So vermeiden Sie Stress für die Knochen
Dehnung, Zerrung, Riss - bei Verletzungen sind in den meisten Fällen die Muskeln betroffen. Durch falsches Training oder Überlastung leiden aber sogar die harten Knochen. Ein winziger Riss kann Ihnen für mehrere Wochen den Spaß am Laufen nehmen. Lassen Sie es gar nicht erst so weit kommen!
Schon seit einigen Wochen wird Gregor Wiese von Schmerzen an seinem rechten Wadenbein geplagt. Die betroffene Stelle ist leicht geschwollen und mittlerweile extrem druckempfindlich. Wann genau es mit den Schmerzen begann, kann der ambitionierte Läufer gar nicht mehr so genau sagen.„Ich wollte meinen nächsten Marathon in unter drei Stunden finishen, deshalb habe ich meine Trainingsumfänge und -intensität natürlich gesteigert. Zunächst hat die Stelle nur beim Laufen wehgetan. Mittlerweile habe ich aber auch danach und vor allem nachts starke Schmerzen“, erzählt der 33-Jährige frustriert seinem Orthopäden.
Bruch durch Überlastung
Die Beschreibung und die anschließende Untersuchung lassen den Arzt an eine sogenannte Stressfraktur des rechten Wadenbeinknochens denken. Ein Stress- oder Ermüdungsbruch ist eine Erweichung oder ein kleiner Riss im Knochen. Sie kann durch normale Belastung mit hoher Wiederholungszahl entstehen, zum Beispiel durch Lauftraining von über 100 Kilometern pro Woche, durch hohe Belastung mit normaler Wiederholungszahl, beispielsweise durch mehrmalige intensive Sprints, oder durch hohe Belastung mit hoher Wiederholungszahl, wie sie beim intensiven Gewichtstraining vorkommt.
70 Prozent aller Ermüdungsbrüche werden durchs Laufen verursacht. Bei Freizeitsportlern treten diese zumeist zwischen dem 30. und 49. Lebensjahr auf. Am häufigsten sind die Schien- und Wadenbeine sowie der Mittelfuß und der Oberschenkelknochen betroffen.
Die Suche nach dem Spalt
Um seinen Verdacht zu bestätigen, röntgt der Orthopäde das rechte Wadenbein seines Patienten und erklärt ihm, dass die Bruchlinie im Knochen oft so klein ist, dass man sie am Anfang kaum erkennen kann.
Erst nach etwa zwei bis drei Wochen lässt sie sich auf dem Röntgenbild vom umgebenden gesunden Gewebe abgrenzen, da sich dann an der gebrochenen Stelle neue Knochensubstanz gebildet und die Knochenhaut verdickt hat. Aus diesem Grund ist gegebenenfalls ein weiteres Röntgenbild zu einem späteren Zeitpunkt erforderlich.
Diagnose durch Tomografie
Durch eine Schichtbildaufnahme (Kernspin- oder Computertomografie) oder eine sogenannte Knochenszintigrafie kann eine Ermüdungsfraktur frühzeitig erkannt werden. Bei einer Szintigrafie spritzt der Arzt ein strahlungsaktives Arzneimittel und schaut mit einer speziellen Kamera, ob sich die Substanz an der schmerzenden Stelle vermehrt anreichert.
Auf dem Röntgenbild von Gregor Wiese zeichnet sich etwa sechs Zentimeter oberhalb des Außenknöchels eine kleine Bruchlinie im Wadenbeinknochen ab. Um ganz sicher zu gehen, veranlasst der Arzt noch eine Kernspintomografie. Die Schichtbildaufnahmen bestätigen die Diagnose. „Eine typische Stelle für eine Stressfraktur bei Läufern“, sagt der Orthopäde.
Durch ein zu schnell gesteigertes Laufpensum ist es zu einem Missverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit seines Wadenbeins gekommen. Gerade beim Laufen wirken Kräfte auf die Beinknochen, die dem Vielfachen des Körpergewichts entsprechen. Die Toleranzgrenze des Knochens wird überschritten, der Bruch ist schließlich Folge einer „Materialermüdung“.
Risikofaktoren für einen Ermüdungsbruch
Normalerweise ist das Knochengewebe in der Lage, sich durch Wachstum und Verstärkungsprozesse an höhere Belastungen anzupassen. Fehlt jedoch die Zeit für eine notwendige Regeneration, kommt es zu Durchblutungsstörungen des Knochengewebes und später zum Knochenabbau. Auf diese Weise entstehen kleine Brüche, die nur unter dem Mikroskop zu erkennen sind und aus denen sich eine Stressfraktur entwickeln kann. Neben einer fehlenden Regeneration gibt es diese weiteren Risikofaktoren für eine Ermüdungsfraktur:
• Ermüdete Muskeln
• Falsche Lauftechnik
• Hormonstörungen
• Osteoporose
• Unterschiedlich lange Beine
• Fußfehlformen
Ruhe und dosierter Wiedereinstieg
Bei einer Stressfraktur ist es sehr wichtig, dass der Arzt frühzeitig die richtige Diagnose stellt. Nur so kann er eine adäquate Therapie einleiten und dem verletzten Sportler schnell wieder zur nächsten Laufrunde verhelfen. Die Behandlung eines Ermüdungsbruchs richtet sich danach, wie groß der Riss ist, an welchem Knochen er aufgetreten und wo genau er am Knochen lokalisiert ist. Bei einem sehr kleinen Bruch kann es schon ausreichen, für sechs bis acht Wochen mit dem Laufen auszusetzen und das verletzte Bein zu entlasten.
Danach ist der Knochen normalerweise wieder ausreichend durchbaut und belastungsstabil. Das lässt sich durch ein Kontroll-Röntgenbild beurteilen. In der Zwischenzeit sind eventuell Alternativsportarten wie Schwimmen, Aquajogging und Radfahren möglich.
Bei einer Stressfraktur höheren Grades muss der Arzt das betroffene Bein gegebenenfalls mit einem Gips oder einer speziellen Schiene ruhigstellen oder in seltenen Fällen auch operieren. Dadurch kann die Heilungszeit oftmals erheblich verkürzt werden. Bei starken Schmerzen sind schmerzstillende und entzündungshemmende Medikamente sinnvoll, zum Beispiel mit den Wirkstoffen Ibuprofen oder Diclofenac. Elektrostimulation, Stoßwellentherapie sowie die Einnahme von Vitamin-D3- und Kalzium-Präparaten unterstützen die Behandlung.
Nichts erzwingen wollen
Gregor Wiese ist durch seine Verletzung klar geworden, dass er eine Leistungssteigerung nicht erzwingen kann und sich nur langsam neuen sportlichen Zielen nähern sollte. Nach einer mehrwöchigen Laufpause und einer Ruhigstellung durch einen Kunststoffgips kann er nach einem dosierten Belastungsaufbau durch Schwimmen und Radfahren nun wieder schmerzfrei locker laufen - für den nächsten Marathon will er sich aber genügend Zeit lassen.
8 Tipps: So vermeiden Sie Stressfrakturen • Steigern Sie Umfänge und Intensität Ihres Trainings nur langsam und gezielt • Laufen Sie nicht permanent auf harten Laufflächen • Analysieren und beseitigen Sie Risikofaktoren in Ihrem Trainingsplan • Führen Sie nebenbei ein regelmäßiges Kräftigungs- und Stabilisationstraining für die Beine durch • Lassen Sie von einem Experten kontrollieren, ob Ihr Laufschuh Ihrem Laufstil entspricht • Fragen Sie Ihren Orthopäden, ob sie Einlagen für Ihre Laufschuhe benötigen • Ernähren Sie sich ausgewogen, kalzium- und eiweißreich • Suchen Sie frühzeitig einen Arzt auf, wenn Sie unklare Schmerzen beim Laufen verspüren |