Dazu kamen zwei DM-Medaillen. „Ja, ich bin schon sehr zufrieden mit der Saison“, sagt Stützel nach seinem ersten Halbmarathon im holländischen Breda, den er als Neunter und zweitbester Europäer auf Kopfsteinpflaster in 66:07 Minuten absolvierte. Ein ordentlicher Abschluss einer starken Saison.
Medaille auf Ziellinie abgegeben
Begonnen hatte das Jahr für Simon Stützel turbulent. Nachdem ihn sein Verein für die Hallen-DM in Dortmund versehentlich nicht gemeldet hatte und er erst zwei Stunden vor dem 3.000-Meter-Finale die Starterlaubnis erhielt, ging Platz vier in Ordnung.
Bei den Titelkämpfen im Sommer in Ulm holte Stützel Bronze über 5.000 Meter. Nachdem er hinter Arne Gabius die Verfolgergruppe angeführt hatte, jubelte er vor dem Ziel etwas zu früh und musste die sicher geglaubte Silbermedaille auf der Ziellinie noch an den Regensburger Philipp Pflieger abgeben.
Erster von 70.000
Bei den 10-Kilometer-Straßenmeisterschaften im September in Bobingen holte sich der Landauer dann in 29:43 Minuten die Silbermedaille. Nur der Erfurter Rico Schwarz war drei Sekunden schneller. Einen wichtigen Sieg durfte Simon Stützel 2013 trotzdem feiern: Im Juni gewann er den mit rund 70.000 Teilnehmern größten Lauf Deutschlands – die J.P. Morgan Corporate Challenge in Frankfurt über 5,6 Kilometer.
„Für einen Langstreckler hat er ein großes Spektrum und ist dafür spurtschnell“, erkennt auch Bundestrainer Wolfgang Heinig das Geleistete an. Noch aber fehle Stützel das Niveau, auf europäischer Ebene mitzulaufen. „Natürlich freuen wir uns über jeden jungen Läufer, der zum Straßenlauf findet“, bringt Wolfgang Heinig auch gewisse Hoffnungen zum Ausdruck. Schließlich gibt es deutsche Talente auf der Marathonstrecke nicht gerade im Überfluss.
Leistungssprung in den USA
An Simon Stützels breitem Leistungsspektrum hat angesichts seines beruflichen Hintergrunds auch Trainer Carlos Verez einen beträchtlichen Anteil: Simon Stützel geht den Weg der zweigleisige Karriere als Laufsportler.
Während seiner dualen Ausbildung an der Hochschule Mannheim als BWL-Student ist er alle drei Monate umgezogen. „Dies war eine für meine sportliche Entwicklung völlig unzureichende Situation, meine Leistungen blieben entsprechend unter denen von heute“, sagt er rückblickend. Erst Stützels Wechsel in die USA im Jahr 2010 folgte ein Leistungssprung: Mehr Training, mehr Zeit und eine stärke Laufgruppe waren der Nährboden für seine besseren Leistungen.
Zurück aus den USA gründete er die Agentur Scholarbook und vermittelt seitdem jährlich rund 300 Sportstipendien in den Vereinigten Staaten. Zwölf Mitarbeiter arbeiten unter Federführung des geschäftsführenden Gesellschafters Simon Stützel, darunter auch die Läufer Stefan und Thomas Bojanowski. „An den US-Unis sind Studium und Sport aufeinander abgestimmt“, sagt Stützel, „in Deutschland gibt es nichts Vergleichbares.“
Schlafen im Höhenzelt
Als nach einem guten sportlichen Jahr 2012 ein Tag vor Wechselfrist der TV Wattenscheid 01 seinen Vertrag nicht verlängerte, fand er beim ART Düsseldorf und dessen Macher Peter Kluth eine sportliche Heimat. Aus der dualen Ausbildung ist für Stützel längst die duale Karriere geworden. Doch nicht immer ist es nicht einfach, zwischen einem (mobilen) Fulltimejob ein Wochenpensum von bis zu 200 Kilometern zu absolvieren.
Simon Stützel glaubt auch an die Wirkung eines Höhenzelts. Er schläft regelmäßig in einem solchen Zelt, in das sauerstoffarme Luft gepumpt wird. Diese entspricht in etwa der Zusammensetzung auf 3.000 Metern Höhe. Er ist zudem überzeugt von einem intensitätsorientierten und weniger umfangorientierten Training.
Positives Denken aus den USA
Sein Laufjahr 2014 hat Simon Stützel schon durchgeplant: Im April geht es in ein Höhentrainingslager in die USA, um zu Saisonbeginn in Stanford und Los Angeles 10.000 und 5.000 Meter zu laufen. Auch wenn die EM-Normen für Zürich (Schweiz) deutlich unter seinen Bestzeiten liegen werden, setzt er sich hohe Ziele. „Dieses positive Denken habe ich in den USA gelernt“, so Stützel.
Er wird noch deutlicher: „Ohne mein Sportstipendium wäre meine Karriere längst beendet“, sagt der national (noch) eher unbekannte Läufer aus Landau, der mit einem Marathondebüt im Herbst 2014 liebäugelt. Vielleicht kann er ja auf der „klassischen Distanz“ seinen ersten DM-Titel feiern?
Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift